Alter Peter in München

Orgel mit krähendem Hahn

Ein Tier, das man sonst eher weniger mit Kirche verbindet, erscheint zum Patrozinium der Münchner Peterskirche über der Orgel. Aber das ist noch nicht alles, was es über das Instrument zu wissen gibt.

Beeindruckend präsentiert sich der Prospekt von St. Peter in München © Robert Kiderle

„Solang der Alte Peter, der Petersturm noch steht“ – dieses alte Volkslied gilt als heimliche Hymne Münchens. Deshalb spielt es an der Orgel der ältesten Stadtpfarrkirche Münchens eine besondere Rolle: Wenn Organistin Johanna Soller zum Patrozinium am 29. Juni das Register „Gallus Petrinus“ (Hahn des Petrus) zieht, erklingen die ersten Töne des Liedes und ein Hahn ragt über der Orgel hervor. Das Federvieh geht auf die Verleugnungsszene in der Passionsgeschichte zurück: Jesus sagte darin zu Petrus: „Noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ (Joh 13,38)

Doch nicht nur solche „Sperenzien“, wie Soller die kleinen Spielereien nennt, hat die Orgel im Alten Peter zu bieten: Die 57 Register (Klangfarben) der vier Manuale (Tastenreihen) umfassenden Orgel lassen darauf schließen, wie vielseitig das Instrument ist. Es ist nicht auf eine bestimmte Epoche oder bestimmte Komponisten ausgelegt, sondern deckt eine große Bandbreite ab.

Orgelteile haben Zweiten Weltkrieg überlebt

Am Cäcilienfest 2003 wurde das Instrument der berühmten Bonner Orgelbaufirma Klais gesegnet. Das historische Gehäuse und die Dekorstücke entstammen wohl noch der von Franz Frosch erbauten Orgel aus dem Jahr 1806/09 oder 1825. Sie haben sogar die massiven Zerstörungen der Peterskirche im Zweiten Weltkrieg überstanden. Seit jeher ist der Alte Peter die Kirche der Urmünchner. Die Zünfte feiern hier zum Bäcker- oder Metzgertag Gottesdienst.

„Das Instrument passt perfekt in den Raum“, findet die Organistin. Obwohl sie optisch so herausrage und von einem Engel mit Trompete gekrönt werde, wirke die Orgel nicht wie ein Fremdkörper. Auch die Akustik sei sehr angenehm, da der Kirchenraum zwar sehr schmal, aber ebenso hoch sei. Die Kirche verfügt über mehrere Emporen. Das habe sich vor allem in Corona-Tagen als vorteilhaft erwiesen, da die Chorsänger darauf verteilt werden können: „Es ist aber schon anstrengend, wenn einen die Musiker teilweise nur über den Monitor dirigieren sehen und man ihnen beim Orgelspielen voraus sein muss“, erklärt Soller.

Die 16 Register umfassende Chororgel auf der linken vorderen Empore kann der Organist auch über den Spieltisch der Hauptorgel bedienen. Das Röhrenglocken-Register der Chororgel sorgt für einen Glockeneffekt. 2013 wurde das Instrument einer Neuintonierung und gründlichen Reinigung unterzogen.

Ein Instrument wie ein ganzes Orchester

Seit Pfingsten 2016 ist die 32-Jährige gebürtige Burghauserin Organistin im Alten Peter. Schon früh nahm die Musik die eher zurückhaltend wirkende Frau gefangen: In der Schulzeit sattelte sie vom Klavier auf die Orgel um: „Der Funke sprang sofort über“, erinnert sie sich. Von nun an verbrachte sie viel Zeit in Kirchen zum Üben und nahm noch als Schülerin ein Jungstudium im Fach Orgel auf. Das hieß für die Heranwachsende: „Jeden Freitagmittag bin ich von Burghausen mit dem Zug zum Orgelunterricht gefahren.“ Ihr erster Lehrer war der Passauer Domorganist Ludwig Ruckdeschel. An der Orgel schätzt sie besonders, dass man sie wie ein ganzes Orchester einsetzen kann – „vom leisesten Pianissimo bis zum raumfüllenden Tutti“.

Vielseitige Organistin

Sie brauche die Vielseitigkeit, sagt Soller. Deshalb studierte sie neben Orgel auch noch Chordirigieren, Kirchenmusik, Historische Aufführungspraxis und Cembalo an der Musikhochschule München. Weil sie Lust aufs Dirigieren hatte, gründete sie bereits während des Studiums ein Ensemble. Inzwischen arbeitete sie unter anderem mit dem MDR Rundfunkchor und dem Münchner Rundfunkorchester zusammen.

Besonders berührt sie die Musik Johann Sebastian Bachs: „Seine Werke haben eine unfassbare inhaltliche Tiefe. Wie Bach Texte in Musik setzt, das ist eine ewige Spurensuche.“ Deshalb hat sie sich mit dem von ihr gegründeten Ensemble „capella sollertia“ der Musik seiner Zeit verschrieben. Ihre Bachkantaten-Reihe „Cantate um 1715" in St. Peter sei ihr ein echtes „Herzensanliegen“.  (Maximilian Lemli, Volontär beim Michaelsbund)