Das Evangelium der Heiligen Nacht (Lk 2,1–14) ist die Weihnachtsgeschichte schlechthin; es hat unsere Bilder von Weihnachten geprägt und spricht kirchliche Stammkunden und Fernstehende gleichermaßen an. Was man dagegen am ersten Weihnachtsfeiertag hört, kommt aus einer anderen Welt.
Der Prolog des Johannes-Evangeliums (Joh 1,1–18) dreht sich in kreisenden Bewegungen um ein „Wort“, unter dem sich kaum jemand etwas Konkretes vorstellen kann: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war auf Gott hin, und Gott (oder: von göttlicher Art) war das Wort.“ (Joh 1,1). Und als ob das nicht genug wäre, steigen ab Vers 4 auch noch „Leben“ und „Licht“ auf dieses Wortkarussell.
Nicht umfassende Übersetzung
Bleiben wir zunächst beim „Wort“. „Wort“ ist hier eine zutreffende, aber nicht umfassende Übersetzung des griechischen Wortes „Lógos“. „Lógos“ heißt zwar „Wort“, aber auch: „Rede“, „Sinn“, „Plan“, „Rechnung“, „Grund“, „Erklärung“, „Regel“, „Überlegung“, … kurz: etwas, das gedacht und mitgeteilt wird. Während in Joh 1,1–3 das Verhältnis dieses Lógos zu Gott umschrieben wird, geht es in den folgenden Versen um sein schwieriges Verhältnis zur Welt: Durch den Lógos als vermittelnde Instanz hat Gott die Welt erschaffen, aber die Welt nimmt den Lógos nicht auf.