Vor 125 Jahren starb der "Wasserdoktor"

Sebastian Kneipp – der Priester, der Vieh und den Papst behandelte

Längst zählt das Kneippen zum immateriellen Kulturerbe Deutschlands. Benannt ist dieses Wasserheilverfahren nach einem katholischen Priester aus Bayern. Sein riesiger Erfolg war dem Mann nicht gerade in die Wiege gelegt.

Sebastian Kneipp starb am 17. Juni 1897 im Alter von 76 Jahren. © IMAGO/Design Pics

Bad Wörishofen – Von "einer aufregenden Frische" sind die Ideen Sebastian Kneipps auch heute noch. Das jedenfalls schreibt Christian Feldmann in seiner Biografie "Sebastian Kneipp - Der fünfzehnte Nothelfer". Feldmann meint: "Sein Bemühen, den ganzen Menschen mit Leib und Seele in den Blick zu bekommen, die falsche Lebensweise zu verändern und nicht nur an Symptomen herumzukurieren, trifft sich mit der modernen Kritik an der Apparatemedizin." So sehr wirke Kneipps Einsatz für die ganzheitliche Gesundheitspflege bis heute nach, dass er es verdient habe, als 15. Nothelfer gezählt zu werden.

Zur Erklärung: Die 14 Nothelfer sind 14 Heilige und für Katholiken eine Art "himmlisches Versicherungspaket". Sie werden als Schutzpatrone angerufen gegen Leid in allerlei Lebenslagen. Schwer hatte es anfangs auch Kneipp selbst.

Zur Welt kam er am 17. Mai 1821 in Stephansried bei Ottobeuren im Unterallgäu. Er wurde in eine arme Weberfamilie geboren und musste schon als Kind viel arbeiten. So gelangte er erst über Umwege und spät, in seinen Zwanzigern, ans Gymnasium und zum Theologiestudium in Dillingen an der Donau und München.

An Tuberkulose erkrankt

Die Ärzte sollen ihn zu dieser Zeit schon aufgegeben haben - Tuberkulose. Doch dann fiel Kneipp ein Buch in die Hände, das ihn gerettet und sein weiteres Leben bestimmt haben soll: "Unterricht von Krafft und Würckung des frischen Wassers in die Leiber der Menschen" von Johann Siegemund Hahn (1696-1773). Kneipp testete dessen Kalte-Bäder-Therapie erfolgreich an sich selbst, verfeinerte sie und wandte sie dann auch an anderen an. Er erhielt umso mehr Zulauf, nachdem er 1852 zum katholischen Priester geweiht worden war.

Das rief Neider auf den Plan: Ärzte und Apotheker schimpften ihn einen Quacksalber, später gab es gar Brandstiftungen an seinen Wirkungsorten. Des "Wasserdoktors" Karriere tat das keinen Abbruch. 1855 kam der Geistliche nach Wörishofen, einem Flecken nahe seinem Heimatdorf. Dort wurde er Beichtvater der Dominikanerinnen (und später Pfarrer) und entwickelte die Hydrotherapie zu einer ganzheitlichen Naturheilkunde mit fünf Wirkprinzipien weiter.

Zur Heilkraft des Wassers kamen Heilpflanzenanwendungen, gesunde Ernährung, Bewegung und Ordnung - also Ausgeglichenheit der Seele - hinzu. Kneipps Credo in Anbetracht des Fortschritts klingt noch immer aktuell: "Nicht etwa, dass die Errungenschaften unserer Zeit wieder geopfert werden müssten, aber es muss ein Ausgleich gefunden werden, um die überanstrengten Nerven zu stärken, ihre Kraft zu erhalten."

Prävention erstes Ziel

Als erstes Ziel von Wassergüssen oder Kräutergaben erkor Kneipp die Prävention. Aber auch Schmerzlinderung und Heilung versprach er durch sein Konzept, was heute zumindest teilweise als erwiesen gilt. Seinen Ansatz wandte der als Tierfreund bekannte Kneipp auch bei krankem Vieh an - und ebenso an prominenten Patienten wie Papst Leo XIII.

In Wörishofen löste Kneipps Wirken einen Massenansturm aus. Das Dorf bekam einen Bahnanschluss und gedieh zu einem Kurstädtchen. Dessen Ausbau förderte Kneipp mit der Stiftung mehrerer Sozialeinrichtungen aus seinen beträchtlichen Einnahmen, etwa aus Verkäufen seiner Bücher. Sowohl Kneipp als auch der Ort ernteten in der Folge Ehrungen: Der Geistliche erhielt die Titel Päpstlicher Geheimkämmerer und Komtur des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, Wörishofen den Beinamen Bad. Ebendort starb Kneipp schließlich am 17. Juni 1897 im Alter von 76 Jahren.

Festakt für Kneipp

Sein Name sichert der "Gesundheitsstadt", wie Wörishofen heute für sich wirbt, nach wie vor das Auskommen. Einer Studie von 2015 zufolge basieren über 2.000 von geschätzt 5.000 Primäreinkommen auf dem Tourismus. Dafür kann man schon mal Danke sagen. Und so plant Bad Wörishofen für den 17. Juni einen Festakt zu Ehren Kneipps. Am 19. Juni soll es zudem einen Gedenkgottesdienst mit Nikola Eterovic, dem Papst-Botschafter in Deutschland, in Kneipps einstiger Pfarrkirche Sankt Justina geben.

Dort hatte vergangenes Jahr schon der Augsburger Bischof Bertram Meier Kneipp zum 200. Geburtstag gewürdigt. Kneipp habe verstanden, dass es mehr brauche als nur medizinische Heilmethoden, das sei "aktueller denn je". Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) schloss sich dem an. Der frühere Präsident des Kneipp-Bundes verkündete, bei der Behandlung von Corona-Langzeitfolgen auch Naturheilverfahren wie die Kneipp-Therapie in den Blick zu nehmen. Aktuell fördert der Freistaat dazu ein Projekt der Klinik für Integrative Medizin und Naturheilkunde der Sozialstiftung Bamberg. Erste Ergebnisse soll's Ende des Jahres geben. (Christopher Beschnitt/kna)