Lokal, diskursiv und partizipativ

Vertrau dem Trainer und der Mannschaft

Der geschäfstführende Direktor des Sankt Michaelsbundes erklärt, den methodischen Dreiklang des Hauses und warum es kirchliche Medien in einer pluralen Gesellschaft braucht.

Stefan Eß: "Der Sankt Michaelsbund ist geradezu ein heimlicher Reichweiten- und Standortriese in ganz Bayern" © SMB/ Ertl

München – Wenn man sich in einem Fußballstadion aufhält, sind um einen herum lauter Experten anwesend. Eine ganze Schar an Bundestrainern umgibt einen da, und jede und jeder weiß genau, was zu tun wäre, damit der Ball dort landet, wo er soll: im gegnerischen Tor. Ähnlich geht es mir, wenn ich als Direktor eines katholischen Medienhauses und als Verleger einer Kirchenzeitung nach dem Sinn und Zweck kirchlicher Medienarbeit gefragt werde. Braucht es so etwas heute noch? Sind die Auflagen der Zeitungen nicht rückläufig, und ist nicht schon jetzt absehbar, wann die Kirchenzeitung eingestellt wird? Sendet Ihr nur, oder hört auch jemand Euer Kirchenradio? Öffentliche Büchereien – sind die nicht dunkel, verstaubt und muffig? Bewegte Bilder produzieren, online entsprechend Zugriffe bekommen, auf sozialen Netzwerken präsent zu sein: Könnt Ihr das denn überhaupt?

Den Blick weiten vom Erzbistum zur Weltkirche

Wann haben Sie denn zuletzt die Münchner Kirchenzeitung in der Hand gehabt und gelesen, lautet in der Regel meine erste Gegenfrage. Dicht gefolgt von: Wann haben Sie denn zuletzt eine Bücherei besucht? Lokal, diskursiv, partizipativ: Das ist der Dreiklang der Medienarbeit beim Sankt Michaelsbund, dem katholischen Medienhaus im Erzbistum München und Freising und für die Kirche in Bayern. Dieser Anspruch bedeutet für unsere Arbeit beim Michaelsbund, dass wir in erster Linie den Fokus auf das Geschehen in unserem Erzbistum richten (= lokal), wenn wir Themen für unsere Medien sorgfältig journalistisch recherchieren, wenn wir aus den Regionen berichten, Menschen interviewen und miteinander ins Gespräch bringen, wenn wir die Fakten umfassend recherchieren und auch Zeitgeschehen kommentieren – auch wenn wir dabei natürlich den Blick auf die Kirche in Deutschland und die Weltkirche weiten und Bezüge herstellen.

Dabei gibt es nicht nur die eine, gar die vermeintlich richtige Meinung. Wir haben vielmehr den Anspruch, in unseren Medien ganz bewusst eine Plattform für verschiedene Blickwinkel und Standpunkte anzubieten (=diskursiv), sei es in der Münchner Kirchenzeitung, die wir seit 1908 verlegen, oder in der privaten Radio- und Fernsehlandschaft in ganz Bayern, die wir als katholische Fachredaktion regelmäßig seit 1988 mit Beiträgen beliefern. Gleiches gilt für unsere beliebten Online-Angebote auf mk-online, in den Sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram oder in unserem eigenen Radiosender, dem Münchner Kirchenradio.

Heimlicher Reichweiten- und Standortriese

Wir tun all das, wie es in unserer Satzung heißt, „aus katholischer Grundhaltung“ und letztlich mit dem Ziel, möglichst viele Menschen mit unseren Angeboten zu erreichen, sie zur aktiven Teilnahme am Leben unserer Kirche einzuladen und sie daran teilhaben zu lassen (= partizipativ).

Soweit zum Anspruch. Und wie sieht die Wirklichkeit aus? Wir drucken, produzieren, empfehlen und verbreiten unsere Inhalte und Angebote nicht nur über unsere eigenen Medien, über Partnersender in Radio und Fernsehen oder unseren Onlineshop. Der Sankt Michaelsbund ist geradezu ein heimlicher Reichweiten- und Standortriese in ganz Bayern. Jede Woche nutzen rund zwei Millionen Menschen in ganz Bayern die redaktionellen Angebote des Michaelsbundes, und jährlich weit über fünf Millionen Besucher zählen unsere über eintausend katholischen öffentlichen Mitgliedsbüchereien.

Diese sind im besten Sinne nichtschwelligen Treffpunkte und Orte der Begegnung mit sorgfältig ausgewählten und auf Basis unserer Empfehlungen ausgestatteten Bücher und Medien, die dort ausgeliehen werden können. Viele Büchereien bieten im Verbund rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche auch elektronische Medien in der Onleihe an. Büchereien sind idealerweise Orte mit hohem Aufenthaltscharakter, und ihre Mitarbeiterinnen sind Brückenbauer und Vernetzer mit anderen Bildungsplayern vor Ort, geradezu Spielmacher, um im Bild des Fußballs zu bleiben.

Wir nehmen unsere Verantwortung bewusst wahr

Braucht also Kirche heute in unserer pluralen Gesellschaft überhaupt noch eigene Medien und Angebote, noch dazu solche, die für sich auch noch die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit reklamieren und keiner Zensur oder zentraler Steuerung unterliegen? Gerade in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs, des Vertrauensverlustes und bei der Suche nach Neuorientierung nehmen wir als kirchlicher Verband motiviert, unserer Verantwortung bewusst und mit dem Blick nach vorne unseren Dienst am Verkündigungs- und Bildungsauftrag in unserer Kirche wahr. Das aufzugeben wäre nicht nur töricht, sondern geradezu ein Eigentor.

Und wie im Fußballstadion gilt auch für Experten kirchlicher Medienarbeit die Empfehlung: Vertrau auf den Trainer und die Mannschaft. Denn sie wissen schon, was sie tun. (Stefan Eß)

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Der Sankt Michaelsbund und sein Engel