Der 31. Dezember 2022 ist ein warmer, fast frühlingshafter Tag. Die Sonne scheint am föhnblauen Himmel, die Vögel in den Anlagen singen, die Menschen sind an diesem Samstag damit beschäftigt, ihre letzten Einkäufe für die abendliche Silvesterparty zu erledigen, als um kurz vor 11 Uhr die Eilmeldungen über die Nachrichten-Apps auf den Smartphones eintreffen: „Papst Benedikt XVI. ist tot“, „Benedikt XVI., emeritierter Papst, 16.4.1927 – 31.12.2022“. Wenig später beginnen in der Münchner Innenstadt die Kirchenglocken zu läuten, eine volle Viertelstunde.
Gebet im Münchner Liebfrauendom
Im Münchner Liebfrauendom findet bereits um 12 Uhr ein öffentliches Totengebet statt. „Wir haben uns hier im Dom Zu unserer Lieben Frau in München versammelt im Gedenken und im Gebet für unseren verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI.. Gott hat ihn zu sich gerufen. Für ihn geht der Glaube über in das Schauen der Gegenwart Gottes und die Hoffnung, die sein Leben getragen hat, findet ihre endgültige Erfüllung. Er betritt die ewige Wohnung, die Christus uns bei Gott, unserem Vater, bereitet hat“, begrüßt der Zelebrant, Dompfarrer Monsignore Klaus Peter Franzl, die hinzukommenden Menschen, Generalvikar Christoph Klingan und Monsignore Wolfgang Huber haben im Chorgestühl Platz genommen. Es bietet sich eine anrührendes Bild: Die Christbäume sind erleuchtet, vor dem Ambo hat man ein Bild des Verstorbenen mit Trauerflor und Kerze aufgestellt, zur Rechten der Altarstufen steht die Krippe mit dem Christuskind. Alle fünf Strophen der Nummer 815 im Gotteslob werden zu Beginn gesungen: „Lasst uns den Herrn erheben und vor sein Antlitz ziehn, denn Christus ist das Leben und Sterben nur Gewinn!“, stimmt Domkapellmeisterin Lucia Hilz an. Die knapp einstündige Feier ist sehr stimmungsvoll und würdig. Nach dem Gebet steht der Dom offen zum persönlichen Gebet und Gedenken, ein Kondolenzbuch liegt auf.
Kardinal Marx über Benedikt XVI.: "Ein väterlicher Freund"
Wenig später, um 14 Uhr, würdigt Kardinal Reinhard Marx den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. bei einem Pressetermin im Innenhof des Palais Holnstein, seinem Amts- und Wohnsitz, wo auch Benedikt XVI., damals noch Kardinal Joseph Ratzinger, fünf Jahre lang in seiner Zeit als Münchner Erzbischof gelebt hat.
Natürlich sei er traurig, so der Kardinal, aber „zugleich voller Hoffnung und Dankbarkeit.“ Benedikt XVI. habe die Kirche lange und nachhaltig geprägt, seine Bedeutung gehe weit über die des Erzbistums hinaus. Er selbst, so Marx, habe mit ihm in regelmäßigem und guten Kontakt gestanden, bis zuletzt habe Benedikt XVI. ein lebendiges Interesse am Geschehen im Erzbistum gezeigt. Zuletzt habe Marx ihn persönlich im September sprechen können. „Diese Begegnungen waren für mich immer wie ein Fest“, so Marx. Für ihn sei Benedikt XVI. „ein väterlicher Freund“ gewesen, „auch wenn wir nicht immer in allen Punkten gleicher Meinung waren.“ Aus seinen zahlreichen Gesprächen mit ihm könne er einmal „ein Anekdotenbuch machen, dafür ist es jetzt aber noch zu früh.“