Jerusalem

Orgeln der Dormitio-Abtei ein letztes Mal erklungen

Nun müssen die Benediktiner im Heiligen Land erstmal ohne Orgeln auskommen. Denn diese waren zu „wetterfühlig“. Doch die Hauptorgel findet eine neue Heimat – wenn auch nicht in Israel.

Die Hauptorgel der Dormitio-Abtei in Jerusalem wird in einer orthodoxen Gemeinde in Russland eine neue Heimat finden. © Facebook "Dormition Abbey Jerusalem"

Jerusalem – Orgelkonzerte auf dem Zionsberg gehörten nicht nur für christliche Einheimische und westliche Arbeitskräfte im Auslandsaufenthalt in Jerusalem fest zum Kulturprogramm. Auch jüdische und muslimische Musikbegeisterte waren unter den regelmäßigen Konzertbesuchern in der deutschsprachigen Benediktiner-Abtei Dormitio. Damit ist jetzt vorläufig Schluss: Im Zuge der geplanten Generalsanierung der Abtei wurde die im Jahr 1982 gesegnete Hauptorgel, die zu den größten ganz Israels gehört, abgebaut. Nun, kommentiert die Mönchsgemeinschaft auf Facebook, müsse man „erst einmal ohne Orgel auskommen“.

Organist Juval Rabin, musikalischer Leiter des Internationalen Orgel-Festivals in Israel, war offiziell der Letzte, der den Pfeifen auf der Empore der Basilika feierliche Klänge entlockte. Beim Abschiedskonzert, das aus einer leeren Kirche live übertragen wurde, standen Stücke von Johann Sebastian Bach, Carl Philipp Emanuel Bach und Felix Mendelssohn-Bartholdy auf dem Programm – Stücke aus jenen Epochen, die durch die Stimmung des Instruments besonders gut zur Geltung kommen.

Wetter hat Orgel Probleme bereitet

Die „kontrapunktische Klarheit nordeuropäischer Orgeln“ sollte sie einst „mit der weichen Fülle der südeuropäischen Tradition“ verbinden. Doch die Orgelbauer des traditionsreichen Familienbetriebs Oberlinger im rheinland-pfälzischen Windesheim bei Bad Kreuznach haben die Rechnung ohne das Wetter gemacht: kalt-feucht im Winter, heiß im Sommer, dazu regelmäßig wüstensandgeschwängerte Luft. Das setzte der Hauptorgel und ihrer kleinen Schwester im Chorraum zu. Immer häufiger hätten die deutschen Instrumente gestimmt werden müssen; die Mechanik im Inneren habe gelitten. Ganze Register seien am Schluss unspielbar gewesen, heißt es aus der Dormitio. Eine Generalüberholung samt Reinigung vor zehn Jahren brachte hohe Kosten, aber nur kurzfristige Abhilfe. Die Orgeln erneut zu reparieren, so das Urteil eines eigens hinzugezogenen Kölner Experten, wäre unwirtschaftlich. Bevor die Instrumente nun quasi aus dem letzten Loch pfeifen, werden sie abgebaut.

Mit Musik Gott loben

Organisten aus aller Welt waren auf der Empore der Dormitio-Basilika zu Gast. Die Israelische Orgelvereinigung nutzte das Instrument und die gute Akustik der Kirche gern für Konzerte ihres Internationalen Orgel-Festivals. Kritikern der Kooperation hielten die Mönche die Grundsätze der Abtei dagegen: Dies sei ein Ort, der „offen ist für alle friedlichen Gäste“. An der Tradition der geistlichen Konzerte hielt die Dormitio bewusst fest: Musik als Raum für friedliche Begegnung.

Vor allem aber war die Orgel in ihrem kurzen Leben den Benediktinern eines: Hilfe beim Lob Gottes. Der „mitunter bestechend einfache gregorianische Choral“ und die Macht der Königin der Instrumente könnten sich wunderbar ergänzen, sagen die Benediktiner. Dann kann die Musik selbst zum Gotteslob werden.

Von Israel nach Russland

Für immer schweigen soll die wetterfühlige Orgel freilich nicht. Eine orthodoxe Gemeinde in Russland wird der Hauptorgel in einer aufgelassenen Kirche ein neues Zuhause geben. Auf dem Zion freut man sich, dass „eine Orgel aus Jerusalem dem Dialog zwischen der westlichen und östlichen Kirchenmusik dienen wird“. In Jerusalem hofft man unterdessen auf Spenden, damit nach der Generalüberholung auch wieder eine „neue Orgel für viele weitere Konzerte und festliche Gottesdienste“ eingebaut werden kann. Diese soll dann, anders als ihre Vorgängerin, um das große Fenster im Westwerk der Basilika errichtet werden, damit nicht nur der Klang, sondern auch Licht den Kirchenraum erfüllen kann. (kna)