Meinung
Warum Menschen flüchten

Ohne Perspektive

Jeden Tag strömen Massen von Flüchtlingen aus Syrien, Nigeria oder Somalia nach Europa. Was sie alle dazu bewegt, ihre Heimat zurückzulassen, erklärt Lothar Thaler, der als "Ehrenamtskoordinator Asyl" für den Landkreis Rosenheim tätig ist.

Lothar Thaler ist „Ehrenamtskoordinator Asyl“ für den Landkreis Rosenheim. (Bild: MK) © MK

Sie kommen in Massen. Flüchtlinge. Viele von ihnen mit dunkler Hautfarbe. Afrika ist eine der häufigsten Herkunftsregionen. Unter schwierigsten Bedingungen bewältigen sie den Weg zu uns, nach Europa – insbesondere nach Deutschland. Wenn im Fernsehen wieder über eine Bootskatastrophe berichtet wird, fragt man sich unwillkürlich, warum tun die das? Weshalb nehmen Menschen diese unglaublichen Strapazen auf sich? Was treibt junge und alte Menschen, Männer und Frauen zu diesem verzweifelten Schritt? Verzweiflung, Perspektivlosigkeit, Angst um Leib und Leben – das sind die wesentlichen Faktoren für ihre Flucht. Es sind die unhaltbaren Bedingungen in den Herkunftsländern, die diese Völkerwanderung verursachen. An vielen Orten, zum Beispiel in Nigeria, stehen sich verfeindete Gruppierungen gegenüber, die gnadenlos alles und jeden niedermetzeln, manchmal einfach „nur so“. Eine davon ist die islamische terroristische Gruppierung Boko Haram: sie tötete im Jahr 2014 3.750 Zivilisten. In Nigeria sind 980.000 Menschen auf der Flucht! Oder nehmen wir als Beispiel Syrien. Seit 2011 herrscht dort der Bürgerkrieg zwischen vier rivalisierenden Gruppierungen. Vor allem leidet die Zivilbevölkerung darunter. Seit Beginn des Bürgerkriegs sind zwischen 210.000 und 280.000 Menschenleben zu beklagen, über 3,5 Millionen Menschen sind dort auf der Flucht. Nächstes Beispiel Somalia: Dort herrscht seit 1988 Bürgerkrieg. Wie viel Leid muss ein Mensch in seinem Heimatland erfahren, damit er seine Familie zurücklässt? Wie sehr muss ein Mensch von Hunger, Krankheit und Arbeitslosigkeit betroffen sein, damit er seine Kinder auf den lebensgefährlichen Weg in eine ungewisse Zukunft entlässt? Wie viel willkürliche Gewalt muss ein Mensch erleben, um seine geliebte Heimat zu verlassen? Not und Elend sind die Haupttriebfedern und diese sind so übermächtig, dass sich das Risiko lohnt. Und in Europa wird alles gut. Das hoffen die Verzweifelten.