Diskussion mit Weihbischof Wörner

Jugend und Kirche: Gipfeltreffen in München

Bei der Veranstaltung konnten Jugendliche ihre Vorstellungen und Wünsche für die Zukunft der Kirche in kreativen Workshops ausarbeiten. Die Ansichten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und die des Augsburger Weihbischofs Florian Wörner gingen beim abschließenden Austausch weit auseinander.

Weihbischof Florian Wörner tauscht sich am Ende des Tages mit den Jugendlichen über ihre Ansichten und Wünsche für die Zukunft der Kirche aus. © Kiderle

München – "In der Kirche muss sich etwas än­dern! Kreativität ist der Schlüssel zum Erfolg“, fordert Raphael Brandstetter von der Katholischen Landjugendbewegung. Brandstetter ist einer von rund 30 Jugendlichen, die beim Jugendgipfel in der Katholi­schen Akademie in Bayern zusammen-gekommen sind, um darüber zu diskutieren, wie sich junge Gläubige die Zukunft der Kirche vorstellen und welcher Voraussetzungen es dafür bedarf. Brandstetter nimmt am Work­shop „Künstlerisches Arbeiten“ teil und findet, dass es auch in der Kirche Kreativität braucht, um deren Struk­turen neu zu gestalten.
 

Eingeladen sind Gläubige und kirchenferne Jugendliche

Ursprünglich ist die Veranstaltung, zu der Kardinal Reinhard Marx und der Beauftragte für Jugendseelsorge der Freisinger Bischofskonferenz, Weihbischof Florian Wörner, eingela­den haben, für 80 Jugendliche geplant gewesen. Krankheitsbedingt und auf­grund terminlicher Überschneidun­gen nehmen jedoch deutlich weniger junge Frauen und Männer daran teil. Eingeladen worden sind sowohl Jugendliche, die sich kirchlich engagieren, als auch solche, die wenige bis gar keine Berührungspunkte mit der Kirche ha­ben. Beim Kennenlernspiel zu Beginn der Veranstaltung stellt sich heraus, dass vor allem Ministrantinnen und Ministranten der bayerischen Diöze­sen, Vertreterinnen und Vertreter von Jugendverbänden und der Schulpasto­ral anwesend sind. In Workshops zu Themen wie Theater, Musik, Hip-Hop, Bewegt-Bild oder „Natur & Spi­ritualität“ sollen die Teilnehmenden Antworten finden auf Fragen wie: „Wo will ich in zehn Jahren sein?“, „Wie sieht meine Lebenswelt in der Zukunft aus?“, „Wo spielt Kirche/Glaube/Spiritualität in der Zukunft eine Rolle in meinem Leben?“

Jugendliche äußern Wünsche und Sorgen

Die Workshops sind vorbei. Die Jugendlichen finden sich langsam wieder im großen Saal ein. Es ist ein Stuhlkreis mit rot bezogenen Stühlen gestellt. Im ganzen Raum ist ein Ge­murmel zu hören. Letzte Absprachen werden in den Workshop-Gruppen getroffen, bevor es an die Präsentation der Ergebnisse geht. Julius Apfelbacher sitzt am Flügel, um ihn herum hat sich sein Team versammelt. Er beginnt zu spielen und die Gruppe setzt mit Gesang ein. Es gleicht einem Poetry-Slam. Der Inhalt beschäftigt sich mit all dem, was die Jugendlichen bewegt.  Eine Jugendliche schildert, dass sie das Gefühl habe, sie müsse sich zwischen der Kirche und der Zukunft entschei­den. Aber ihr Wunsch wäre es, dass beides zusammenkäme. Die Fragen zu Beginn der Veranstaltung haben sich erweitert. „Ist es noch unsere Kirche?“, „Gehören Glaube und Kirche noch zusammen?“ Alle Gruppen haben ihre Ergebnisse präsentiert. „Gra­tulation, Ihre Bei­träge haben mich sehr beeindruckt“, bringt der Weihbischof Wörner seine Begeisterung zum Ausdruck, der den Nachmittag begleitet.

Es folgt eine Podiumsdiskussion. Themen der Diskussion sind die Rolle der Frau in der Kirche, Fragen zu Homosexualität und Abtreibung. Die Jugendlichen bringen ihre Anliegen und Forderungen nach einer Moder­nisierung der Kirche vor den Weihbischof und wünschen sich Antworten, die Wörner nicht immer geben kann. Die Ansichten der Jugendlichen und des Weihbischofs gehen weit ausein­ander. So reagiert Wörner auf Forde­rungen nach einer Heirat homosexu­eller Paaren in der Kirche und einer Weihe von Frauen mit Ablehnung und versucht, seinen Standpunkt den Jugendlichen zu verdeutlichen. Die Stimmung im Raum wird zunehmend schlechter, bei einigen Jugendlichen wird deutlich, dass der Puls ansteigt und sie sich andere Antworten vom Weihbischof erhofft haben. Veronica Seidel vom Diözesanausschuss des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) berichtet nach der Diskussion: „Es macht mich wütend, weil viele Sachen gesagt wurden, die wir alle, außer dem Bischof, anders sehen.“ Und auch Apfelbacher findet, dass die Diskussion und die Antwor­ten von Weihbischof Wörner zu einem „extremen Downer“ geführt haben.

Forderung, die Kirche mit Hinblick auf junge Menschen zu gestalten

Seidel würde sich wünschen, dass der Bischof seine Rolle so interpretiert, dass er sich für die Anliegen der Kirche und auch der jungen Men­schen einsetzt. Sie ist der Meinung, dass die Bischöfe die Kirche nicht nur für sich selbst gestalten sollten, son­dern im Hinblick auf die Jugend, und fügt hinzu: „Wenn wir diese Anliegen haben und auch weitergeben, sollten die Bischöfe ihre Stimme der Jugend geben und sich für die Jugendlichen einsetzen und die Veränderungen mit einbringen, die wir haben wollen.“ Die BDKJlerin bedauert es, dass Kardinal Reinhard Marx krankheits­bedingt nicht anwesend sein kann. Sie könnte sich vorstellen, dass dieser eine andere Meinung eingebracht hätte, so dass eine bessere Diskussion möglich gewesen wäre. Dennoch möchte Seidel weiterkämpfen, denn: „Wenn alle austreten, wird sich keiner mehr für unsere Anliegen einsetzen.“

Der Austausch muss weiter gehen

Der Weihbischof sagt im Anschluss an die Veranstaltung: „Ich fand diese Diskussion sehr anregend, auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren.“ Die Jugendlichen habe er als sehr interessiert, kreativ und nach­denklich wahrgenommen. Sie hätten viele Fragen gestellt und deutlich geäußert, was sie dächten. Eines steht für die Jugendlichen am Ende des Tages fest: Der Austausch muss weitergehen. Mit der Aussage des Weihbischofs, dass es wichtig sei, den Jugendlichen zuzuhören, geben sie sich nicht zufrieden. Nur zuhören und reden trieben die Wünsche und Forderungen der Jugendlichen nicht voran. Melanie Kutzera aus der Neutraub­linger Pfarrei St. Michael (Bistum Regensburg) hilft es zu wissen, dass es anderen ähnlich geht wie ihr und Zweifel manchmal dazugehören. Für die Theologie-Studentin ist der Tag sehr aufschlussreich gewesen und er hat ihr Freude bereitet. Auch wenn die Meinung des Weihbischofs sich nicht mit den Meinungen der Jugendlichen deckt, findet sie es gut, dass er seine Position den Jugendlichen erklärt hat. Die Jugendlichen bieten Weihbischof Wörner ihre Hilfe an. Sie seien er­reichbar und würden sich wünschen, dass mehr auf sie zugegangen werde, damit gemeinsam ein Konzept umge­setzt werden könne, wie es in Zukunft mit der Kirche weitergehe. Sie machen durch ihr Auftreten deutlich, dass ih­nen „ihre“ Kirche nicht egal ist und sie sich weiter für sie einsetzen möchten. Die Ergebnisse werden im Anschluss an Kardinal Marx übermittelt. Das Konzept des Jugendgipfels soll beibe­halten werden. (Pauline Erdmann, Volontärin beim Michaelsbund)