Katholisches Osteuropa-Hilfswerk

Renovabis wird 30 Jahre alt

Renovabis ist der Junior unter den sechs weltkirchlichen Hilfswerken in Deutschland. Aber mit dem 30. Geburtstag ist auch die verlängerte Jugendphase vorbei. Als Scharnier zwischen Ost und West wächst seine Bedeutung.

Thomas Schwartz ist Hauptgeschäftsführer von Renovabis. © KNA

Freising – Frisch renoviert sieht es bei Renovabis aus. Im Zuge der großangelegten Umbauarbeiten auf dem Freisinger Domberg hat das Hilfswerk sein neues Domizil im Marstallgebäude erhalten. Wer die Erneuerung im lateinischen Namen trägt, dem steht das gut an. Der seit knapp anderthalb Jahren amtierende, nicht mehr ganz so neue Hauptgeschäftsführer Thomas Schwartz hat weitere Innovationen vor Augen.

Nicht, dass Renovabis in die Jahre gekommen wäre. Aber mit seinem 30. Geburtstag am 3. März lässt das Hilfswerk auch nach großzügigerem Maßstab die Jugend endgültig hinter sich. "Renovabis wird langsam erwachsen", sagt Schwartz (58). Zum Feiern ist ihm weniger zumute, nicht zuletzt angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine, der seine Organisation und ihre Partner seit einem Jahr vor neue Herausforderungen stellt: Statt Pfarrheime zu bauen gilt es nun auch Notstromaggregate zu beschaffen und Schutzräume auszustatten. Katastrophenhilfe statt Entwicklungszusammenarbeit.

Zuschüsse werden weniger

Der Hauptgeschäftsführer will das Jubiläum vor allem zur Selbstreflexion nutzen. Der Augsburger Diözesanpriester und Vertraute von Weltkirche-Bischof Bertram Meier sieht etwa Bedarf für ein professionelleres Projektmanagement. Als Wirtschaftsethiker mit einer Honorarprofessur verfügt Schwartz dabei über eigene Kompetenzen.

Neu aufstellen muss sich Renovabis aber nicht nur, weil plötzlich ein Krieg mitten in Europa stattfindet. Die Zuschüsse aus der Kirchensteuer werden absehbar weniger, da braucht es mehr Fantasie bei der Finanzierung. Schwartz denkt an Unternehmen, die in Ost- und Südosteuropa mit eigenen Niederlassungen engagiert sind; familiengeführte Firmen mit hohen Wertvorstellungen, die sie weitergeben wollten, aber manchmal nicht so recht wüssten, wie. Hier könnte Renovabis mit seiner Expertise unterstützenswerte Projekte vermitteln und ihnen bei der Abwicklung zugleich Kosten sparen helfen.

Nicht der reiche Onkel aus dem Westen

Politisch wird sich Renovabis als Anwalt weiterer EU-Beitrittskandidaten in Anspruch nehmen lassen. Nord-Mazedonien und Albanien klopfen an die Tür der Staatengemeinschaft. Und an Serbien, wo der russische Einfluss wächst, lässt sich ablesen, wohin zu langes Zuwarten führen könnte.

Von Anfang an verstand sich Renovabis nicht nur als Geldgeber für den Aufbau kirchlicher und zivilgesellschaftlicher Strukturen in den Nachfolgestaaten der untergegangenen Sowjetunion. Man wollte nicht als reicher Onkel aus dem Westen gelten; vielmehr waren Solidarität und Partnerschaft Schlüsselworte in der Gründungsurkunde. Auf Kongressen, Partnerschaftstreffen und in der eigenen Fachzeitschrift "Ost-West. Europäische Perspektiven" wurden Verbindungen geschaffen und befestigt, die in Zeiten kontinentalen Auseinanderdriftens immer wichtiger werden.

Aufarbeitung von Missbrauch

Der Renovabis-Hauptgeschäftsführer plädiert für einen geduldigen, aber erwachsen geführten Dialog: in dem man sich bei allem Respekt auch einmal klar die Meinung sagt und einen Dissens stehen lassen kann, ohne gleich die ganze Beziehung infrage zu stellen.

Zu den leidigen Themen, die Schwartz von seinen Vorgängern geerbt hat, gehört sexueller Missbrauch. Schon kurz nach seinem Amtsantritt sorgte der Fall eines einschlägig vorbestraften Trierer Diözesanpriesters für Schlagzeilen. Mit guten Kontakten zu Renovabis ausgestattet, ging der Geistliche vor der Jahrtausendwende in die Ukraine und verging sich dort in Cherson erneut an Kindern.

Präventionskonzept eingefordert

Schwartz liegt der Fall im Magen. Nicht nur wegen der dabei zutage getretenen systemischen Defizite bei den beteiligten kirchlichen Institutionen. Mehr noch deshalb, weil es ihm auch nach dem Zurückweichen der russischen Streitkräfte aus der südukrainischen Großstadt noch nicht gelungen ist, einen Kontakt zu den Betroffenen dort herzustellen. Zu gefährlich die Lage, hört er vom Bischof. "Es ist schmerzhaft, dass uns da derzeit die Hände gebunden sind", sagt er.

Eine mit einem Ultimatum versehene klare Ansage gibt es bei dem Thema dagegen an die Projektpartner. Bis Ende April müssen alle ein Präventionskonzept haben, Schulungen durchführen und Transparenz herstellen. Sonst gibt es kein Geld mehr von Renovabis. (Christoph Renzikowski/kna)