Unterhaltung

Was Krimis und Kirche miteinander verbindet

Kirchenleute und böse Taten: das übt auf Leser und Autoren einen ganz besonderen Reiz aus. Ob sich ein Verbrechen beim pfiffigen Fernseh-Pfarrer Braun in der Provinz ereignet oder Krimi-Morde, die im Vatikan passieren. Erst recht erfolgreich kann die Kombination aus Kirche und Krimi werden, wenn die Autoren selbst bei der Kirche arbeiten.

Kirchliche Schauplätze sind die ideale Kulisse für Krimis, sie haben immer noch etwas Mystisches und Geheimnisvolles. © IMAGO / Addictive Stock

München/Bamberg – Im „ganz normalen Leben“ ist Felix Leibrock Leiter des Evangelischen Bildungswerks und Pfarrer. In seiner zweiten Berufung schreibt er seit zehn Jahren Krimis. Für ihn ist das Genre so spannend, weil sich hier die ungebremsten Emotionen Bahn brechen, wie der Hass, der Neid und die Gier. Und weil schon in der Bibel all diese menschlichen Abgründe thematisiert werden: „Gleich zu Beginn kommt der Betrug, die Lüge, dann kommt der Brudermord… Die Bibel ist ein einziges Krimibuch.“ Und natürlich stelle sich die Frage, wie Gott darauf schaue. Und wie wir uns verhalten könnten, damit diese Kräfte nicht überschäumen würden.

Leibrocks Schriftstellerkollege Harry Luck, Pressesprecher der Erzdiözese Bamberg, weist darauf hin, dass kirchliche Schauplätze noch immer etwas Mystisches und Geheimnisvolles haben. Außerdem spiele, so der erfolgreiche Krimiautor, der Tod im Krimi genauso eine Rolle wie in der Kirche. Wie beim Gottesdienst „folgen die Abläufe im Krimi fast einer Liturgie“, so der 50-jährige. Immer wieder schreibt Luck aus seinem eigenen Arbeits-Umfeld, der Kirche. Die Dramaturgie, das Geheimnisvolle übernimmt er gern in seine Bücher. Bei seinem jüngsten Krimi „Bamberger Reiter“ geht es denn unter anderem auch um den Papst und den Heiligen Gral.

Pressesprecher und Polizeiseelsorger

Ansonsten trennt Luck seine Aufgaben als erzbischöflicher Pressesprecher von seiner Autorentätigkeit. Bei Pfarrer Feix Leibrock ist das nicht ganz so: er ist auch Polizeiseelsorger. Und das kommt ihm als Krimiautor sehr entgegen: „Wenn ich zum Beispiel wissen will, wie eine Waffe funktioniert, gehe ich zu einer Ausbilderin, die das genau weiß.“ Für ihn sind auch die Geschichten, die Polizisten ihm erzählen, mitreißend, beeindruckend und emotional bewegend. Denn die wirklichen Polizisten haben im Alltag genauso mit Gewalt und Konflikten zu tun, wie die Protagonisten in seinen Büchern.

Positives Feedback aus Kirchenkreisen

Aus diesem reichen Erfahrungsschatz der Gesetzeshüter speist Seelsorger Leibrock seine Krimis (die allesamt nicht im kirchlichen Milieu spielen) und stellt sich dabei auch die Frage, wie es überhaupt zu bösen Taten kommt. Das tut Kollege Luck auch, aber er legt Wert darauf, dass Krimis in erster Linie Unterhaltungsliteratur sind. „Wenn man daneben auch noch etwas Wissen über andere Zeiten oder bestimmte Themen vermitteln kann, ist das schön, aber das muss unterschwellig geschehen. Der Leser soll nicht glauben, dass er ein Sachbuch liest!“ Er würde einen Kirchenkrimi nie mit theologischer Literatur vergleichen. Das bedeute aber nicht, dass Kirche moderne Literatur wie Krimis nicht wahrnehme. Er habe nach der Veröffentlichung seines jüngsten Krimis viel positive Resonanz aus Kirchenkreisen bekommen. Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick habe gesagt, das Buch sei fast ein Bildungsroman, was vielleicht ein wenig übertrieben sei.

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Aber das Feedback zeigt, dass die Kirche, egal ob die katholische oder die evangelische, viel von Krimis lernen kann. Nämlich, sich nicht nur mit der eigenen Tradition zu beschäftigen. Weil die Kirche, wenn Sie sich mit Krimis auseinandersetze, dem Zeitgeist widme, so Leibrock. Dieser Zeitgeist sei bei vielen Menschen verpönt. Aber Kirche müsse mit den Moden mitschwimmen, damit sie mitreden könne, meint der 62-jährige. Für Leibrock kann Kirche damit wahrnehmen, was die Menschen umtreibt, sie erfreut oder betrübt.

Spannende Unterhaltung– mögliches Vorbild für die Kirche

Natürlich würde der Krimi im kirchlichen Umfeld auch Klischees bedienen, meint Journalist und Autor Harry Luck.  Aber diese Klischees kämen ja von irgendwoher. „Oft stelle ich beim Schreiben fest, dass die Wirklichkeit Klischees sogar noch übertrifft. Da schreibe ich eine sehr realistische Szene aus meinem Alltag - und der Lektor streicht es dann entsetzt raus, und sagt, das ist völlig übertrieben.“

Und doch geht es beim Krimi um die Wirklichkeit, anders als bei Science-Fiction-Romanen. Um eine spannende Wirklichkeit, die er versuche, in die kirchliche Praxis zu übertragen, erklärt Seelsorger Leibrock. „Wenn man es schafft, ein bisschen Spannung in die Gottesdienste oder Predigten zu bringen, dann macht das Kirche attraktiver und das ist dringend nötig.“

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Der Autor
Willi Witte
Radio-Redaktion
w.witte@michaelsbund.de