In guten wie in schlechten Zeiten

Warum heute noch kirchlich heiraten?

Freie Trauungen boomen, standesamtliche Hochzeiten reichen vielen Paaren - Über die Bedeutung der kirchlichen Hochzeit in einer Welt, in der Unverbindlichkeit zu den wichtigsten Werten zählt.

Trotz vielfältiger Möglichkeiten freier Trauungen entscheiden sich Menschen ganz bewusst kirchlich zu heiraten. © LElik83 - stock.adobe.com

„Dem Kaiser, was dem Kaiser ist!“ – Frei nach diesem Motto schoben wir unsere standesamtliche Hochzeit trotz vollem Terminkalender noch in den Dezember 2019, nur ein paar Monate nach unserer Verlobung. Natürlich war dies ein besonderer Schritt für uns beide: Die Familien trafen erstmals in voller Größe aufeinander, die Frage nach dem Nachnamen stellte sich und ein besonderer Tag sollte es schon sein.

Aber unterm Strich war es ein Vertrag, mehr eben auch nicht. Jedem gehörte nun die Hälfte, eine Steuerersparnis gab’s obendrauf und einen neuen Nachnamen für Katharina – ein Verwaltungsakt mit einer Prise Romantik. Die „richtige“ Hochzeit würde im Mai folgen. Da konnte der bürokratische Termin im Standesamt ruhig kürzer ausfallen. Denn in diesem Punkt waren wir uns beide von Beginn unserer Beziehung an einig: „Nur“ standesamtlich zu heiraten, war uns nicht genug.

Langes Warten auf die kirchliche Hochzeit

Natürlich waren wir schon im Dezember 2019 rechtlich verheiratet, aber gefühlt eben noch nicht so richtig. Die Eheringe wollten wir erst in der Kirche tauschen, gesellige Feierlichkeiten wie ein Polterabend standen als Auftakt für „die Standesamtliche“ gar nicht zur Debatte. Der Mai würde schnell genug kommen, dachten wir. Stattdessen kam Corona, und ein familiärer Schicksalsschlag jagte den nächsten. Aus Mai 2020 wurde (nach vielen halbherzigen Ersatzterminen zwischendurch) Juni 2022. Lange mussten wir auf unsere „richtige“ Hochzeit warten und freuen uns nun umso mehr, in der Kirche zu heiraten, in der wir uns kennengelernt haben und in der schon Katharinas Oma geheiratet hat.

Freie Trauungen als starke Konkurrenz

In unserem direkten Freundeskreis sind wir mit der kirchlichen Hochzeit keine Ausnahme. Auch hier wurde die standesamtliche Hochzeit meist eher im kleinen Kreise abgehakt und das „große“ Fest fand in der Kirche statt. Aber nicht bei allen Paaren ist die kirchliche Trauung ein Muss. Wir kennen viele, denen eine standesamtliche Trauung genug ist und die ganz bewusst keine kirchliche Hochzeit wollen. Viele haben der Kirche trotz Taufe schon längst den Rücken gekehrt.

Andere stören sich an den kirchlichen Vorgaben und Vorschriften für Zeremonie und Trauung. Die liturgisch festgelegte Feierlichkeit und die Enge eines Kirchenraums können kaum mit den Möglichkeiten einer freien Trauung am Seeufer, unter Bäumen oder im Gewächshaus mithalten. Der Priester schaut neben der freien Traurednerin, die aus „Momo“ und dem „kleinen Prinzen“ zitiert, ziemlich alt aus. In unseren überinszenierten Zeiten, wo es Schlösser und toskanische Weinberge sein können, wer will da in seiner kleinen Stadtteilkirche nach den Regeln des Pfarrers heiraten?

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Ein Besuch auf einer Hochzeitsmesse machte uns erschreckend bewusst, wie normal die Eheschließung ohne Kirche geworden ist. An jeder Ecke wurden wir gefragt, ob wir schon eine freie Traurednerin hätten. „Wir haben einen katholischen Priester!“, sorgte für eher überraschte und teils entsetzte Gesichter. Zwischen den Plakaten für freie Trauungen und Kinderbegrüßungsfeiern spürten wir deutlich, dass unser Weg der kirchlich geschlossenen Ehe bei Weitem nicht mehr selbstverständlich ist.

Ja, mit Gottes Hilfe

Für uns beide aber war von Anfang an klar: Wir wollen kirchlich heiraten. Nicht, weil die Oma sonst enttäuscht wäre oder der Fotos wegen – wir wollen uns gegenseitig in einer Kirche vor Gott das Sakrament der Ehe schenken und uns einander ein Leben lang versprechen. In aller Öffentlichkeit und mit allen Menschen, die sich mit uns freuen wollen. Wir wollen uns aneinander binden in guten wie in schlechten Zeiten, denn was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen. Das ist der Anspruch, den wir an unsere Beziehung, unsere Liebe und unsere Ehe stellen. Verbunden nicht nur durch einen jederzeit kündbaren Vertrag beim Standesbeamten, sondern durch ein unauflösliches Band und, auch das ist uns beiden so wichtig, mit Gottes Hilfe.

Diese Hilfe brauchen und wollen wir. Es wäre vermessen zu glauben, dass man aus rein eigener Kraft diesem Anspruch gerecht werden kann. Natürlich sehen wir, wie viele Ehen scheitern. Trotzdem wollen wir nicht mit einer Offenheit oder mit Vorbehalt verheiratet sein, sondern gemeinsam dieses „one way ticket“ riskieren. Dabei haben wir das Glück, dass es uns unsere Eltern und Großeltern, die nahen Onkel und Tanten vormachen. Das „in guten wie in schlechten Zeiten“ sieht auch hier nicht immer leicht, aber immer möglich aus. Würden wir hier als zwei Scheidungskinder sitzen, deren Leben von den Rosenkriegen gescheiterter Ehen geprägt ist, wer weiß, ob wir uns dann trauen würden.

Vertrauen auf Gott und die Liebe

Zuversichtlich wollen wir uns auf einen gemeinsamen Lebensweg machen, im Vertrauen darauf, dass Gott uns beisteht, und auch der Verantwortung bewusst, die wir durch diesen unlöslichen Bund füreinander tragen. Für manche mag das beängstigend und einengend klingen, für uns ist es ein natürlicher Schritt und ein Ausdruck unseres Vertrauens auf Gott und auf unsere Liebe.

Deswegen werden wir uns trauen, mit Gottes Beistand Ja zueinander sagen, weil wir uns lieben und weil wir glauben, dass wir mit Gottes Hilfe und miteinander alles schaffen können. (Raoul Rossmy, Pastoralreferent im Münchner Pfarrverband Isarvorstadt)