Klage von Missbrauchsopfer

Pause im Benedikt-Verfahren - Verwirrung um ein Anwaltsschreiben

Neues zur Feststellungsklage gegen den kürzlich verstorbenen Papst Benedikt XVI. und andere Kirchenverantwortliche: Das Landgericht Traunstein hat das Verfahren ausgesetzt. Aufregung gibt es zudem rund um das juristische Prozedere im Hinblick auf eine mögliche "Verjährung".

Die Büste des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. vor der Kirche St. Oswald in Traunstein. © IMAGO/Ernst Wukits

Das Landgericht Traunstein hat gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) die Aussetzung des Verfahrens bestätigt. Demnach hat der Prozessbevollmächtigte von Benedikt XVI., die Kanzlei Hogan Lovells, beantragt, das Verfahren pausieren zu lassen, bis ein Rechtsnachfolger des verstorbenen Papstes feststehe. Sämtliche Beteiligten seien gleichwohl mit dem geplanten Beginn der mündlichen Verhandlung am 28. März einverstanden, teilte das Gericht weiter mit. "Ob es zu diesem Termin aber kommt, wird davon abhängen, ob bis dahin die Frage der Rechtsnachfolge geklärt ist."

Erzbistum widerspricht Medienberichten

"Correctiv" und der Bayerische Rundfunk (BR) berichteten zudem, das Erzbistum München und Freising verzichte in dem Verfahren nicht auf "die Einrede der Verjährung". Damit versuche das Erzbistum, die Klage abzuwenden. "Correctiv" und BR berufen sich bei ihrer Darstellung auf ein ihnen vorliegendes Schreiben des Bistumsanwalts an den Klägeranwalt. Nach KNA-Informationen bezieht sich der darin ausgedrückte Nicht-Verzicht auf die Einrede der Verjährung allerdings nur auf die vom Klägeranwalt sondierte Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung, nicht aber auf das Verfahren. Das Erzbistum bezeichnete die Berichterstattung in einer Pressemitteilung als "unzutreffend". "Das Zitat aus einer Korrespondenz der Rechtsanwälte im Dezember 2022 ist aus dem Zusammenhang gerissen und unvollständig. Eine Entscheidung der Erzdiözese über die Einrede der Verjährung in dem konkreten Fall enthält das Schreiben nicht", heißt es in der Erklärung. Die Klageerwiderung der Erzdiözese sei noch nicht eingereicht und werde fristgerecht erfolgen.

Sind Kirchenobere zu Schadensersatz verpflichtet?

Die Vorsitzende der Unabhängigen Aufarbeitungskommission der Erzdiözese, Michaela Huber, sagte am Rande der Pressekonferenz anlässlich des Jahrestags der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens, sie gehe fest davon aus, dass das Erzbistum vor Gericht keine solche Einrede einlegen werde. Etwas anderes würde "nicht zu dem passen, wie ich Kardinal Marx in den letzten eineinhalb Jahren erlebt habe", sagte sie.

Mit der Feststellungsklage will ein mutmaßliches Missbrauchsopfer aus dem oberbayerischen Garching an der Alz gerichtlich klären lassen, ob Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., als Münchner Erzbischof (1977-1982) durch sein Handeln oder Unterlassen in einem Missbrauchsfall zu Schadensersatz verpflichtet ist oder zumindest gewesen wäre. Die Klage richtet sich nicht nur gegen das frühere Kirchenoberhaupt, sondern auch gegen den Münchner Kardinal Friedrich Wetter (Erzbischof von 1982-2008), gegen den mutmaßlichen Täter sowie das Erzbistum München und Freising als solches.

Der Fall Peter H.

Der Kläger gibt an, vom früheren Garchinger Pfarrer Peter H. missbraucht worden zu sein. Der Fall Peter H. nimmt im Missbrauchsgutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl großen Raum ein. Die Anwälte äußerten darin Zweifel an der Behauptung von Benedikt XVI., er habe 1980 nichts von der Vorgeschichte des Priesters als Missbrauchstäter gewusst. Der emeritierte Papst blieb jedoch stets bei seiner Darstellung.

Nach dem Tod Benedikts ist dieser laut Gericht "nicht mehr Partei des Verfahrens". Kraft Gesetzes träten nun automatisch seine Erben ins Verfahren ein. Wer diese sind, ist zur Stunde unklar. Das Amtsgericht Traunstein sieht sich für ihre Ermittlung nicht zuständig, weil "der sogenannte gewöhnliche Aufenthalt des verstorbenen emeritierten Papstes im Vatikanstaat war".

Benedikts einstiger Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein schreibt in seinem neuen Buch, der Verstorbene habe Anweisungen bezüglich seines materiellen Erbes hinterlassen und ihn, Gänswein, als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Zum Inhalt der Verfügungen gibt es noch keine Informationen. (kna/smb)