Katholische Tradition

Votivtafeln: "Maria hat geholfen"

Votivtafeln sind Ausdruck überlieferter Volksfrömmigkeit und einer typisch katholischen Gebetskultur. Beeindruckende Beispiele gibt es viele im Erzbistum München und Freising.

St. Johannes der Täufer in Haunstetten © Burghardt

München – Sie erzählen dramatische Geschichten aus dem Leben der Landbevölkerung: Alte Votivtafeln, die noch heute in einigen Kirchen zu besichtigen sind, verraten etwas von den Nöten der Menschen zu einer Zeit, als bei vielen Notfällen und Krankheiten noch kein medizinisches Versorgungssystem, sondern nur das Beten half. Meist aus dem 18., 19. oder frühen 20. Jahrhundert stammend, zeigen sich auf diesen gestifteten Dankbildern für Rettung oder Heilung in Not immer wieder dieselben Motive: Viehseuchen, Arbeitsunfälle (oft im Wald), Unfälle im Umgang mit Tieren, Krieg sowie schwere Krankheiten, wegen derer meist die Gottesmutter Maria, manchmal auch andere Heilige um Hilfe angerufen wurden.

Die Bandbreite hinsichtlich Form und Stil ist groß: Mal sind die Votivtafeln kunstvoll, mal kindlichnaiv gemalt; mal bestehen sie nur aus einem Bild ohne Text, mal nur aus Text ohne Bild. Meist aber wird die überwundene Notsituation, die um Hilfe bittende Person, die helfende Gottesmutter und/oder die Wallfahrtskirche, in der um Hilfe gebetet wurde, mit erklärender Beschreibung des Vorkommnisses abgebildet. Manchmal sind sogar Objekte wie Knochensplitter oder eine beinahe todbringende Nadel angefügt (siehe Abbildungen 6 und 8). In einigen Kirchen sind außer Bildtafeln auch Votivgaben aus Wachs ausgestellt, die beispielsweise verletzte Körperteile darstellen.

"Verlobte" Pfarrgemeinden

Sehr oft ist auf den Votivtafeln das lateinische „Ex voto“ („wegen eines Gelübdes“) sowie die Jahreszahl zu lesen, und wenn geschrieben steht, „eine gewisse Person verlobte sich“, ist damit der Stifter oder die Stifterin der Tafel gemeint, die um Heilung oder Rettung gebetet und ein Gelübde abgelegt hat. Neben Einzelpersonen haben sich – etwa bei Seuchen und Epidemien – oft auch ganze Pfarrgemeinden in einer Kirche „verlobt“ und eine Votivtafel hinterlassen, woraus nicht selten eine jährlich durchgeführte Wallfahrt entstanden ist.

Was alle Votivtafeln gemein haben: Sie sind aufschlussreiche Glaubenszeugnisse fernab hoher Theologie, von Herzen kommende Dokumente intimer persönlicher Schicksale und Bildgeschichten von Angst, Bangen, Leiden, Hoffnung, Demut, Dank und grenzenloser Erleichterung. (Joachim Burghardt)