Adelholzener Alpenquellen

Ordensschwestern machten aus Kurhaus ein Großunternehmen

Innerhalb der vergangenen 116 Jahre entwickelte sich die Heilwasserquelle zu einem der beliebtesten Mineralwasserhersteller in Deutschland. Hinter dem Erfolg steht der Orden der Barmherzigen Schwestern und ein einzigartiges Betriebsmodell.

Schwester Rosa Maria Dick und Blick in die Produktion des Getränkeherstellers "Adelholzener Alpenquellen" © Adelholzener Alpenquellen/SMB/Bauer

Wie die Wägen in einer Achterbahn rauschen tausende Flaschen in rasendem Tempo über die Schienen und Laufbänder der Adelholzener Fertigungshalle. Glas, Plastik, groß und klein – die Vielfalt an Flaschen, in der Fachsprache „Gebinde“ genannt, ist riesig. Maschinen, so groß wie ganze Gebäude sortieren, spülen und befüllen bis zu 260.000 Flaschen in der Stunde. Das Werk der „Adelholzener Alpenquellen“ im gleichnamigen Ort ist eine hochprofessionalisierte Massenproduktion. Das war aber nicht immer so. 1907 kaufte die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul ein nahegelegenes Kurhaus als Erholungsheim für die Münchner Schwesternschaft. „Die Quelle gehörte eher zufällig dazu“, weiß Felix Siefken, der Besucher durch das Werk führt. Der Legende nach half schon der Heilige Primus kranken Menschen mit dem Wasser der Quelle. Die Schwestern begannen das Wasser dann in „größerem Stil“ abzufüllen – händisch, etwa 300 Flaschen die Stunde. Per Ochsenkarren und Zug gelangte es in die Pflegeeinrichtungen des Ordens in München.

Gewinne kommen sozialen Einrichtungen zugute

Die Quelle hinter dem Kurhaus plätschert immer noch. Über die Jahrzehnte wurde aus dem kleinen Schwesternbetrieb jedoch ein Großunternehmen mit mehr als 600 Mitarbeitern. Alleiniger Gesellschafter der GmbH ist bis heute der Orden. Eine in der Wirtschaft ungewöhnliche Kombination. Aber nicht die einzige Besonderheit, erklärt Generaloberin Rosa Maria Dick: „Alle Gewinne der Adelholzener Alpenquellen kommen zu hundert Prozent der Gemeinschaft und unseren sozialen Einrichtungen zugute.“ Dazu gehören aktuell fünf Altenheime, zwei Krankenhäuser und eine Schule. Rund 1.100 Angestellte können die Schwestern so mit Hilfe der Gewinne aus dem Getränkebetrieb beschäftigen. Hinzu kommen weitere gemeinnützige Projekte. „Wir leben das Gelübde der Armut ab – wir sind aber nicht arm“, betont Dick. „Das heißt für mich: wir teilen.“ So könne man auch andere Ordensgemeinschaften in Deutschland und sogar international unterstützen, die finanziell nicht so gut ausgestattet sind.

Wertekanon verbindet Orden und Unternehmen

Anders als man erwarten könnte, schadet die soziale Nutzung der Gewinne auch dem Erfolg des Konzerns nicht. In den letzten 20 Jahre verzeichneten die Alpenquellen ein durchschnittliches Wachstum von drei Prozent. Das Sortiment umfasst inzwischen 170 Getränkesorten. Acht hochmoderne Abfüllanlagen laufen am Standort. Rund 640 Millionen Flaschen befüllte man im letzten Jahr – Rekord. Ein Erfolg, der nicht trotz sondern gerade wegen des gemeinsam mit dem Orden entwickelten Wertekanons möglich war, betont Geschäftsführer Stefan Hoechter: „Authentische und nachvollziehbare Wertevorstellungen wirken motivierend und das hat dann natürlich auch positive Effekte auf die Unternehmensergebnisse.“ So entschied sich der Orden zum Beispiel während Corona gegen Kurzarbeit: Zu Lasten des Unternehmensgewinns, zum Wohl der Beschäftigten. Ein kurzfristiges Opfer für langfristigen Erfolg: 2022 folgte „das beste Jahr der Unternehmensgeschichte“ mit einem Absatzplus von rund 13 Prozent. 

Ordensschwestern in alle Entscheidungen eingebunden

Schwestern sieht man im Werk heute nicht mehr. Trotzdem arbeitet die Unternehmensführung in Adelholzen eng mit dem Orden im 100 Kilometer entfernten Münchner Mutterhaus zusammen. Alle Entscheidungen fallen im Beirat des Konzerns, über den die Kongregation in alle Unternehmensschritte eingebunden ist. „Es gibt kein Produkt, das wir auf den Markt bringen, bevor die Schwestern es nicht gesehen haben“, sagt Hoechter. Auch in Sachen Werbung und Sponsoring legen die Alpenquellen Wert darauf, dass die Produkte nicht nur zu den Kunden, sondern auch zu den Gesellschafterinnen passen. Drei Mal jährlich trifft sich der Beirat, aber auch dazwischen stehen der Geschäftsführer und die Ordensobere in regelmäßigem Austausch.

Getränkeherstellung sichert Zukunft des Ordens

Während der Getränkehersteller wächst, wird die Kongregation beständig kleiner. Im Rekordjahr 1939 zählte der Orden noch 2847 Schwestern, heute sind es gerade noch rund 150. Dank der Adelholzener Alpenquellen macht sich Schwester Rosa Maria Dick aber keine Sorgen, dass die sozialen Einrichtungen der Gemeinschaft in Existenznot geraten: „Dank des Unternehmens ist es uns möglich unser Erbe und unseren Auftrag – unsere sozialen Häuser – auch in Zukunft weiterzuführen.“ Und so hat das Wasser der Primusquelle immer noch einen Heileffekt – über die Pflegeeinrichtungen der Barmherzigen Schwestern.

Der Redakteur und Moderator
Korbinian Bauer
Münchner Kirchenradio
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