Das Dorf als Konfliktbühne

Warum Menschen tun, was sie tun

In ihrem Roman „Unterleuten“ wirft die Schriftstellerin einen analytischen Blick in den „Maschinenraum der Gesellschaft“, und der liegt auf dem Land. Juli Zeh liefert aber keine trockene Analyse, sondern erzählt von Menschen aus Fleisch und Blut mit ihren Konflikten und Gefühlen - Geschichten mit überraschenden Wendungen und Tiefblicken in strapazierte Seelen.

© © Thomas Müller

Pläne für eine Windkraftanlage treiben einen Keil in das Dorf „Unterleuten“, unterschiedliche Interessen prallen aufeinander - oft auch handfest. Einheimische und Neubürger beziehen Position und die Hauptakteure versuchen die Gewichte zugunsten ihrer Interessen zu verschieben. Immer stärker kommt Gewalt mit ins Spiel und keineswegs nur zur Steigerung des Effekts, obwohl eine gewisse Thriller-Komponente durchaus gewünscht ist von der Autorin. „Wir sind gewaltbereite Wesen“, glaubt Juli Zeh „auch wenn wir das von uns nicht wissen wollen“.

Und die Emotionen kochen hoch, auch innerhalb von Paarkonstellationen. Die Beziehungen zwischen den Geschlechtern schildert Juli Zeh als Gemengelange aus alten und neuen Verhaltensmustern: Manche Frauen sind so selbstbewusst, zielstrebig, ja manipulativ, dass ihrem Partner in diesem Energiefeld kaum die Luft zum Atmen bleibt. Andere, die jahrzehntelang geduldig waren, machen sich Luft auf völlig unerwartete Weise. „Mich fasziniert selber, warum Menschen tun, was sie tun“, sagt Juli Zeh: „Das ist für mich eigentlich das Herz der Literatur.“

Kommunikation jedenfalls spielt für die Handlungen der Figuren eine untergeordnete Rolle. Der Roman legt offen, wie wenig über echten Austausch es gibt über Konflikte, Verletzungen und Träume: „Das ist für mich ein Betätigungsfeld von Literatur, zu zeigen, dass die verbale Verständigung ist häufig nur eine Simulation ist, was funktioniert ist echte Empathie“, glaubt die Autorin.

Juli Zeh: Unterleuten, Luchterhand, 640 S., 24,99 €