BDKJ-Diözesanvorsitzende Stephanie von Luttitz

„Religion ist sinnerfüllend“

Sie lacht gern, ist unglaublich charmant, sehr klug und entwaffnend ehrlich. Baronesse Stephanie von Luttitz ist eine Frau, mit der man Pferde stehlen kann. Seit Oktober vergangenen Jahres ist von Luttitz Diözesanvorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ).

Stephanie von Luttitz leitet seit Oktober den BDKJ im Erzbistum (Bild: Kiderle) © Kiderle

München - Wir treffen uns in einem Café in München-Haidhausen, unweit ihrer Arbeit im KorbiniansHaus der Kirchlichen Jugendarbeit in München. Auf meine Frage, ob sie ein kleines Resümee ziehen kann nach einem guten halben Jahr als BDJK-Diözesanvorsitzende, lacht Stephanie von Luttitz erst mal, um dann ehrlich zu gestehen: „Ich muss noch so viel lernen.“ Das Ein- und Erleben der unterschiedlichen Verbände dauere eben. „Aber ich übe diesen Beruf jeden Tag gerne aus, gehe wahnsinnig gerne mit Menschen um, versuche zu überzeugen“, erklärt von Luttitz, „das ist eine Herzenssache.“

Vom Hobby zum Beruf

Das ist für die 30-Jährige auch ihr Engagement. Sie hat ihr Studium der Kommunikationswissenschaft in Wien erfolgreich mit der Dissertation abgeschlossen zum Thema „Kirchliche Analphabeten. Der öffentliche Diskurs zwischen der katholischen Kirche und den Medien in Deutschland und Österreich“. Ein Ergebnis: Kirchliche Vertreter denken über Journalisten, sie hätten keine Ahnung von Kirche und umgekehrt. Nach ihrem Abschluss stellte sich die junge Adelige die Frage: „Was nun?“ Von Luttitz wird nachdenklich: „Ich bin in einer Ellbogen-Gesellschaft groß geworden, ich habe immer versucht, zu den Besten zu gehören, in der Schule und im Studium. Aber will ich so weitermachen?“ Um sich darüber klar zu werden, hat sich von Luttitz zwei Wochen zurückgezogen, in einer Art Exerzitien, hat sich selbst mit Unterstützung anderer analysiert und sich Fragen gestellt: „Wie sehe ich mich und wie werde ich von anderen wahrgenommen? Was hat mich begleitet?“ Von Luttitz wird dabei bewusst, dass ihr Religion, kirchliche Themen, Vermittlung von Werten sehr wichtig sind. „Als ich zurückkam, war mir klar: Die Kirche erfüllt mich, ich möchte mein Hobby zum Beruf machen“, erinnert sich von Luttitz, „ja, es ist eine Berufung.“

Glauben leben und vorleben

Und so stürzt sie sich in ihre Arbeit, argumentiert, ist für jeden ansprechbar und setzt ihre Ideen um. „Ich denke, man kann vor allem durch Freizeitaktivitäten Jugendliche gewinnen“, meint von Luttitz, „und dabei den christlichen Glauben leben und vorleben, so dass er spürbar gemacht werden kann.“ Auch die Arbeit an der Basis sei enorm wichtig. „Man muss bei der Lebensrealität der Jugendlichen ansetzen“, ist sich die 30-Jährige sicher. Wenn man bei den Themen Nachhaltigkeit und Ökologie den Jugendlichen anschaulich darstellt, was Papst Franziskus zum Schöpfungsgedanken in seiner Umweltenzyklika „Laudato si“ zu sagen hat, „dann macht das den Jugendlichen Spaß“.

Stephanie von Luttitz versprüht Optimismus und Lebensfreude. Das hat sie wohl auch ihrem spannenden Elternhaus zu verdanken. Vater Eckart Freiherr von Luttitz, der eine Gänse- und Entenfarm in Niederaltenburg im Mangfalltal in der Gemeinde Weyarn betrieben hat, die heute Sohn Constantin leitet, ist evangelisch, Mutter Uschi Dämmrich von Luttitz, bekannte und beliebte Moderatorin des BR Fernsehen, ist katholisch. Mit ihr sei sie immer in die Kirche gegangen, von ihr habe sie das Spirituelle. Mutter und Tochter besuchen sonntags die Messe in der Münchner Michaelskirche, „die Jesuiten haben mich das Kritische gelehrt“, sagt Stephanie von Luttitz. Auch ihr Vater habe ihr mit auf den Weg gegeben, alles zu hinterfragen. Vielleicht komme auch aus dieser Kombination ihre Motivation, immer den Dialog zu suchen.

Der BDKJ ist Dachverband von 17 katholischen Jugendverbänden und –organisationen mit rund 660.000 Mitgliedern.

Mir gegenüber sitzt eine junge Frau, die sich ihre Antworten gut überlegt, aber auch sehr entspannt und bodenständig ist. Ob sie sich aus ihrem Adelstitel etwas mache? „Nein“, schüttelt sie lachend den Kopf, bis auf die üblichen Benimmregeln, die sie sehr früh lernte, oder jedem mit Respekt und ohne Vorurteile zu begegnen, „ist das doch nur ein Namensbestandteil“. Wichtig hingegen seien von Luttitz ihre Wurzeln, der familiäre Zusammenhalt, ein „enges Verhältnis ist das A und O“.

Und was gibt ihr persönlich Religion? „Sie ist sinnerfüllend“, erklärt die Katholikin, „in meinem täglichen Tun überlege ich mir, wie ich andere motivieren kann, unsere Umwelt zu fördern.“ Morgens und abends hält sie Zwiesprache mit Gott. „Auch beim Sport, wenn ich durch die Natur laufe oder auf den Berg gehe, unterhalte ich mich mit Gott“, erzählt die BDJK-Diözesanvorsitzende. Manchmal sei sie wohl auch zu fordernd, gibt von Luttitz zu. „Aber ich bekomme Antworten, indem ich in mich selbst hineinhöre, auf meinen Instinkt, mein Bauchgefühl höre.“

Kirche gibt Antworten

Dass man heutzutage nicht mehr so häufig die Worte „Gott“ und „Glaube“ höre und lese, macht sie nachdenklich. „Man gilt schon als anormal, wenn man sich zum Glauben bekennt“, ärgert sie sich. „Aber Gleichgültigkeit gegenüber Religion und Glaube wäre wohl das allerschlimmste“, überlegt sie, „ich hoffe nicht, dass wir da hinkommen.“ Die Kirche spiele heute eine andere Rolle, analysiert von Luttitz, früher sei sie streng hierarchisch gewesen, wer ihr nicht gefolgt sei, wurde ausgeschlossen. Heute gehe es zum selbstständigen Entscheiden. „Das ist das Spannende“, findet die Kommunikationswissenschaftlerin, „und die Kirche ist nicht am Ende, wenn sie Antworten auf Sinnfragen gibt: Warum bin ich hier? Was kann ich tun, um die Welt besser zu machen? Die Herausforderung ist also, den spirituellen Wesenskern der Kirche in den Vordergrund zu rücken – und das ist schwierig.“

Ob sie mir ihre Träume verrät? Die 30-Jährige möchte eine Familie gründen. Und sie will bei sich zu Hause in Niederaltenburg eine Kapelle bauen, „den Gedanken habe ich schon lange“, lächelt sie, „und ich möchte ein sinnvolles Leben führen.“ Mit dem Ziel, „dass man erfüllt gehen kann“. Wie stellt sich Stephanie von Luttitz das Leben nach dem Tod vor? „Ich habe ein tiefes Gottvertrauen, dass es ganz wunderbar wird!“ (Susanne Hornberger)