Neues Buch von Sant'Egidio Gründer

Über die Bedeutung des Gebets

Das Thema Beten führt bei gläubigen wie nichtgläubigen Menschen zu zahlreichen Fragen. Professor Andrea Riccardi, Gründer der christlichen Gemeinschaft Sant' Egidio, hat sich ihnen in seinem neuen Buch gestellt.

Gibt es richtiges oder falsches Beten? Das und mehr versucht Andrea Riccardi in seinem neuen Buch zu beantworten. © brain2hands - stock.adobe.com

Bei der digitalen Buchvorstellung von "Das Herz wiederfinden. Beten mit dem Wort Gottes" mit profilierten Gästen in der vergangenen Woche stand die existentielle Bedeutung des Gebets im Zentrum. "Wie wir beten können, ist eine Frage, die die Menschen in Corona-Zeiten noch mehr beschäftigt hat als sonst", berichtete der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, aus seiner Erfahrung. Wie Professor Riccardi in seinem Buch betonte er, dass Gott kein "Wunscherfüller" sei. Zugleich machte er deutlich: "Dass Gott mir Kraft gibt im Gebet, davon bin ich fest überzeugt." Auch, wenn man selbst nicht verstehe, was passiere, könne man zu Gott beten in dem Vertrauen, dass er da sei und nicht teilnahmslos zuschaue.

Biblischer Zugang

Besonders begeistert zeigte sich Landesbischof Bedford-Strohm über den biblischen Zugang des Autors, der schon im Untertitel "Beten mit dem Wort Gottes" aufscheint. Für den Protestanten ist dieser Ansatz Zeugnis einer wichtigen ökumenischen Bewegung, spielt in der evangelischen Kirche die Bibel doch von Beginn an die entscheidende Rolle.

Professor Riccardi unterstreicht die Bedeutung der Bibel in seinem Buch nicht nur durch wichtige theologische Grundsätze wie den des Zweiten Vatikanischen Konzils, dass die Heilige Schrift eine ebensolche Verehrung verdiene wie der Leib Christi. Der Italiener zitiert auch selbst laufend aus der Bibel, um gemeinsam mit den Lesern nach Antworten auf die großen Fragen des Gebets zu suchen. Ein Vorgehen, das Landesbischof Bedford-Strohm gut nachvollziehen kann: "Wenn wir keine Worte mehr haben: Die Bibel kann uns immer Worte leihen. Wir leihen uns die Worte, wenn wir nur noch stammeln können".

Ökumenische Geschwisterlichkeit

Annette Schavan, die besonders seit ihrer Zeit als Vatikan-Botschafterin eine Freundschaft mit der Gemeinschaft Sant'Egidio verbindet, unterstrich ebenfalls die ökumenische Ausrichtung. Das Buch ist für sie ein "inspirierender Impuls für geistliche Erneuerung in ökumenischer Geschwisterlichkeit". Zu einer Erneuerung gehört auch die praktische Dimension, die sie als den "Markenkern von Sant'Egidio" beschrieb: "Ich kann nicht die Bibel lesen und dann den Armen übersehen. Ich kann nicht die Bibel lesen und dann die Welt so lassen wollen, wie sie ist."

In diesem Geist entstand die Gemeinschaft 1968 in Rom. Riccardi traf sich mit Mitschülern, um das Evangelium zu lesen und danach zu leben. Pfarrer Matthias Leineweber, Gründungsmitglied von Sant'Egidio Deutschland und Geistlicher Begleiter der Gemeinschaft, erzählte, dass beim ersten Treffen die Frage im Mittelpunkt stand, wie die Jugendlichen ihre Stadt verändern könnten. Dabei sei ihnen klar geworden, dass sie von ihren eigenen Herzen ausgehen müssten.

Auf unser Herz schauen

Heute ist Sant'Egidio in mehr als siebzig Ländern verbreitet und hat sich besonders den Einsatz für Menschen am Rand der Gesellschaft und für den Frieden auf die Fahnen geschrieben. Zu den großen Aktionen zählt etwa das "Weihnachtsmahl", bei dem bedürftige und obdachlose Menschen zu einem feierlichen Essen eingeladen werden.

Pfarrer Leineweber erkennt in "Das Herz wiederfinden" die Bezüge zu den Anfängen der Bewegung. "Dass dieses Buch gerade in dieser Zeit der Pandemie erscheint, ist für mich auch eine Botschaft, die Riccardi uns mit auf den Weg gibt: Die Lösung in der Pandemie ist vor allen Dingen, dass wir auf unser Herz schauen", folgerte der Geistliche. Eine besondere Beziehung zum Thema hatte auch der vierte Gast der Buchpräsentation, der Erzabt des Klosters St. Ottilien, Wolfgang Öxler. Der Benediktiner verglich Beten damit, eine Fremdsprache zu lernen. Wie die Vorfreude auf eine Reise in ein anderes Land dazu motivieren könne, brauche es auch Begeisterung und Sehnsucht danach, mit Gott ins Gespräch zu kommen. (Theresia Kamp, freie MK-Mitarbeiterin).

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