Bedeutung und Herkunft

Weihrauch – ein heiliger Duft

Beim Geruch von Weihrauch gehen die Meinungen auseinander: Die einen lieben ihn und die anderen suchen schnell das Weite. Nicht nur in der katholischen Kirche kommt Weihrauch zum Einsatz.

Das Räuchern von Weihrauch bringt Ruhe und Inspiration. © Sonja Birkelbach - stock.adobe.com

Mal sieht er aus wie bunte Glasperlen, mal wie mit Puderzucker bestäubter Fruchtgummi. Er stammt aus den ärmsten Ländern der Welt und ist dafür gemacht, Göttern und Königen zu huldigen: der Weihrauch, jenes getrocknete Harz, das in Somalia, Äthiopien, Sudan, Jemen und Oman aus dem Weihrauchbaum gewonnen wird. Bereits seit der Antike wird der Weihrauch zu heilkundlichen Zwecken und zur Erzeugung von Wohlgeruch eingesetzt, etwa als Bestandteil von Duftölen und Salben, die zu den ersten Parfüms zählen (das Wort „Parfüm“ kommt nicht zufällig vom lateinischen perfumare = „durchrauchen“).

Kuriose Anwendungsbereiche

Alte Arzneibücher verraten die vielseitigen, heute teils kurios anmutenden therapeutischen Anwendungsbereiche. So schworen manche Autoren auf den Weihrauch als Mittel gegen Warzen, Verstopfung, Seitenstechen, Gedächtnisverlust, Migräne und Pest, zum Stillen blutender Wunden und zur Linderung bei „hitzigen geschwollenen Brüsten der Frauen nach der Geburt“. Sogar um malade Bienen zu kurieren, setzte man aufs Räuchern, wie eine Quelle aus dem Jahr 1682 belegt: „Krancken Bienen räuchert man mit Weyrauch [...]; doch soll auf das Rauchfaß wol Achtung gegeben werden […], damit weder die Bienen die Flügel verbrennen oder das Gewircke erhitze und fliessend werde.“ Ansonsten verwendete man den Weihrauch gern auch daheim im Kachelofen, beispielsweise zusammen mit Äpfeln, Lorbeer und Wacholder, um angenehme Düfte zu erzeugen.

Tipps zur Haussegnung mit Weihrauch finden Sie auch auf der Homepage des Erzbistums München und Freising sowie im Gotteslob unter Nr. 894. Achten Sie auf Rauchmelder in Ihrem Haus – diese können bei rauchintensiver Verwendung von Weihrauch Alarm auslösen.

Seit jeher ist der Weihrauch aber auch als kultisches Räucherwerk oder Rauchopfer bekannt, wobei er Verehrung, Gebet und Reinigung symbolisiert. Auch die katholische Kirche kennt diese drei Bedeutungen: So berichtet das Matthäus-Evangelium, dass die Sterndeuter aus dem Orient dem neugeborenen Heiland als Zeichen ihrer Verehrung Gold, Weihrauch und Myrrhe darbringen (wobei es sich bei Myrrhe ebenfalls um ein aromatisches Harz handelt); in Psalm 141 heißt es „Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet zu dir auf“, und in der Messe spricht der Priester bei der Einlegung von Weihrauch: „Reinige mein Herz“.

Inzensiert – das heißt beweihräuchert – wird gemäß dem Messbuch je nach Gelegenheit beinahe alles und jeder: der Altar, das Evangeliar, Brot und Wein, der Zelebrant selbst, die Gemeinde aber auch der Adventskranz, die Krippe, die Osterkerze, das Kreuz, die Gräber – und: die Häuser der Gläubigen, wenn die Sternsinger vor der Tür stehen.

Schutz für Mensch und Vieh

Das Fest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar ist übrigens ein guter Anknüpfungspunkt, um auch den privaten Hausgebrauch des Weihrauchs neu zu entdecken. Traditionell räucherte man Wohnräume und Ställe aus, um Geister milde zu stimmen und um Schutz für Mensch und Vieh zu beten. Vor allem in den Raunächten zwischen Weihnachten und Erscheinung des Herrn, oft am Vorabend des 6. Januar, wurde dieser uralte Brauch praktiziert. Derartige Rituale erfahren heute im Zuge eines gesteigerten Interesses für Esoterik und Spiritualität wieder eine Renaissance.

Inspiration und Ruhe

Ob nun als Teil katholischen Brauchtums, um einen „energetischen“ Effekt zu erzielen oder einfach nur zum Wohlfühlen – Sabine Bäumler vom Münchner „Kräuterparadies“ erklärt: „Räucherungen führen uns ohne den Filter des rationalen Gehirns direkt zu unserem Innersten. Vor allem jetzt in der kälteren Jahreszeit, wenn uns das Räuchern Inspiration und Ruhe bringt, wird es eine spirituelle, besinnliche Erfahrung.“ Vorbereitungen braucht es kaum, es reichen eine kleine Räucherschale und gutes Räucherwerk – und schon stellt sich im abendlichen Kerzenschein eine zauberhafte Stimmung ein.

Anstatt mit glühender Kohle, wie aus der Kirche bekannt, kann man übrigens auch mit einem Teelicht (und einem geeigneten Gefäß) räuchern. Michael Brunner vom Fachgeschäft „Sebastian Wesely“ empfiehlt gerade für Anfänger diese sanftere, raucharme Variante des Räucherns und als Rauchwerk die Mischung „Dreikönigsweihrauch“.

Sammler von Weihrauchsorten

Einer, der es wissen muss, ist auch Diakon Bernhard Stürber. Er ist seit 2012 als Domzeremoniar im Münchner Liebfrauendom für den Ablauf der Gottesdienste verantwortlich und sammelt privat Weihrauchsorten. Für den Hausgebrauch bevorzugt er reines Olibanum-Harz aus dem Oman und rät: „Es ist wichtig, den Weihrauch nie direkt auf die Kohle zu legen. Man soll wenige Körner, oft reicht ein Korn, am besten auf einem Netzeinsatz über einer Kerzenflamme zum Schmelzen bringen.“

Je nach Lust und Ambition kann man sich im Fachhandel mit Zubehör – Rauchfässer, Räucherschalen und -gefäße, Kohlenzangen und -anzünder, Rauchfasslöffel und Aschegefäße– sowie mit einer bunten Palette von Weihrauchprodukten eindecken: vom „Klosterweihrauch griechisch“ über die „Mischung Vatikan“ bis zum „Weihrauch Lourdes gold“, von Weihrauchkerzen aus dem Erzgebirge über Myrrhe-Körner bis hin zum Weihrauchbalsam.

Zum Gebet, beim Hören geistlicher Musik, zur Lektüre besinnlicher Literatur oder im Kreis der Familie: Probieren Sie es doch einfach mal selbst aus und lassen den heiligen Duft in Ihren eigenen vier Wänden aufsteigen!

(Die Erstversion des Artikels wurde 2020 veröffentlicht)

Der Redakteur
Joachim Burghardt
Münchner Kirchenzeitung
j.burghardt@michaelsbund.de

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Advent & Weihnachten