Senioren in der Corona-Krise

Wie Altenheim-Bewohner auf Corona-Quarantäne reagieren

Was wird aus den Schwiegereltern, wenn sie in Altenheim-Quarantäne sind: werden sie die schwierige Situation meistern?

Keine Langeweile: auch in den Altenheimen wird in der Corona-Krise mehr gespielt als sonst © Caritas

München - Am Samstag, den 21. März, habe ich zum vorläufig letzten Mal das Caritas Altenheim Sankt Michael in Perlach betreten. Es ist ein regnerischer Vormittag, die Ausgangsbeschränkungen, die Ministerpräsident Markus Söder am Vortag verkündet hat, sind seit Mitternacht in Kraft. Seitdem dürfen meine Schwiegereltern, die seit einiger Zeit dort leben, keinen Besuch mehr empfangen und das Haus nicht verlassen. Ich gehe durch den Hintereingang, denn nur auf diesem Weg darf man das Gebäude noch betreten. Zwei Mitarbeiterinnen übergebe ich das Geschenk für meinen Schwiegervater, der Ende März Geburtstag hat. Es ist das erste Mal, dass meine Familie und ich mit ihm nicht gemeinsam feiern werden. Und wir fragen uns natürlich, wie Oma und Opa die Zeit der Quarantäne überstehen werden. Schließlich sind sie noch rüstig und haben bislang fast täglich im Supermarkt um die Ecke eingekauft, sind in die Pfarrkirche gegangen oder haben uns besucht. Das ist jetzt alles nicht mehr möglich. Werden sie deshalb den Lagerkoller bekommen oder an der Situation verzweifeln?

Eine überraschende Entdeckung

Schon wenige Tage später zeigt sich, dass diese Sorgen unbegründet sind. Meine Schwiegereltern haben sich schneller als gedacht mit der Lage arrangiert. Sie können sogar die ersten warmen Frühlingstage genießen, denn zum Altersheim gehört ein parkähnlicher Garten mit einer Teichanlage. Dort gingen sie bei schönem Wetter zwei Mal am Tag spazieren, erzählt meine Schwiegermutter am Telefon. Außerdem falle auch immer etwas Hausarbeit im Appartement an. Und auch wenn derzeit keine Angebote von außen kommen, liefen die hausinternen Aktionen weiter. Spiele, die von den Mitarbeiterinnen organisiert werden, seien zurzeit gefragter denn je. Und dann machen meine Schwiegereltern noch eine überraschende Entdeckung: in der Hauskapelle findet ab und zu doch noch eine Messfeier statt, natürlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Lediglich einige Ordensschwestern, die ebenfalls im Heim ihren Lebensabend verbringen, dürfen aus der letzten Bank zuschauen, wie Wolfgang Rothe am Altar steht und zelebriert. Meine Schwiegereltern „schmuggeln“ sich manchmal dazu und dürfen bleiben. Ein echtes Privileg in Zeiten, in denen man den Gottesdienst sonst nur über Radio, Video-Streaming oder Fernsehen verfolgen kann.

Positive Lebenseinstellung überwiegt

Mittlerweile machen wir jeden Abend einen Spaziergang zum Seniorenheim. Wenn wir dort ankommen, öffnen Oma und Opa ihr Fenster, winken uns zu und schreiend wechseln wir aus der Distanz ein paar Worte. Sie wirken zufrieden und entspannt. Wie kann das sein, wo doch in der Corona-Krise so viele Angst haben und mit den Einschränkungen nur schwer zurechtkommen? Altenheim-Seelsorger Wolfgang Rothe scheint eine Antwort darauf zu haben. Der Priester ist Tag und Nacht für die Bewohner telefonisch erreichbar. In den Gesprächen hat er die Erfahrung gemacht, dass das Alter auch seine Vorteile habe. Die Senioren bräuchten nicht ständig Abwechslung und Unterhaltung. Die meisten brächten zudem eine positive Lebenseinstellung mit, meint Rothe: „Es geht immer irgendwie weiter, alles geht vorüber und am Ende wird alles gut“. Mit dieser Haltung werden hoffentlich auch meine Schwiegereltern die kommenden Wochen und Monate gut überstehen.

Der Autor
Paul Hasel
Radio-Redaktion
p.hasel@michaelsbund.de

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Corona - Pandemie