Seit jeher ist der Weihrauch aber auch als kultisches Räucherwerk oder Rauchopfer bekannt, wobei er Verehrung, Gebet und Reinigung symbolisiert. Auch die katholische Kirche kennt diese drei Bedeutungen: So berichtet das Matthäus-Evangelium, dass die Sterndeuter aus dem Orient dem neugeborenen Heiland als Zeichen ihrer Verehrung Gold, Weihrauch und Myrrhe darbringen (wobei es sich bei Myrrhe ebenfalls um ein aromatisches Harz handelt); in Psalm 141 heißt es „Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet zu dir auf“, und in der Messe spricht der Priester bei der Einlegung von Weihrauch: „Reinige mein Herz“.
Inzensiert – das heißt beweihräuchert – wird gemäß dem Messbuch je nach Gelegenheit beinahe alles und jeder: der Altar, das Evangeliar, Brot und Wein, der Zelebrant selbst, die Gemeinde aber auch der Adventskranz, die Krippe, die Osterkerze, das Kreuz, die Gräber – und: die Häuser der Gläubigen, wenn die Sternsinger vor der Tür stehen.
Schutz für Mensch und Vieh
Das Fest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar ist übrigens ein guter Anknüpfungspunkt, um auch den privaten Hausgebrauch des Weihrauchs neu zu entdecken. Traditionell räucherte man Wohnräume und Ställe aus, um Geister milde zu stimmen und um Schutz für Mensch und Vieh zu beten. Vor allem in den Raunächten zwischen Weihnachten und Erscheinung des Herrn, oft am Vorabend des 6. Januar, wurde dieser uralte Brauch praktiziert. Derartige Rituale erfahren heute im Zuge eines gesteigerten Interesses für Esoterik und Spiritualität wieder eine Renaissance.
Inspiration und Ruhe
Ob nun als Teil katholischen Brauchtums, um einen „energetischen“ Effekt zu erzielen oder einfach nur zum Wohlfühlen – Sabine Bäumler vom Münchner „Kräuterparadies“ erklärt: „Räucherungen führen uns ohne den Filter des rationalen Gehirns direkt zu unserem Innersten. Vor allem jetzt in der kälteren Jahreszeit, wenn uns das Räuchern Inspiration und Ruhe bringt, wird es eine spirituelle, besinnliche Erfahrung.“ Vorbereitungen braucht es kaum, es reichen eine kleine Räucherschale und gutes Räucherwerk – und schon stellt sich im abendlichen Kerzenschein eine zauberhafte Stimmung ein.
Anstatt mit glühender Kohle, wie aus der Kirche bekannt, kann man übrigens auch mit einem Teelicht (und einem geeigneten Gefäß) räuchern. Michael Brunner vom Fachgeschäft „Sebastian Wesely“ empfiehlt gerade für Anfänger diese sanftere, raucharme Variante des Räucherns und als Rauchwerk die Mischung „Dreikönigsweihrauch“.
Sammler von Weihrauchsorten
Einer, der es wissen muss, ist auch Diakon Bernhard Stürber. Er ist seit 2012 als Domzeremoniar im Münchner Liebfrauendom für den Ablauf der Gottesdienste verantwortlich und sammelt privat Weihrauchsorten. Für den Hausgebrauch bevorzugt er reines Olibanum-Harz aus dem Oman und rät: „Es ist wichtig, den Weihrauch nie direkt auf die Kohle zu legen. Man soll wenige Körner, oft reicht ein Korn, am besten auf einem Netzeinsatz über einer Kerzenflamme zum Schmelzen bringen.“
Je nach Lust und Ambition kann man sich im Fachhandel mit Zubehör – Rauchfässer, Räucherschalen und -gefäße, Kohlenzangen und -anzünder, Rauchfasslöffel und Aschegefäße– sowie mit einer bunten Palette von Weihrauchprodukten eindecken: vom „Klosterweihrauch griechisch“ über die „Mischung Vatikan“ bis zum „Weihrauch Lourdes gold“, von Weihrauchkerzen aus dem Erzgebirge über Myrrhe-Körner bis hin zum Weihrauchbalsam.
Zum Gebet, beim Hören geistlicher Musik, zur Lektüre besinnlicher Literatur oder im Kreis der Familie: Probieren Sie es doch einfach mal selbst aus und lassen den heiligen Duft in Ihren eigenen vier Wänden aufsteigen!