Gebete

Stundengebet: Den Herrn allezeit preisen

Das Stundengebet ist fester Bestandteil der katholischen Welt. Schwester Clara Luger von der Abtei Venio erklärt, wie es im Alltag Kraft geben kann.

In den ersten Jahrhunderten der Kirche war eine tägliche Gebetsordnung eine Pflicht der Gemeinden und der einzelnen Gläubigen. © imago images/UIG

"Ich will den HERRN allezeit preisen; immer sei sein Lob in meinem Mund“, heißt es in Psalm 34,2. Dem Tag eine Ordnung und Struktur geben, sich immer wieder rückgebunden wissen dürfen an Gott, der uns geschaffen hat. Ihn über den Sorgen des Tages nicht zu vergessen und auch nicht zu vergessen, dass vieles – weder meine Arbeit noch ich – so wichtig, so bedrängend ist, wie ich es erlebe, dazu hilft mir das Stundengebet. Besonders mache ich diese Erfahrung, wenn ich mich mittags einfach aus der Hektik des Tages ausklinken darf. Aber auch abends ist dieses Erleben oft da, wenn ich die Sorgen, Erlebnisse und Eindrücke des Tages in die Vesper mitbringe und mich mit alldem vor Gott stellen darf.

Beten der Psalmen in fester Ordnung

Trotzdem geht es beim Gotteslob im Stundengebet aber nicht um mein gerade vorherrschendes Fühlen oder meine Wellness, sondern um Gottes Lob. Zu diesem Blick verhelfen mir die Psalmen, die in einer festen Ordnung gebetet werden. Sie enthalten die ganze Spannweite menschlicher Empfindungen und Gefühle. Manchmal kann ich innerlich genau an einen Vers andocken, manchmal überhaupt nicht, aber gerade dann kann es spannend werden, dem nachzulauschen, was die Worte in mir auslösen.

Beim Beten des Stundengebets muss ich nicht erst suchen, was ich beten kann, wie ich feiern kann, nein, ich darf mich hineinstellen in den Strom der Beterinnen und Beter auf der ganzen Welt. Mich entlastet das ungemein, dieses Sichaufgehoben-Wissen in einer überörtlichen und überzeitlichen Gemeinschaft. 

Das Stundengebet


Der Gedanke des immerwährenden Gebets wird im Alten und Neuen Testament vielfach benannt (zum Beispiel in Ps 25,15; Lk 18,1; Eph 6,18). In den ersten Jahrhunderten der Kirche war eine tägliche Gebetsordnung eine Pflicht der Gemeinden und der einzelnen Gläubigen. Der Pflicht wurde genügt, wenn die Eckpunkte des Tages (Morgen und Abend sowie Mittag und jeweils dazwischen um die dritte und neunte Stunde nach der antiken Zählung) als Anlass zum Hören auf Gottes Wort und zur Antwort des Gebets angesetzt wurden. Daraus hat sich dann mit einem Gebet des Wartens hin zum Morgen bis zum 6. Jahrhundert nach Christus das bekannte Schema des Stundengebets entwickelt. Ein Gebet zur ersten Tagesstunde und direkt vor der Nachtruhe kamen noch hinzu (Vigil, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper, Komplet). 

Mit Beginn des Frühmittelalters standen Struktur und Elemente des Stundengebets im Wesentlichen fest, allerdings hatte hier schon die Entwicklung eingesetzt, die die Tagzeitenliturgie zum Standeskennzeichen von Priestern und geistlichen Gemeinschaften werden ließ. Trotz Veränderungen und Reformen im Laufe der Jahrhunderte wird das Stundengebet auch heute vor allem mit Priestern und Ordensleuten in Verbindung gebracht, obwohl es selbst oder davon inspirierte Gebetsformen für jede und jeden Christen wertvoll für das persönliche Gebetsleben sind oder werden könnten. (cl)

Gemeinschaft: Ja, das Stundengebet ist als Gemeinschaftsgebet angelegt und es tut gut, Gebetsgemeinschaft zu erleben. Aber vielleicht finden sich in Ihrer Pfarrei, in Ihrem Lebensumfeld ja Gleichgesinnte. Hier kann auch ohne Priester gedacht werden, ja auch über den Raum der römisch-katholischen Kirche hinaus. Das Stundengebet, das im Kern aus Psalmen, Lobliedern, Schriftlesungen, Vaterunser und Segen besteht, ist ökumenisch. Unsere Gemeinschaft nahm zum Beispiel ihren Anfang aus einer immer mehr und intensiver zusammenwachsenden Gruppe berufstätiger Frauen, die sich zum regelmäßigen Stundengebet getroffen haben. Oder denken Sie an die ökumenische Gemeinschaft von Taizé.

Beten alltagstauglich planen

Ich möchte Sie ermutigen, das Stundengebet auszuprobieren, wenn Sie (wieder) nach einer Ihnen entsprechenden Form des Gebets suchen. Planen Sie alltagstauglich, ohne Druck im Hinblick auf den Umfang oder die Form. Beginnen Sie beispielsweise mit nur einem der Psalmen, nutzen Sie Ihnen bekannte Lieder statt der vorgesehenen Hymnen oder beten Sie an vielleicht für Sie zunächst ungewohnten Orten. Es ist hilfreich, sich selbst eine gewisse Regelmäßigkeit und Routine, etwa denselben Ort oder dieselbe Zeit, aufzuerlegen, um nicht jedes Mal neu gegen all die anderen Punkte auf der inneren To-do-Liste kämpfen zu müssen und auch um sich die Gebetsform zu erschließen. Mit dem Beten morgens in der Straßenbahn auf dem Weg in die Arbeit habe ich zum Beispiel früher gute Erfahrungen gemacht, mein Blick auf den beginnenden Tag war ein anderer. Habe ich diese Zeit einmal nicht gehabt oder anders genutzt, dann fehlte etwas...(Schwester Clara Luger)