Krippenkunst

Osterkrippe als Trost für Kirchenschließung

Heidi Gröbler widmet sich dem seltenen Hobby gestickter Krippenfiguren. Die kleinen Figuren sollen in Zeiten von Corona-Quarantäne Zuversicht spenden.

Mittlerweile umfasst Heidi Gröblers Sammlung rund 80 bunte Stickfiguren. © Axel Effner

Grabenstätt – Die heilige Corona gehörte bis vor kurzem zu den eher unbekannten Heiligen in der katholischen Kirche. Als Patronin der Schatzgräber und Metzger sowie gegen Missernten und (Vieh-)Seuchen war ihr Beistand weniger gefragt. Lediglich bei Unwetter oder Lotterieangelegenheiten suchte mancher den Rat der im Jahr 177 mit 16 Jahren gestorbenen Märtyrerin. Angesichts der aktuellen Corona-Krise und verschlossener Kirchentüren ist ihre Nothilfe allerdings mehr denn je gesucht. Vor allem die an Ostern wohl allerorten ausfallenden Festgottesdienste mit Speisenweihe werden viele mit großem Bedauern vermissen.

Heidi Gröbler aus Grabenstätt nutzt die Situation und die viele freie Zeit auf ihre Weise. Bis Ostern soll eine von ihr gestickte Passionskrippe fertig werden und an den Tod Christi erinnern: Eine Kreuzigungsgruppe mit Maria und dem Apostel Johannes. Das Symbol des Leids soll mit Blick auf die Auferstehung zu einem Zeichen der Zuversicht und der inneren Verbundenheit mit allen Christen werden. Auch in Zeiten der Quarantäne und sozialen Isolation soll so die Osterbotschaft Trost spenden.

Ein einzigartiges Hobby

„Aktuell gibt es leider nicht so viel zu tun“, erklärt die gelernte Altenpflegerin. Als Selbstständige ist sie in der Haus- und Familienpflege tätig und betreut stundenweise Senioren und Demenzkranke. Da letztere als Risikogruppen derzeit besonderen Schutz genießen, fehlen die Aufträge. Gröbler nutzt die Zeit deshalb zum Ausbau ihres Bestands an gestickten Krippenfiguren. „Das dürfte landauf, landab ein wohl einzigartiges Hobby sein“, erzählt sie.

Um die Jahreswende war eine von ihr gestaltete Weihnachtskrippe mit Stickfiguren auf einer großen Jubiläumsausstellung des Vereins für Krippen und religiöse Volkskunst Inn-Salzach auf der Burg in Tittmoning zu sehen. 5000 Besucher aus ganz Bayern und dem benachbarten Österreich pilgerten zu der Schau.

Wie kommt man zu diesem seltenen Hobby? Die gebürtige Ruhpoldingerin erzählt, dass es sie bereits als Kind fasziniert hat, wenn sie ihrem Onkel als Herrgottschnitzer bei der Arbeit zusehen konnte. In der Kindheit bereits fand sie im Glauben Trost. „Bei einer Ausstellung in Grabenstätt, bei der die Teilnehmer ihre Hobbys vorgestellt haben, hat mir damals ein Diakon Mut gemacht, mich öffentlich zu präsentieren.“ So kam auch der Kontakt zum Krippenverein zustande.

In der Schule gelernt

Gut 14 Tage ist Heidi Gröbler beschäftigt, bis eine der knapp handtellerhohen Stickfiguren fertig ist. Die Vorlagen findet sie in aufwändiger Recherche im Internet. Mittlerweile umfasst ihre Sammlung rund 80 bunte Stickfiguren, darunter Engel, Schafe und Hirten, die Heiligen Drei Könige, Maria und Josef, das Jesuskind in der Krippe, ein Kamel oder Ochse und Esel. Weitere Beispiele sind auf ihrer Homepage zu sehen. „Der Esel war mit seinen Körperumrissen und den spitzen Ohren bisher die größte Herausforderung beim Sticken und Nähen“, erinnert sie sich. Nicht weniger aufwändig sind das Einarbeiten passender Gesichtszüge und der Handkonturen.

Vor der Osterkrippe soll bereits am Palmsonntag (5. April) eine Kleingruppe mit Esel und dem Lamm Gottes samt Siegesfahne fertig sein. Ist ein Motiv komplett, näht die 50-Jährige auf der Rückseite Stoff in der passenden Farbe an, gibt Füllwatte sowie feinen Sand oder Reiskörner zum Beschweren der Figur hinein und vernäht das Ganze sorgsam. Dabei kann sie auf lange Erfahrung zurückgreifen: „Ich habe damals in der Schule noch Nähen, Sticken, Stricken und Häkeln gelernt, das volle Programm.“

Zu ihren Lehrerinnen gehörte Maria Frömmel, die Mutter der beiden Pfarrersbrüder Peter und Paul Demmelmair aus Ruhpolding sowie Ingeborg Haßlberger, die Schwägerin von Weihbischof Bernhard Haßlberger. Die Aussicht, dass ihre Osterkrippe auch anderen Zuversicht in schwieriger Zeit schenken kann, erfüllt die Großmutter von zwei Enkeln mit großer Freude. (Axel Effner)

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Ostern