Vierte Vollversammlung in Frankfurt

Weitere Beschlüsse beim Reformprojekt Synodaler Weg erwartet

Am Donnerstag startet die vierte Vollversammlung des Synodalen Wegs. Die randvolle Tagesordnung legt den Schluss nahe, dass die Verantwortlichen das Tempo erhöhen wollen.

Bei der vierten Vollversammlung des Synodalen Wegs sollen Beschlüsse gefasst werden. © Julia Steinbrecht/KNA

Bonn – Insgesamt 14 Papiere in Erster oder Zweiter Lesung, dazwischen Aussprachen, meditative Impulse sowie die Vorstellung eines Leitfadens für geschlechtersensible Sprache in Beschlüssen des Synodalen Wegs. Die vom 8. bis 10. September in Frankfurt tagende Vollversammlung des Dialogs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland hat sich eine Menge vorgenommen. Und wie bei den vorangegangenen Treffen dürfte Kritik an einer überfrachteten Tagesordnung und zu kurzen Redezeiten laut werden.

Gleich zu Beginn bekommen es die rund 230 Mitglieder der Synodalversammlung mit einem 32-seitigen sogenannten Grundtext zur Sexualmoral zu tun. Das Papier steht in Zweiter Lesung auf der Agenda und könnte damit beschlossen werden - so wie acht weitere Grund- und Handlungstexte, die konkrete Vorschläge für Reformen in der Kirche unterbreiten wollen.

Kirchliches Arbeitsrechts lässt sich ohne Zustimmung aus Rom ändern

Kirchenpolitisch lassen sich die Texte in zwei Kategorien einteilen: Solche, die ohne Zustimmung aus Rom beschlossen und zu konkreten Änderungen führen könnten, und solche, bei denen die Entscheidungsgewalt in Rom liegt und für die der Synodale Weg lediglich Empfehlungen für Neupositionierungen aussprechen kann.

In die erste Kategorie fällt der Handlungstext für eine Reform der Grundordnung des kirchlichen Arbeitsrechts. Die Ordnung regelte bislang unter anderem, dass kirchliche Arbeitgeber Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben, wegen Verstoßes gegen die sogenannten Loyalitätsobliegenheiten entlassen konnten. Hier stehen die Zeichen spätestens seit der medienwirksamen Aktion "Out in Church" auf Liberalisierung.

Priesteramt beibehalten, aber öffnen

In die zweite, kirchenpolitisch schwierigere Kategorie fallen Texte, die eine Zulassung von Frauen zu Weiheämtern, etwa als Diakonin, anregen oder die sich für Lockerungen bei der Ehelosigkeit von Priestern, stark machen. Zu diesem Grundtext erwarten Beobachter intensive Debatten. "Unser Grundtext plädiert dafür, dass wir das Priesteramt beibehalten, aber wir können uns vorstellen, dass auch andere Personen als nur zölibatär lebende Männer dieses Priesteramt ausführen können", erläuterte der stellvertretende Würzburger Dekan Matthias Leineweber in einem Interview der Plattform katholisch.de. "Wir erklären, dass dieses Amt unabhängig von der Person, ob es eine Frau oder ein Mann, eine verheiratete oder nicht verheiratete Person ist, erhalten werden muss, auch um eine gewisse Amtlichkeit in den Vollzügen der Kirche darzustellen."

Die Synodalen können sich für solche Vorstöße auf Stimmen aus der Weltkirche stützen wie die des künftigen brasilianischen Kardinals Leonardo Ulrich Steiner, der Sympathien für die Zulassung von verheirateten "bewährten"Männern, den "viri porbati", zum Priesteramt erkennen lässt. Einerseits. Andererseits steht mehr und mehr die Frage im Raum, welche Spielräume der Synodale Weg überhaupt hat. Erst im vergangenen Monat hatte der Vatikan zum wiederholten Mal unterstrichen, die vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals 2019 aufgesetzte Initiative sei "nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten".

Sonderweg oder Einheit mit Rom?

Die einen warnen vor einem "deutschen Sonderweg" und einer Kirchenspaltung, die anderen beteuern die Einheit mit Rom. Man wolle "entscheidende Impulse" geben, "damit Offenheit, Transparenz und Ehrlichkeit in der katholischen Kirche keine Fremdwörter mehr sind", fasst die stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Agnes Wuckelt, zusammen.

"Es wird sich zeigen, ob dem in den vergangenen Monaten gewachsenen Problembewusstsein bezüglich unheilvoller kirchlicher Konzepte und Realitäten nun auch Reformbereitschaft und vor allem Handlungswille entsprechen", formulierte die Erfurter Theologin Julia Knop in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur die Erwartungen an die vierte Vollversammlung des Synodalen Wegs: "Hier sind vor allem die Bischöfe gefragt. Denn die Überwindung toxischer Strukturen, Konzepte und Gewohnheiten beginnt zwar in den Köpfen. Aber sie braucht, um nachhaltig zu sein, mehr als den guten Willen eines guten Hirten."

Entscheidungen fallen bei der Weltsynode

Die in Frankfurt anwesenden deutschen Bischöfe werden ihren Blick vermutlich verstärkt nach Rom richten. Dort hat gerade die zweite Phase der von Papst Franziskus angestoßenen Weltsynode begonnen Im Herbst 2023 soll der Prozess, der auf mehr Teilhabe von Laien und auf mehr Dezentralisierung der Weltkirche hinauslaufen könnte, in eine große Bischofsversammlung münden, an der auch deutsche Bischöfe teilnehmen werden. Gemäß der hierarchischen Verfasstheit der katholischen Kirche, wird dies der Ort sein, an dem wegweisende Entscheidungen als Empfehlungen für den Papst gefällt werden.

Der Synodale Weg in Deutschland soll irgendwie in diesen weltweiten Prozess münden. Doch bisher wurde nicht einmal das Präsidium des Weges im Vatikan offiziell empfangen. Noch ist nicht klar, wie die römische Politik der kalten Schulter die Stimmung und den Verlauf der Vollversammlung in Frankfurt beeinflussen wird. Der Synodale Weg in Deutschland ist nach den bisherigen Planungen dann schon Geschichte. Er soll im März 2023 enden. Viel Zeit bleibt den Teilnehmern der Vollversammlung also nicht mehr, um konkrete Beschlüsse zu fassen. (kna)