Pater und Krankenpfleger

Vom Habit in den Klinikanzug

Pater Wolfgang Hubert aus dem Kloster Scheyern ist gelernter Intensivpfleger. In der Coronakrise kommt er nach vielen Jahren wieder in einem Krankenhaus zum Einsatz.

Pater Wolfgang Hubert unterstützt in der Coronakrise das Krankenhaus Pfaffenhofen. © Privat

Scheyern/Pfaffenhofen – Auf seinem Schild steht Pater Wolfgang Krankenpfleger. Er trägt es auf dem grünen Klinikanzug, wenn er im Krankenhaus von Pfaffenhofen seinen Dienst tut. „Das ist ein schönes Gefühl, da passt etwas zusammen und es schließt sich ein Kreis“, sagt der Benediktinermönch aus dem Kloster Scheyern. Pater Wolfgang Hubert ist nämlich gelernter Intensivpfleger.

„Natürlich bin ich fachlich nicht mehr auf der Höhe“, gibt der drahtige Mann unumwunden zu. „Die Kollegen könnten mir, wenn sie wollten, ständig zeigen, was ich alles nicht kann.“ Schließlich liegt seine Abschlussprüfung 32 Jahre zurück. Pater Wolfgang hat sie noch zu DDR-Zeiten nach einer normalen Krankenpflegerausbildung abgelegt, in einer katholischen Klinik in Halle an der Saale. Kurz danach trat der gebürtige Mecklenburger in das Benediktinerkloster Huysberg im Harz ein und kam schließlich nach Scheyern.

Antwort im Klosterleben

Sein ursprünglicher Beruf „spielte auch eine Rolle, mich für das Ordensleben zu entscheiden“. Denn ein Krankenpfleger werde schließlich „mit vielen Leid- und Sinnfragen konfrontiert“. Wolfgang Hubert fand für sich die besten Antworten im Klosterleben. Das wird durch die Coronakrise zurzeit gehörig durcheinandergewirbelt. 20 Stunden in der Woche ist er auf noch unbestimmte Zeit je nach Bedarf in der Früh- oder der Spätschicht im Einsatz. „Da gehen die Wissensschubladen im Kopf schnell auf“, sagt der Pater, „und das Gelernt kommt zurück.“ Demnächst wird er wohl wieder Infusionen legen, den Kreislauf von Patienten am Monitor beobachten und mit ihnen Atemtechniken einüben.

Kein Unbekannter im Krankenhaus

Aber schon jetzt macht sich der 55jährige nützlich: „Es gibt ja immer die Grundpflege: Betten machen, waschen, Blutdruck und Puls messen.“ Er ist dabei nicht allein für Coronapatienten im Einsatz, sondern für die unterschiedlichsten Kranken. Angesichts der Pandemie und des Fachkräftemangels wird zurzeit auf fast allen Stationen jede ausgebildete Kraft gebraucht. Das Klinikum ist vor dem Palmsonntag auf ihn zugekommen, weil es wusste, dass der Ordensmann aus dem nahegelegenen Scheyern eine solide medizinische Ausbildung vorweisen kann und noch dazu Profi-Seelsorger ist.

Bereits zuvor hat er jede Woche im Pfaffenhofener Krankenhaus eine Messe gehalten. Sollte die gegenwärtige Krise anhalten oder sich gar verschärfen, war es der Klinikleitung wichtig, „dass jemand ein paar medizinische Handgriffe machen und auch mit vielleicht schwierigen psychischen oder seelsorgerlichen Situationen umgehen kann.“ Denn eine Coronadiagnose sei für jeden Patienten zunächst einmal ein Schock, wie jede andere schwere Krankheit auch.

Offenes Ohr für Patienten und Kollegen

Den ersten Covid 19-Erkrankten ist Pater Wolfgang schon in den ersten Tagen begegnet. „Die kommen oft noch recht fit zu uns, können aber vom Kreislauf her schnell abgleiten.“ Ihnen mit einfachen Übungen das Atmen zu erleichtern, ihren Zustand zu überwachen und sie seelisch behutsam zu stützen, ist Teil von Wolfgang Huberts Arbeit. Letzteres gilt auch für die „normalen“ Patienten, die er pflegt. Manchmal bitten sie oder ihre Angehörigen um ein Gebet, wenn sie auf dem Schild gelesen haben, dass der Krankenpfleger eben auch ein Pater ist.

Das weiß natürlich auch das 15köpfige Team, zu dem der Ordensgeistliche gehört. Auch für sie soll und will er ein offenes Ohr haben. „Denn die Pflegekräfte stehen ja seit Wochen unter einem starken Druck.“ Und nicht nur sie: „Es gibt ja auch Menschen, die einfach zum Putzen kommen und von dieser ungewöhnlichen Situation belastet sind.“ Da kann es helfen, wenn ein Seelsorger da ist, vor dem sie sich nicht scheuen müssen, ihr Herz auszuschütten oder ihm ihre Ängste anzuvertrauen. Denn natürlich ist für alle Klinikbeschäftigten das Infektionsrisiko groß.

Anonyme Christen

Pater Wolfgang empfängt jedoch von seinen Kolleginnen und Kollegen auch viel Kraft. Von ihrem selbstverständlichen Einsatz für den Nächsten ist er immer wieder beeindruckt. „Ich muss da oft an den Theologen Karl Rahner und sein Wort von den `anonymen Christen´ denken.“ Männer und Frauen die christlich handeln, ohne sich der Kirche oder dem Glauben nahe zu fühlen. „Ich glaube, wir müssen in der Kirche wach und sensibel sein, wie viele dieser Menschen es gibt.“ Auch um von ihnen zu lernen, „dass es nicht nur unsere binnenkirchliche Sicht gibt und wir uns nicht ständig mit unseren internen Problemen im Kreis drehen.“

Pater Wolfgang ist da auch als gelernter Theologe mehr für das konkrete Anpacken, gerade in der Coroankrise: „Ich halte es schon für eine Herausforderung, dass jeder jetzt das tut was er kann und das zur Verfügung stellt, was ihm gegeben ist.“ Besonders dankbar ist er dafür, dass ihn sein Kloster darin unterstützt: „Das Ganz ginge nicht, wenn der Abt mich nicht freistellte und die Mitbrüder nicht sagen würden, ja das finden wir gut.“ Wenn er seinen grünen Klinikanzug überstreift mit dem Schild „Pater Wolfgang Krankenpfleger“ überstreift, weiß er, dass ihn die Gedanken und Gebete seiner Klostergemeinschaft begleiten. 

Der Autor
Alois Bierl
Chefreporter Sankt Michaelsbund
a.bierl@michaelsbund.de

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Corona - Pandemie