Katastrophenfall im Berchtesgadener Land

Unterkunft und Seelsorge: So hilft die Kirche

Starkregenfälle haben aus Bächen und Flüssen reißende Ströme gemacht. Menschen wurden evakuiert - die Kirche gewährte Obdach.

Im Berchtesgadener Land wurde am Wochenende der Katastrophenfall ausgerufen. (Archvibild) © mhp - stock.adobe.com

Berchtesgaden – Im Januar 2019 herrschte Schneechaos, im Oktober 2020 gab es verschärfte Corona-Maßnahmen wegen einer extrem gestiegenen Zahl an Infektionsfällen. An diesem Wochenende nun hat der Landkreis Berchtesgaden, mit dem Watzmann und dem Königssee eine der bekanntesten Urlaubsregionen in Oberbayern, den Katastrophenfall wegen massiver Regenfälle und Sturzfluten ausgerufen. "Unsere Verantwortlichen wie Landrat und Bürgermeister können einem leidtun, die sind nur noch im Krisenmodus", sagt der Pfarrer des Pfarrverbands Stiftsland Berchtesgaden, Thomas Frauenlob. Dazu kommen die Einsatzkräfte, die "aufopferungsvoll" rund um die Uhr arbeiten.

Notquartier in der Kirche

Auch die katholische Kirche versucht zu helfen und gewährte Evakuierten in der Nacht von Samstag auf Sonntag Obdach. "Wir haben glücklicherweise bisher keine nennenswerten Schäden an Gotteshäusern und dazugehörigen Gebäuden", so Frauenlob. Er habe sofort angeboten, bei Bedarf Leute aufzunehmen. Vor allem die Einwohner von Marktschellenberg hatte es heftig erwischt. Zehn Personen von dort wurden in einem Pfarrgebäude einquartiert, eine Familie mit drei Kindern, darunter ein Baby, nahm die Hausmeisterfamilie auf. Vor der Kirche sei - Gott sei Dank - der Schlamm an den Stufen hängengeblieben, so der Pfarrer, und nicht ins Innere gelaufen.

Am Sonntag war Frauenlob dann schon um sechs Uhr auf, um sich einen Lagebericht zu verschaffen. Danach schrieb er per E-Mail sein pastorales Team, die Pfarrgemeinderäte, Kirchenverwaltungen und Gruppen-Mitglieder an: "Wir haben eine katastrophale Nacht hinter uns. Es ist faktische Not bei vielen Menschen in unseren Gemeinden entstanden. Als Christen und Kirche sind wir gerade in solchen Situationen gefragt." Nicht nur ein Dach über dem Kopf hält die Kirche für Betroffene bereit, sondern auch das Angebot der seelsorgerlichen Krisenintervention. "Wir stehen jederzeit zur Verfügung", betont der Geistliche.

Naturgewalten zerstören Idylle

Die Sonntagsgottesdienste konnten in der Regel stattfinden. Nur in einer Kirche fiel die Messe aus. Nur noch zu Fuß wäre Sankt Johann Nepomuk erreichbar gewesen, weil sich auf der Straße vom Wasser angespültes Geröll und Schlamm abgelagert hatten. In Berchtesgaden wiederum sei an Stellen, "wo Du es nie vermuten würdest, kniehoch das Wasser gestanden", erzählt der Pfarrer. Aus kleinen Bächlein seien auf einmal reißende Fluten geworden, auch Seen bildeten sich.

Der berühmte Postkartenblick auf die Kirche Sankt Sebastian in der Ramsau, neben der gemächlich die Ache dahin fließt, hat im Moment nichts Romantisches mehr. Die Idylle ist verflogen, das Wasser kräftig angestiegen, wie Ortsansässige berichten. Ein weiteres Wahrzeichen der Gegend ist ein Opfer der Naturgewalten geworden: die legendäre Rodel- und Bobbahn am Königssee. Weltweit die erste ihrer Art galt sie bisher bei Profis als eine der technisch anspruchsvollsten.

Noch im Januar hatte der mehrmalige Rodel-Olympiasieger Felix Loch bei den Weltmeisterschaften auf seiner Hausbahn zweimal Silber geholt. Jetzt postete er ein Foto von der völlig zerstörten Anlage in den Sozialen Medien mit den Worten: "Es tut unendlich weh! My heart is broken! Hopefully everybody is ok and healthy!" (Mein Herz ist gebrochen! Hoffentlich sind alle okay und gesund!). Darunter ist das Emoji mit den betenden Händen zu sehen.

Große Solidarität

"Wir haben bewusst die Kirchen offen gelassen, weil es nicht wenige gibt, die dort ein Kerzerl aufstellen und beten wollen; sei es um Dank zu sagen oder um zu bitten", sagt Frauenlob. Wie es in der Gegend Brauch ist, haben auch viele zu Hause schwarze Wetterkerzen aus dem Marienwallfahrtsort Altötting angezündet. Jedenfalls hat der Pfarrer schon einige solcher Bilder auf sein Smartphone geschickt bekommen. "Die Solidarität ist groß", fügt er hinzu. "Man rückt zusammen und hilft sich gegenseitig." Die einen halten Bettzeug für Evakuierte bereit, andere sorgen fürs leibliche Wohl. So hat ein Metzger für die Helfer einen Riesentopf mit Würstln herbeigebracht. Auch Kadinal Reinhard Marx sprach Unterstützung und Beistand zu. (kna)