Bereits die ambitionierte Tagesordnung ließ einen abwechslungsreichen Austausch auf der diesjährigen Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats in Wolfratshausen erahnen: Sowohl in Bezug auf die Formate – Vorträge, Berichte, Gruppenarbeit, Aussprachen, eine Wahl, eine Ehrung, ein Antrag, ein geistlicher Impuls und ein Gottesdienst – als auch thematisch bot das Programm eine immense Vielfalt, standen doch Krieg und Friedensethik, die Missbrauchsaufarbeitung, der Synodale Weg, die Dekanatsreform, der Gesamtstrategieprozess mit Fragen nach Immobiliennutzung und Ehrenamt, eine diözesanratsinterne Umfrage und der Tätigkeitsbericht des Vorstands auf der Agenda.
Gerechter Krieg – ungerechter Frieden?
Den Auftakt machte ein Studienteil zum Thema „Gerechter Krieg – ungerechter Frieden?“, der konkret auf den Krieg in der Ukraine Bezug nahm. Gastrednerin Veronika Bock, Direktorin des Zentrums für ethische Bildung in den Streitkräften (zebis) in Hamburg, skizzierte in ihrem Vortrag die Geschichte des Konzepts eines „gerechten Kriegs“ von Cicero und Augustinus über Thomas von Aquin bis in die Neuzeit und stellte diesem die moderne Idee vom „gerechten Frieden“ gegenüber. Pazifistische Positionen, riet Bock, dürfe man bei aller realpolitischen Einigkeit über das Selbstverteidigungsrecht nicht diskreditieren, denn auch wenn diese in der Wirklichkeit oft nicht umzusetzen seien, hielten sie doch die Vision von wahrem Frieden wach.
Im Anschluss tauschten sich die Delegierten in kleineren Gruppen über einzelne Aspekte rund um Krieg und Frieden aus. Eine Reihe von Thesen wurde dann auch ins Plenum getragen, allerdings ohne Debatte und ohne abschließende Positionierung oder Beschlussfassung des Diözesanrats. Der Vorsitzende Armin Schalk erklärte gegenüber mk online, die Absicht hinter diesem Vorgehen sei, zunächst einfach eine „Versachlichung“ der oftmals kontroversen Debatte zu erreichen. Dies verband er mit der Hoffnung, dass die Delegierten diese Art von besonnener Herangehensweise an das Thema in ihr jeweiliges Umfeld als Multiplikatoren weitertrügen. Anhand der Wortmeldungen ließ sich die Tendenz erahnen, dass eine Mehrheit der Räte- und Verbändevertreter zwar fortgesetzte Waffenlieferungen an die Ukraine, aber zugleich verstärkte Bemühungen um eine diplomatische Lösung befürwortete.
Unklarheit über zukünftiges Format der Vollversammlung
Der nächste Tagesordnungspunkt widmete sich der Umfrage, die im Vorfeld unter den Delegierten durchgeführt worden war. Hierbei hatte der Vorstand abgefragt, für wie wichtig bestimmte Formate und Themen als Bestandteil der Vollversammlung befunden werden. Dabei wurden überraschende Ergebnisse präsentiert, etwa dass der Gottesdienst und der spirituelle Impuls (und nicht etwa die Diskussion über aktuelle Themen) als besonders wichtige Bestandteile geschätzt werden. Allerdings traten auch methodische Unklarkeiten bei der Auswertung der Umfrage zutage, die einen weiteren Austausch über die zukünftige Gestaltung der Vollversammlung erforderlich machen.
Robert Köhler präsentierte das Engagement der Initiative „Wir wissen Bescheid“ zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern in der Kirche und wies konkret auf die geplante Radpilgerreise von Betroffenen nach Rom hin, die am Samstag, 6. Mai, in München starten und mit einer Papstaudienz am Mittwoch, 17. Mai, in Rom enden soll.
Im wie immer mit Spannung erwarteten Berichtsteil erläuterte zunächst Generalvikar Christoph Klingan in aller Kürze die bevorstehende Dekanatsreform: Geplant sei, die bisher 40 zu nur noch 18 Dekanaten zusammenzulegen. Mit den Dekanen, die künftig mehr Verantwortung trügen, würde eine mittlere Führungsebene im Erzbistum eingezogen. Zudem gab Klingan einen kurzen Einblick in den weiteren Verlauf des Gesamtstrategieprozesses, bei dem die Reduzierung der kirchlichen Immobilienlast eine große Rolle spiele. Mit Berchtesgaden und Forstenried stünden schon zwei Pilot-Dekanate bereit, die sich in den kommenden zwei Jahren verstärkt diesem Thema widmen sollen.