Merkel bei Franziskus

Papst und Kanzlerin verbindet eine gemeinsame Vision

Es ist fast schon Routine: die Bundeskanzlerin beim Papst. Doch bei ihrer vierten Privataudienz gab es einen unsichtbaren Dritten: Donald Trump.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Papst Franziskus bei einem Treffen im Jahr 2013. © imago

Rom – Es wurde trotz strahlendem Sonnenschein kein heiteres Treffen zwischen Papst Franziskus und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Und es war nicht nur die Nachricht vom Tod Helmut Kohls, die zu einem ernsten Unterton führte. Zu groß sind die Sorgen, die beide umtreiben angesichts einer immer mehr von Einzelinteressen und Sonderwegen geprägten internationalen Politik. Und so trat am Samstag in Rom eine sichtlich besorgte, aber auch kämpferische Kanzlerin vor die Presse, nachdem sie sich eine knappe Dreiviertelstunde mit dem Papst ausgetauscht hatte.

Franziskus habe sie mit Blick auf das kommende G20-Treffen in Hamburg ermutigt, auf ihrem Weg weiterzugehen, für das Pariser Klimaabkommen zu kämpfen und sich für "das Abreißen von Mauern, nicht das Bauen von Mauern" einzusetzen.

Sorge um Führungsrolle der USA

Die Anspielungen Merkels auf den vor drei Wochen vom Papst empfangenen US-Präsidenten hätten deutlicher kaum sein können. Im Vatikan war nach der Audienz zu hören, die Sorge um eine Weltlage, in der die größte Führungsmacht ihre Verantwortung nicht mehr wahrnehme, habe bei der Begegnung eine wichtige Rolle gespielt. Der deutschen Kanzlerin sei eine neue Aufgabe zugewachsen.

Unterstrichen wurde diese Führungsrolle durch einen Empfang für die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschafter der G20-Staaten, der nach der Papstaudienz in der deutschen Vatikanbotschaft in Rom stattfand.

Der Papst hält Merkel schon länger für eine wichtige Verbündete. Bereits beim ersten langen Gespräch der beiden im Mai 2013 ermunterte er sie, ihre besondere Rolle als mächtigste Regierungschefin Europas verantwortungsvoll anzunehmen.

Wichtige Symbolfiguren

Vier Jahre und etliche umstürzende Ereignisse später scheint es, dass Merkel und der Papst einander gefunden haben und einander brauchen. Sie sind die vielleicht wichtigsten Symbolfiguren des Eine-Welt-Denkens, das im Westen spätestens seit dem Brexit und der Wahl von Donald Trump nicht mehr tonangebend ist. Ein Hinweis auf das Einvernehmen zwischen Papst und Kanzlerin gab auch Merkels Bemerkung, wonach Franziskus es "sehr begrüßt" habe, dass Afrika den Schwerpunkt der deutschen G20-Präsidentschaft bilde.

Nach der argentinischen Präsidentin Christina Kirchner, die den Papst aus ihrem Heimatland vor allem aus innenpolitischem Kalkül ein halbes Dutzendmal besuchte, führt Merkel inzwischen unter den Regierungschefs die Liste der häufigsten Besucher an. Man darf davon ausgehen, dass es im Falle eines Wahlsiegs im Herbst nicht ihr letzter Besuch beim katholischen Kirchenoberhaupt war. (Ludwig Ring-Eifel/KNA)