Neuer Kolping-Präses Christoph Wittmann

Vielfalt der Lebensformen auch bei Kolping wertschätzen

Fast 100 Tage ist Christoph Wittmann Kolping Diözesan- und Landespräses. Wie sieht der Priester aus dem Bistum Eichstätt die Zukunft des katholischen Verbandes?

Kolping-Präses Christoph Wittmann © Kolpingwerk

mk-online: Welche persönliche Beziehung haben Sie zu Kolping, auf der Sie nun als Präses aufbauen können?

Christoph Wittmann: Ich war schon als Kind mit meinen Eltern in einer Kolpingsfamilie. Wir sind immer wieder auf Kolping Familienfreizeiten in Familienferienstätten gefahren. Ich war später dann als Präses der Kolpingsfamilie Greding im Altmühltal auch offizielles Kolping-Mitglied und bin es bis heute geblieben. Dann wurde ich stellvertretender Diözesanpräses für das Bistum Eichstätt, allerdings ehrenamtlich. In dieser Funktion war ich schwerpunktmäßig für die Kolpingjugend verantwortlich und habe dabei Einblicke gewonnen, Erfahrungen gesammelt. Natürlich weiß ich, dass es große Unterschiede gibt zwischen dem Eichstätter Diözesanverband und dem in München und Freising. Da gibt es schon noch ganz andere Dinge zu entdecken, da werde ich jetzt erst einmal Erfahrungen sammeln müssen.

Jugendliche und junge Erwachsene waren nicht nur bei Kolping ein Schwerpunkt Ihrer Arbeit. Unter anderem waren Sie auch stellvertretender Regens im Eichstätter Priesterseminar, haben das Zentrum für Berufungspastoral und an der KU das Mentorat für Theologie-Studierende geleitet. Werden Sie auch bei Ihrer neuen Aufgabe den Fokus auf junge Menschen legen?

Wittmann: Die Jugend ist auf jeden Fall ein Schwerpunkt für mich. Nächstes Jahr zum Beispiel wird es ein großes Jugendfestival in Thalmässing im Bistum Eichstätt auf Landesebene geben. Da laufen bereits die Vorbereitungen. Mich interessiert natürlich die Jugend mit ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung. Da möchte ich Wert darauf legen, sie dabei zu begleiten und mit ihnen gemeinsam Angebote zu erarbeiten. Ich möchte auch Jugendliche ansprechen, die nicht in erster Linie kommen, um Mitglied zu werden, sondern weil es tolle Persönlichkeiten vor Ort gibt, die die Botschaft aussenden: Wer bei uns mitmacht, kann etwas bewirken. Da wird in den kommenden Jahren sicher viel möglich sein.

Kolping steht gerade im Vergleich mit anderen katholischen Verbänden noch recht gut da. Aber natürlich gibt es auch Kolpingsfamilien, die überaltert sind. Wie sehen Sie die Zukunft des Gesamtverbandes?

Wittmann: Ich sage, wir haben großes Potenzial im Verband, auch wenn verschiedene Kolpingsfamilien in den kommenden Jahren aufgelöst werden müssen, weil man keine Vorstandschaft mehr bilden kann. Ich denke es gibt auch Orte, wo etwas aufblüht, wo neue Mitglieder hinzukommen, zum Beispiel Familien, die sich angesprochen fühlen von den Kolpingsfamilien. Ich denke, der Mut zur Gestaltung ist bei mir auf jeden Fall da. Wir müssen uns fragen: Was ist unser Alleinstellungsmerkmal, was können wir wirklich gut, um auch in der Konkurrenz der Angebote bestehen zu können, die ja nicht nur kirchlich, sondern auch gesellschaftlich da sind. Und ich glaube, da haben wir ein klares Profil als Sozialverband, die Nöte der Zeit zu sehen und darauf zu reagieren. Im Blick darauf sollten wir Gemeinschaften bilden, zum Beispiel mit Menschen, die zuziehen oder die vielleicht mit wenig auskommen müssen. Wir sollten uns fragen, wie wir hier Hilfe leisten können. Aber auch im Bildungsbereich haben wir tolle Angebote zum Beispiel für benachteiligte Jugendliche, die zukunftsfähig sind und die in den kommenden Jahren vielleicht noch mehr abgerufen werden als heute.

Der Kolping-Bundesverband hat vor kurzem das Kolping-Leitbild fortgeschrieben. „Nicht-Christen“ sollen jetzt Mitglied werden können und „jede Art von Lebensform und Familienmodell“ soll anerkannt werden. Kann man diese Erweiterung einfach eins zu eins umsetzen, oder sehen Sie da für Ihren Wirkungsbereich noch Gesprächsbedarf?

Wittmann: Wir sind dezidiert katholisch. Wer dieses Leitbild teilt, ist bei uns willkommen. Wir bieten die Offenheit und werden dann auch den Nicht-Christen, die sich für uns interessieren, unser Profil präsentieren. In einer Großstadt wie München geht es gar nicht mehr anders als sich die Vielfalt der Lebensformen anzuschauen und auch wertzuschätzen, das ist einfach zeitgemäß. Nehmen wir zum Beispiel die Singles. Wir müssen uns fragen, wo die einen Platz bei uns haben. Kolping will den Menschen eine Bleibe bieten, und das ist unabhängig von der Lebensform. Natürlich haben wir auch ganz klassische Familien, aber es dürfen sich auch Menschen mit ganz anderen Lebensformen bei uns aufgehoben wissen.

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Der Autor
Paul Hasel
Radio-Redaktion
p.hasel@michaelsbund.de