Zigarettenautomat in neuer Funktion

"Stummer Joseph" lockt in die Kirche

Schon seit zwei Jahren bietet ein ausgedienter Zigarettenautomat in München St. Joseph kleine Gaben. Gerade Menschen, die sonst nicht in die Kirche gehen, finden dadurch einen Zugang zum Glauben.

Schon seit zwei Jahren bietet ein ausgedienter Zigarettenautomat in St. Joseph kleine Gaben. © SMB/Reiling

München – Die genauen Gaben, die die Besucher beim "Stummen Joseph" erwerben können, wollen die Organisatoren nicht verraten. Wichtig ist ihnen aber, dass die Menschen etwas zum Anfassen und Nachdenken haben. Inspiriert wurde Felix Maier, als er bei einem Besuch in Lübeck einen Automaten sah, der Kunst zum Mitnehmen anbot. So etwas wollte er in seiner Gemeinde St. Joseph in München auch anbieten, aber eben mit spirituellem Inhalt. Mit dem umfunktionierten Zigarettenautomaten soll keine bestimmte Ziel- oder Altersgruppe angesprochen werden, aber: „Es kommen bestimmt viele Menschen zum Stummen Joseph, die ohne Erwartungen in die Kirche gehen und kaum einen Bezug zu ihr haben“, meint Maier. Der Stumme Joseph ist ein ehrenamtliches Projekt, die Einnahmen werden in neues Material investiert. Für die Herstellung und Bedruckung der Schachteln kommt die Pfarrei auf.

Wie ein Diener

„Der Stumme Joseph ist wie ein stummer Diener, der wartet, bis er gebraucht wird. So wie der Josef aus der Bibel, der auch eine stumme, aber wichtige Rolle spielt“, sagt Maier. Zur Weihnachtszeit gab es ein besonderes Angebot: Da kaum große Weihnachtsgottesdienste stattfinden konnten, bot der Stumme Joseph eine besondere Gabe. Hausgottesdienste konnten gefeiert werden, der Pfarrer sprach einen Weihnachtsgruß und der Kirchenmusiker sang auf Band.

Susanne Bauer, Pastoralreferentin in St. Ludwig, ist seit dem Lockdown für die Befüllung des Automaten zuständig. Gerade in der Adventszeit hat sie beobachtet, dass der Stumme Joseph häufiger genutzt wird. Sie kümmert sich besonders intensiv um die kleinen Texte, die stets beigelegt sind, und freut sich, wenn Ehrenamtliche sie auf neue Ideen bringen. „Das, was Menschen in der Kneipe suchen, Austausch und Abschalten vom Alltag, verbinden sie nicht mit der Kirche. In der Kirche geht es nicht nur um Liturgie, sondern auch darum, dass ich persönlich mir etwas daraus abholen kann, was meiner Seele guttut. Dafür steht der Stumme Joseph mehr als ein klassischer Gottesdienst.“ Deshalb müsse die Kirche auch an andere Orte gehen, um Menschen zu erreichen.

Viele Rückmeldungen

Das Feedback erlebt Bauer als durchweg positiv. So habe ihr ein Künstler geschrieben, der dann ein Engelbild für den Stummen Joseph beigesteuert hat. Auch in Foren zeigen sich die Leute begeistert. Viele glauben gar nicht, dass die Kirche wirklich einen Zigarettenautomaten hat und mit guten Gaben bestückt. So zieht er Tag für Tag neugierige Menschen an. (Maximilian Lemli, Volontär)

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