Strafrecht der Kirche

Reaktionen auf Reform sind gespalten

Während der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung die Reform begrüßt, ist sie für den Sprecher der Opferinitiative „Eckiger Tisch“ halbherzig. Auch Frauen der Kirche äußern Kritik.

Das neue Strafrecht der katholischen Kirche wird von Vertretern der Missbrauchsopfer kritisiert. © IMAGO / CHROMORANGE

Berlin/ Köln – Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat die Reform des kirchlichen Strafrechts begrüßt. Es sei richtig, dass Kirche endlich das Unrecht des sexuellen Missbrauchs konkret benenne und sich damit diesem schweren Unrecht stelle, sagte Rörig auf Anfrage am Dienstag in Berlin. Dagegen meinte der Sprecher der Opfer-Initiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, dass die Reform nur halb gelungen sei. Der erhoffte Perspektivwechsel sei nicht vollzogen worden, weil Betroffene nach wie vor nur als Zeugen gehört würden. Er betonte, die Opfer müssten endlich ein richtiges Klagerecht haben. Zudem gebe es auch bei der Reform immer noch zu viele Schlupflöcher. Rörig hob hervor, dass die Kirche sich damit dem weltlichen Sanktionsrecht annähere. Sie verdeutliche, dass auch Sexualstraftaten geweihter Würdenträger nicht nur durch weltliches Strafrecht, sondern zudem auch entsprechend innerkirchlich geahndet würden.

Weihe von Frauen ein schwerstes Verbrechen

Die katholische Reforminitiative Maria 2.0 verurteilt die Reform des kirchlichen Strafrechts. Diese sei unzureichend und verletze die Würde katholischer Frauen, erklärte die Initiative am Dienstag in Köln. Sie schloss sich einer Stellungnahme des internationalen Netzwerks Catholic Women's Council (CWC) an. Das neue Kirchenrecht ordnet laut CWC die Weihe von Frauen den schwersten Verbrechen zu - ebenso wie sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Geistliche. Dass Frauenweihe und Kindesmissbrauch auf eine Stufe gestellt würden, sei nicht hinnehmbar und "verwässert das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen und untergräbt die Würde der Frauen". Das CWC forderte den Vatikan auf, in einen Dialog mit seinen Mitgliedsorganisationen zu treten, "damit Frauen ihrer Berufung gleichberechtigt folgen können."

Missbrauch, der nach dem Kirchenrecht weiterhin strafbar ist und zur Entlassung aus dem Klerikerstand führen kann, wird künftig nicht länger als "Straftat wegen des Verstoßes gegen den Zölibat" eingeordnet, sondern als "Straftat gegen Leben, Würde und Freiheit des Menschen" genau wie Mord oder Abtreibung. Der Vatikan hatte die Reform am Dienstag vorgelegt. Danach werden vor allem Missbrauch, Verletzung der Aufsichtspflicht und finanzielle Vergehen genauer bestimmt und stärker geahndet. So ist es auch Kirchenoberen in keinem Fall mehr freigestellt, ob sie erwiesene Vergehen bestrafen oder nicht. (kna/kas)