In der Zeit der Corona-Pandemie

Neue Wege des gemeinsamen Betens

Beten per WhatsApp, Gottesdienst via Zoom und Stammtisch bei Skype. Der Gebetskreis von Sankt Michael München vernetzt sich digital.

Praktische Kombination: Bibel und Smartphone. © Wirestock - stock.adobe.com

München -  In Starnberg wird die Gitarre zurechtgelegt, in Pullach eine Kerze angezündet und in München die Bibel aus dem Schrank geholt. Es ist Dienstagabend und die Mitglieder der WhatsApp Gruppe „GK-Online“ bereiten sich vor. Seitdem sich der Gebetskreis (GK) von Sankt Michael durch die Corona-Pandemie nicht mehr treffen kann, wird online gemeinsam gebetet. Katrin Vögl war von der Idee sofort begeistert: “Wir lassen uns durch das, was gerade passiert, nicht das gemeinsame Beten in der Gruppe nehmen“.   Punkt 19 Uhr ist die erste Nachricht in der Gruppe zu lesen. Die Person, die den Abend vorbereitet hat, begrüßt alle und schickt ein youtube-Video. „Eingeladen zum Fest des Glaubens“ hallt jetzt bei allen Mitgliedern in den Wohnungen. Manch einer begleitet sich dabei auf der Gitarre. Anschließend folgt eine Nachricht mit einem kurzen Gebet und der Ankündigung von zehn Minuten Stille.

Im Geiste verbunden

Kathrin Vögl spürt dabei deutlich, „dass wir im Geiste verbunden sind, auch wenn wir uns nicht sehen“. Das Gebet sei genauso kraftvoll wie bei einem tatsächlichen Treffen in der Gruppe.  Die Stille wird durch das Piepen der nächsten Nachricht durchbrochen, die die Bibelstelle des heutigen Abends bekannt gibt. Jeder kann sie sich selbst durchlesen oder sich auch anhören. Der Link wird ebenfalls mitgeschickt. Über Text- und Sprachnachrichten wird sich im Anschluss über die Stelle ausgetauscht. Ein Durcheinander gibt es nicht, sagt der 38-jährige Reiner Pittinger: „Ich war selbst überrascht, wie der übliche Ablauf aus Gebet, Bibelbetrachtung, Fürbitten und sogar Gesang via WhatsApp funktioniert.“  Der Abend endet mit dem Vaterunser und einem Segensgebet. Den Mitgliedern gefällt diese Form des Betens. „Das war schön“ oder „Danke für die Zeit mit Euch“ ist im Anschluss in dem Chat zu lesen.

Stammtisch via Skype

Nach dem Gebetskreis gehen die Mitglieder üblicherweise noch zusammen etwas trinken. Dazu geht es vom Oratorium in der Ettstraße zum Augustiner hinüber. Auch nach dem virtuellen Gebetskreis wird die Location gewechselt: Mit nur einem Klick geht es zum Stammtisch bei Skype. Per Videochat wird hier ein Bier getrunken oder wahlweise auch Wein oder Tee. Die Corona-Pandemie ist auch hier ein Thema. Es wird über die aktuelle Arbeitssituation gesprochen und die Sorgen um die Gesundheit werden geteilt. Erfahrungen mit digitalen Gebetsangeboten werden ebenfalls ausgetauscht. Die Stimmung ist gelöst, der Austausch hat etwas Normales. „Jetzt, wo ich an jedem Abend allein in meiner Wohnung bin, ist der ‚Tele-Gebetskreis‘ eine heilsame Abwechslung und trägt meinen Glauben mit“, sagt Reiner Pittinger.

Hausandacht mit technischen Hindernissen

Bis Mitte April sind im Erzbistum München und Freising alle öffentlichen Gottesdienste untersagt. Dazu gehört auch die Spätmesse in Sankt Michael, die einige GK-Mitglieder regelmäßig besuchen. Lucas Franek hat sich mit einer kleinen Gruppe zusammengetan und sie gestalten per Zoom jeden Sonntag eine Hausandacht. Anleitungen dazu finden sich viele im Internet. Natürlich sei der Videochat kein gleichwertiger Ersatz zu einem Gottesdienst, sagt der 38-Jährige, aber es sei „ein Ersatz für die fehlende Gemeinschaft derjenigen, die sich sonst in der Messe treffen würden“.

Jeder hat dabei eine Aufgabe: Evangelium vorlesen, Gebet sprechen oder für die Musik zuständig sein. Einige technische Probleme gab es zu Beginn. So wurde der Chat nach einem Zeitlimit von vierzig Minuten beendet oder die Lieder rauschten beim Abspielen. Das tue der Stimmung aber keinen Abbruch. So findet Franek für sich immer wieder Momente, in der er zur Besinnung kommt.

Es gibt ein breites Angebot an geistlichen Angeboten im Netz. Die digitalen Möglichkeiten sind groß und die Gruppe probiert gern Neues aus. Das zeige auch „wie sehr die Leute in Verbundenheit sind“, so Franek. Doch reale Treffen ersetze all das nicht.

Der Gebetskreis Junger Erwachsener von Sankt Michael München trifft sich normalerweise jeden Dienstag im Oratorium in der Ettstraße. Beginn ist 19 Uhr. Wer Interesse hat, kann einfach kommen. Aufgrund der Corona-Pandemie findet der Gebetskreis gerade nicht statt.

Die Autorin
Katharina Sichla
Teamleiterin mk online
k.sichla@michaelsbund.de

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Corona - Pandemie