Internationale Bräuche

So wird Weihnachten in aller Welt gefeiert

Andere Länder, andere Sitten – das gilt auch an Weihnachten. Aber wie wird eigentlich Weihnachten in der Ukraine, Australien oder Ecuador gefeiert? Persönliche Erfahrungsberichte geben einen Einblick.

Weltweit gibt es die unterschiedlichsten Weihnachtsbräuche. © Song_about_summer - stock.adobe.com

England: Weihnachtspullover-Tag

Seit sechs Jahren lebe ich in England und an manch eine englische Tradition musste ich mich hier erst gewöhnen. Zum Beispiel die Weihnachtspullover. Egal, wie alt man ist, in der Weihnachtszeit trägt man Pullis, die Rentiere, Tannenbäume und Weihnachtsmänner zeigen. Schief angeschaut wird damit niemand. Im Gegenteil. Es gibt sogar einen „Christmas Jumper Day“: An dem Tag werden Spenden für Not leidende Kinder gesammelt und passend dazu zeigen die Engländer mit den bunten Pullovern ihre verrückte Seite. Auch ich habe mir inzwischen zwei „Christmas-Pullover“ zugelegt. Ein bisschen wie zu Hause fühle ich mich, wenn ich hier die Weihnachtsmärkte besuche. Die Engländer lieben die Art, wie in Deutschland Weihnachten gefeiert wird. Deshalb gibt es hier die klassische Bratwurst; Glühwein und auch Lebkuchen dürfen natürlich nicht fehlen. Statt wie bei uns am Heiligen Abend, gibt es bei den Engländern erst am Vormittag des ersten Weihnachtsfeiertags Geschenke. Früher hat man in England am zweiten Weihnachtsfeiertag die Almosendosen in der Kirche geöffnet und Geld an Bedürftige verteilt. Ebenso konnten sich die Lehrlinge ihren Weihnachtsbonus abholen. Bis heute ist es in England deshalb Brauch, (beispielsweise dem Postboten) Trinkgeld zu geben. Der Tag nennt sich deshalb „Boxing Day“, also „Geschenkschachtel-Tag“. (Anna Apel)

Ungarn: Bonbons zum Anschauen

Auch in Ungarn feiern wir Weihnachten mit der Familie, einem Christbaum und Weihnachtsliedern. Im Gegensatz zu Deutschland sind Plätzchen aber eher unbekannt. Stattdessen essen die Ungarn „beigli“, aufgerolltes Hefegebäck mit Nuss- oder Mohnfüllung. Eine echte ungarische Besonderheit sind zudem die sogenannten „szaloncukor“. Dabei handelt es sich um Bonbons aus Fruchtgelee, die mit Schokolade überzogen und dann in buntes, vorzugsweise rotes, Papier gewickelt werden. Sie dienen in erster Linie als Christbaumschmuck und es ist verpönt, die „szaloncukor“ zum Verzehr vom Baum zu pflücken! Stattdessen dreht man die Hülle am unteren Ende auf, nimmt das Bonbon vorsichtig heraus und dreht das Papier wieder zu, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen. (Ursula Klein)

 

Italien: Geschenke von der Hexe

Italiener mögen auch an Weihnachten ihre übliche Portion Kitsch. Gern erinnere ich mich an den Christbaum meiner Kindheit: natürlich aus Kunststoff, mit silbernen Nadeln und blau-pink blinkender Lichterkette. Wie oft bin ich nachts daran vorbeigeschlichen, um in seinem geheimnisvollen Licht zu schauen, ob „Gesù Bambino“ schon da war, das Christkind. Denn in Italien beginnen die Feierlichkeiten erst in der Heiligen Nacht. Groß und Klein gehen in die Mitternachtsmette und sitzen danach noch beisammen. Am Weihnachtstag wird dann groß aufgetischt: in meiner Familie meist Fasan, Panettone und Spumante, süßer Sekt. Und es gibt andauernd Geschenke: Am 13. Dezember bringt Santa Lucia Leckereien, nach neuerer Tradition liegen die Gaben von Gesù Bambino am Weihnachtsmorgen neben der Krippe, und in der Nacht auf den Dreikönigstag füllt die „Befana“ die Stiefel, eine gütige Hexe, die ursprünglich die Geschenke brachte. Aber Vorsicht: Wer nicht brav war, bekommt von ihr Kohle (aus Zucker) – und manchmal „Befana“ auch nach Weihnachten als Schimpfwort hinterhergerufen. (Karin Basso-Ricci)

Ecuador: Alle mit Weihnachtsmützen

Hier in Ecuador sind die Schwerpunkte der Weihnachtsfeierlichkeiten anders gesetzt als in Deutschland. Beispielsweise sind die letzten neun Tage vor Weihnachten, die sogenannten „novenas“ sehr besonders, da in dieser Zeit jeden Tag ein Teil der Weihnachtsgeschichte erzählt, mit einer Andacht gefeiert und so auf Weihnachten vorbereitet wird. Auch ist der Advent leider nicht ganz so die „staade Zeit“. Wahrscheinlich liegt es am Wetter, das hier gleich bleibt und nicht durch die Kälte alles verlangsamt, denn weiterhin herrscht Trubel. Schon weit vor dem ersten Advent wird der Christbaum aufgestellt und sogar vor der Kirche die komplette Krippe aufgebaut. Diese Bäume sind komischerweise Imitate der Christbäume wie ich sie kenne: kleine Plastiktannen, manchmal mit „Schnee“ bestäubt. Das finde ich etwas seltsam, da man auch einfach Palmen schmücken könnte. Aber Tanne und Schnee sind wohl eine Art Ideal. Von den Weihnachtsfeiertagen selbst ist der 25. Dezember am wichtigsten, denn an diesem wird mit der ganzen Familie, allesamt mit Weihnachtsmützen, gefeiert. Also etwa wie in Deutschland: Weihnachten ist ein Fest der Familie und Freunde, an dem viel Wert auf Beisammensein gelegt wird. (Hannah Hintermaier)

 

Australien: Frischer Fisch vom Grill

Weihnachten bedeutet für mich, seit ich vor über zehn Jahren nach Australien ausgewandert bin, im Großen und Ganzen nicht viel anderes, als in der alten Heimat München. Ich freue mich, viel Zeit mit Freunden und Bekannten, meiner Freundin Holly und ihrer Familie zu verbringen, was im Alltag zeitbedingt leider oft etwas zu kurz kommt. Und natürlich freuen wir uns alle darauf, für mehrere Tage köstliches Essen zuzubereiten und gemeinsam zu verspeisen. Allerdings kommen hier natürlich ganz andere Sachen auf den Tisch, beziehungsweise auf den Grill, bei den traditionellen „Christmas-Barbecues“: frischer Fisch und Meeresfrüchte, dazu Salate und viel frisches Obst, was wohl kaum jemanden verwundern dürfte, der schon einmal im Hochsommer gebratene Gans oder bergeweise Käse verdauen musste. Denn hier auf der Südhalbkugel haben wir eben gerade jetzt die längsten Tage des Jahres, und es wird häufig auch ordentlich heiß, nicht selten über 30°C. Da war es für mich anfänglich schon etwas schwer, in weihnachtliche Stimmung zu kommen. Inzwischen liebe ich es aber, die Feiertage inklusive Silvester größtenteils im Freien verbringen zu können. Worauf ich mich in den vergangenen Jahren auch zunehmend freue, ist am zweiten Weihnachtsfeiertag den sogenannten „Boxing Day Test“ im Fernsehen zu verfolgen, ein jährliches Ereignis, bei dem das australische Cricketteam gegen eine andere Spitzenmannschaft spielt. Ich denke, es wäre auch in Deutschland nicht unpopulär, wenn man jedes Jahr am 26. Dezember ein Fußballländerspiel gegen Brasilien oder Italien schauen könnte. (Andreas Klein)

Ukraine: Nachtisch für Glück und Erfolg

Weihnachten in der Ukraine wird nach dem julianischen Kalender gefeiert. Zu Sowjet-Zeiten waren alle christlichen Bräuche verboten und in Vergessenheit geraten. Die Familien feierten dieses Fest im Untergrund, somit war es an uns – der Diaspora – alte weihnachtliche Traditionen zu pflegen. Jede Region hat ihre Bräuche, zu viel um diese in ein paar Zeilen zu beschreiben. Weihnachten ist für mich ein Zusammenkommen mit der Familie und das Gedenken an verstorbene Familienmitglieder (für die wird am Tisch ein extra Teller mitgedeckt). Ein „Diduch“ (Weizengarbe) wird in die Ecke gestellt, dieser symbolisiert Gemütlichkeit und Wärme im Haus. Am 6. Januar – unser Heiliger Abend – werden zwölf fleischlose Gerichte vorbereitet – diese Zahl erinnert an die Zwölf Apostel. Das wichtigste Gericht ist die süße Speise „Kutja“: gekochter Weizen, zerkleinerte Walnüsse, Mohn, Rosinen, Honig – „Kutja“ soll Hoffnung und Unsterblichkeit, Erfolg, Glück und Ruhe bringen. Wenn das Abendessen vorbei und der Tisch abgedeckt ist, bleibt immer eine Schüssel mit „Kutja“ stehen. Um diese herum wird für jede Seele eines verstorbenen Familienmitglieds, die am Heiligen Abend die Familie besucht und am Weihnachtsabendessen teilnimmt, ein Löffel bereitgelegt. Nach dem Gottesdienst am ersten Weihnachtstag ziehen bei uns auch die Kolyadnyky-Sternsinger von Haus zu Haus und singen Weihnachtslieder. Hier nehmen wir mit unserem ukrainischen Jugend- und Frauenverband teil und tragen Weihnachtslieder für einen guten Zweck vor. Bis zu Lichtmess werden Weihnachtslieder gesungen – für mich eine der schönsten und besinnlichste Momente im Jahr. „Christos rodyvsja – Slavimo joho!“ – Christus ist geboren! – Lasst uns Ihn verherrlichen! (Nadia Halaburda)

 

Spanien: Bombastische Umzüge
Seit mehreren Jahren lebe ich in Spanien und um die Weihnachtszeit fällt mir immer wieder auf, dass die meist sehr kälteempfindlichen Spanier weiße Weihnachten und die deutschen Weihnachtsmärkte als den Inbegriff von weihnachtlichem Flair empfinden. Viele Weihnachtsbräuche unterscheiden sich kaum: Auch in Spanien sind Krippen sowie geschmückte Christbäume üblich. Ebenso gibt es ein umfangreiches Repertoire an Weihnachtsliedern, die sogenannten „Villancicos“ – fröhlicher und flotter als die deutschen. Anders ist zum Beispiel die Bedeutung von Advent und Dreikönig. Die Adventszeit, Adventskränze oder -kalender haben in Spanien keine Tradition. Das finde ich schade. Dreikönig hingegen ist historisch betrachtet – zumindest was den Austausch von Geschenken anbelangt – das wichtigere Datum als der Heilige Abend. Mittlerweile hat man sich an internationale Gepflogenheiten angepasst, so gibt es auch am 24. Dezember schon Präsente. Aber vor allem für die Kinder bleibt Dreikönig (Reyes) mit den bombastischen Umzügen der „tres reyes magos“ (Drei Könige) das Weihnachts-Highlight. Von ihren fantasievoll geschmückten Wagen aus beschenken die Könige die wartenden Kleinen mit Süßigkeiten wie „Turron“ (eine Nougat-ähnliche Mandelmasse mit Honig, Zucker und Eiweiß) oder „Polvorones“ (krümeliges Gebäck aus Mehl, Zucker, Milch, Mandeln oder Nüssen und Schweineschmalz). (Margit Steiner)

Dieser Beitrag wurde zum ersten Mal am 22.12.2016 veröffentlicht.

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Advent & Weihnachten