Theologin über das Predigen

Wenn das Wort Gottes ans Licht tritt

Was macht eine gute Predigt aus? Für Theologin Regina M. Frey kommt es vor allem darauf an, dass der Prediger oder die Predigerin seine Stärken und Schwächen gut einschätzen kann.

Regina M. Frey ist promovierte Pastoraltheologin und Akademische Rätin an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München mit dem Schwerpunkt praktische homiletische Ausbildung und katholische/kirchliche Medien. © privat

Die Predigtausbildung ist wie der Einkauf in einem Schuhgeschäft. Die Regale sind voll von schönen Modellen: Sandalen, Schlüpfer, Turnschuhe, Wanderstiefel. Doch leider: Nicht jeder Schuh ist für den eigenen Fuß geeignet und gelegentlich braucht es erst Blasen an den Fersen, um sich vom Schuh seiner Träume zu einem passenden Modell durchzuringen. Und so ist es auch beim Predigen: Nicht jedes Konzept ist für jeden und jede geeignet und so sehr der Lernende sich gerne den Schuh eines für ihn vorbildhaften Predigers anziehen würde – meist ist er einfach noch zu groß.

Somit führen die ersten Predigterfahrungen im Idealfall zu einer Selbsterfahrung, für die der Prediger auch nach vielen Jahren der Verkündigung noch offen sein sollte: Worin liegen meine Stärken, an welchen Schwächen muss ich arbeiten? Welche Themen fließen mir aus dem Herzen und wo werden die Lippen eher schmal und die Gedanken starr?

Seltene Momente können entstehen

Neben rhetorischen und theologischen Grundkenntnissen, die man sich antrainieren kann und muss, geht es dabei darum, die Verkündigung des Wortes Gottes zur eigenen Verkündigung zu machen, in der das „Ich“ des Predigers weder unterdrückt noch überhöht wird. Lässt sich der Prediger oder die Predigerin darauf ein, entstehen jene seltenen Momente, die man in der Ausbildung nicht erlernen kann: Es sind die Momente einer Predigt, in denen es aus dem Prediger oder der Predigerin „herauspredigt“ und das Wort Gottes in aller Klarheit ans Licht tritt. In denen der Zuhörer spürt: Das sind Worte, die kommen aus dem Herzen der Person. Sie gelten für ihn, aber noch mehr gelten sie für mich ganz persönlich. (Regina M. Frey)