Berufung

Von der Projektleiterin zur Ordensfrau: Wie aus Stefanie Grießhaber Schwester Josefa Maria wurde

Eine schöne Wohnung, Reisen in die ganze Welt und einen Job in der Projektleitung bei Airbus: So sah das Leben von Stefanie Grießhaber aus. Klingt perfekt, doch irgendwas hat ihr gefehlt. Es folgte eine jahrelange Suche und schließlich ein radikaler Schritt der Veränderung.

Stefanie Grießhaber entschied sich dem Orden der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz beizutreten. So wurde sie Schwester Josef Maria. © Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul Mutterhaus München

Gibt man bei Google das Stichwort „Berufung“ ein, bekommt man über 21 Millionen Ergebnisse. Die meisten beschäftigen sich mit dem juristischen Begriff, aber so vielfältig die Antworten, so unterschiedlich sind auch die Geschichten, wie Menschen ihre Berufung erlebt haben. Eine von ihnen ist Stefanie Grießhaber (39). Sie hatte ein Leben, von dem viele in München nur träumen können. Eine schöne Wohnung, Reisen in die ganze Welt und einen Job in der Projektleitung bei Airbus. „Es hat alles gepasst, und trotzdem fehlte was“, so beschreibt sie ihre damalige Gefühlslage. Es folgt ein jahrelanger Weg des Suchens, „bis ich dann gemerkt habe, ich möchte meinen Glauben aktiv in Gemeinschaft mit anderen leben, und vor allem möchte ich für andere da sein“.

Familie reagierte auf Ordenseintritt mit Unverständnis

Ihr berufliches Umfeld reagiert verständnisvoller, als Grießhaber das im ersten Moment vermutet hätte. Von den Kollegen ist sie „superpositiv überrascht“, statt des erwarteten Unverständnisses erfährt sie Unterstützung und Respekt für ihre Entscheidung. Eine große Erleichterung verrät Grießhaber lachend. „Ich dachte am Anfang wirklich, da kommt jetzt eher so ‚oh je, jetzt ist sie verrückt, jetzt ist sie durch“.

Etwas anders sieht das bei der Familie aus. Die erste Reaktion ist hier nicht unbedingt Begeisterung. Neben der Karriere, die Grießhaber aufgibt, liegt das auch am bewussten Verzicht auf eine eigene Familie. Nachvollziehbar, findet die heute 39-Jährige: „Das braucht Zeit zum Wachsen, und es braucht einfach auch Zeit, dass man sich gegenseitig versteht.“ Inzwischen gehen Mutter und Schwester den Weg mit, und auch die Freunde unterstützen die Entscheidung.

Grießhaber löst ihr Wohnung auf und kündigt Job

„Ihre“ Gemeinschaft findet die Schwester per Zufall. Sie lernt eine Barmherzige Schwester kennen und googelt im Anschluss den Orden. Über viele Monate nimmt sie immer wieder an spirituellen Angeboten teil und stellt schließlich fest: „Ja, da fühle ich mich am richtigen Ort.“ Die Suche sei aufgrund der wahnsinnigen Vielfalt in der Spiritualität eine echte Herausforderung. „Ich glaube, da darf man dann wirklich auf den lieben Gott vertrauen. Man wird dann schon dahin geführt, wo es für einen passt.“

Grießhaber kündigt also ihren Job, löst ihre Wohnung auf und wird zu Schwester Josefa Maria. Das Loslassen genießt sie regelrecht, beschreibt es als erleichternd, festzustellen: „Was brauche ich wirklich, und vor allem, was ist mir wirklich wichtig?“ Das meiste wird verschenkt oder verkauft, nur wenige Stücke schaffen es mit in den Orden. Darunter eine rote Steinzeug-Suppentasse: „Die habe ich von meiner Oma und die musste natürlich mit umziehen.“

Keine Angst ihre Entscheidung zu bereuen

Aber was bewegt einen jungen Menschen mitten in der Karriere zu so einem drastischen Schritt? Wie fühlt sich das an, berufen zu sein? „Das war so ein wirkliches Gefühl von Freiheit“, beschreibt es Schwester Josefa Maria lächelnd. Sie habe aufgehört, über Dinge nachzudenken, es habe sich dann „einfach richtig“ angefühlt. Zur besseren Nachvollziehbarkeit vergleicht sie es mit dem Gefühl, verliebt zu sein, „wo man vielleicht auch irgendwann merkt, ja, da ist mehr und da kann ich mir auch auf Dauer was drunter vorstellen, oder da möchte ich auf Dauer auch weiterleben, weiterbauen“.

Angst, ihre Entscheidung irgendwann zu bereuen, hat die Schwester nicht. Der Moment könne zwar kommen und es sei wichtig, sich das immer mal wieder bewusst zu machen. Im Augenblick sei es für sie aber genau richtig, „und ich vertraue wirklich auf den lieben Gott, dass es auch so gut weitergeht und dass ich auch so weitergehen darf wie bisher“.

Die Autorin
Linda Burkhard
Radio-Redaktion
l.burkhard@michaelsbund.de