Kinder mit Handicap

Schulbegleiter erkämpfen Homeschooling

Normalerweise dürfen Schulbegleiter Kinder nur im Klassenzimmer betreuen. Die Malteser konnten im Lockdown eine Lockerung dieser Regelung durchsetzen.

© IMAGO / Sebastian Willnow

München - Benjamin Wellinger geht es in diesen Sommerferien nicht anders als vielen Schülern, Eltern und Lehrern. Einfach ein paar Wochen nur durchatmen lautet auch beim Malteser Schulbegleitdienst die Devise, für den Wellinger als stellvertretender Leiter und psychologischer Berater arbeitet. Rund 140 Malteser Schulbegleiter, die sich um Kinder mit Handicap an Regelschulen kümmern, gibt es im Bezirk München. Die habe man in den vergangenen eineinhalb Jahren völlig neu organisieren müssen, erklärt Wellinger. Die größte Hürde dabei sei der erste Lockdown gewesen. „Ein Beschulen der Kinder zuhause war eigentlich strikt verboten“ erinnert sich Wellinger. Nun aber waren die Schulen geschlossen und auch Kinder mit Handicap mussten ins Homeschooling wechseln. Eltern, die noch in Präsenz arbeiten durften, hätten sich verzweifelt gemeldet, dass sie zuhause keine Betreuung für ihr Kind hätten.

Risiko wird belohnt

In der Not treffen die Leitung des Schulbegleitdienstes und die Geschäftsführung der Malteser eine riskante Entscheidung: man habe den Mitarbeitern einfach von heute auf morgen angeboten, zu den Schülern nach Hause zu gehen und sie dort im privaten Umfeld zu begleiten, „weil wir wussten, das wird für die betroffenen Familien eine Reduzierung von Stress mit sich bringen“. Der gelernte Psychologe hat Glück. Den Maltesern gelingt es, die kommunalen Kostenträger für ihr Homeschooling-Konzept zu gewinnen. Nach „vielen Kämpfen an vorderster Front“ habe man der Stadt München und der Regierung von Oberbayern eine Übergangsfinanzierung abringen können.

Lernrückstände verhindert

Nicht nur Schulbegleiterin Brigitte Heberle fällt ein Stein vom Herzen, als sie erfährt, dass sie ihren Schüler zuhause unterstützen darf. Auch die Klassenleiterin des Kindes atmet auf. Denn beide wissen, dass der Junge mit digitalem Unterricht überfordert wäre. Und so fährt Brigitte Heberle einmal die Woche in die Schule, um die ausgedruckten Wochenarbeitspläne abzuholen, die letzten Endes dafür gesorgt haben, dass ihr Schüler im Lockdown beim Lehrstoff nicht in Rückstand gerät. „Es war eine große Hilfe, wenn man zuhause mit Papier arbeiten konnte“. Die rüstige Seniorin hat aber auch die Schattenseiten der Pandemie für die Schulkinder hautnah miterlebt. Gerade bei den Grundschülern habe die Auffassung, was Schule ist, erheblich gelitten. Im Präsenzunterricht herrsche Unruhe, von einer echten Klassengemeinschaft könne keine Rede mehr sein, betont Heberle. Deswegen wünscht sie sich für das neue Schuljahr dasselbe wie alle Eltern: bloß kein neuer Lockdown, „wenn es möglich ist“.

Podcast-Tipp

Malteser Momente

Die Angebote der Malteser sind vielfältig. Jeden Monat steht im Münchner Kirchenradio ein anderes Engagement im Fokus. Dabei kommen nicht nur die Mitarbeiter selbst zu Wort, sondern auch die Menschen, die davon profitieren.

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Der Autor
Paul Hasel
Radio-Redaktion
p.hasel@michaelsbund.de