Medizin der Heiligen Hildegard

Naturtipps (auch) für Wanderer

Der Herbst kommt, es wird kühler und das ist die ideale Zeit zu wandern. Weil aber viele kleine Störungen wie Insektenstiche, Sonnenbrand usw. einem die Freude an der Natur gründlich verderben können, haben wir einen Experten für Hildegard-Medizin gefragt, welche Gegenmittel die Heilige empfohlen hätte.

© privat

Bad Endorf – Herbert Huber aus Bad Endorf ist Arzt – aber auch Naturheilkundler. Und er ist auf Heilmittel spezialisiert, die die Heilige Hildegard schon vor gut achthundert Jahren empfohlen hat. Hilfreich gerade im Sommer/Herbst 2020 ist ein funktionierendes Mittel gegen Insektenstiche – von den allgegenwärtigen Stechmücken bis zu den Zecken im Bergwald. Herbert Huber schlägt da eine Pflanze vor, die in vielen Gärten wächst: den Spitzwegerich. Dabei soll die Pflanze ausgedrückt und der Saft in die Stichwunde eingerieben werden. Herbert Huber schwört darauf: denn die Behandlung ist steril, Spitzwegerich findet sich fast ganzjährig überall und Symptome wie Juckreiz und Schwellung verschwinden schnell. Eine weitere Methode kommt aus der klassischen Hildegard-Edelsteinmedizin: dabei wird ein Achat (Herbert Huber verschreibt den Halbedelstein, bekommt man in Apotheken) mit Speichel benetzt und auf den Insektenstich gelegt. Das zieht das Gift aus der Wunde und ist gerade bei Zeckenbissen sehr effektiv. So Mancher ist bei dieser Anwendung eher skeptisch und verbannt die Steinmethode in das Reich der Legenden. Aber Herbert Huber verweist darauf, dass man die Wirkung zwar nicht hundertprozentig erklären kann. Entscheidend ist aber: sie funktioniert.

Wenn die Haut brennt – Löschmittel Leinsamen

Bewährt bei Wanderfreunden hat sich auch ein Mittel, das eines der unangenehmsten Begleiterscheinungen des Sommers oder Frühherbstes lindert: den Sonnenbrand. Natürlich kann man auf Cremes und After-Sun-Lotions zurückgreifen, meint der Naturheilkundler, aber es gibt auch eine ganz einfache, natürliche Behandlung: Huber kocht drei Teelöffel Leinsamen in einem halben Liter Wasser und legt die Masse noch warm (!) auf die betroffenen Stellen auf. Der Schmerz wird sofort gelindert, die Verbrennung heilt schnell ab. Sobald der Leinsamen abgekühlt ist, muss eine neue Packung hergestellt werden.

Eher etwas für ältere Wanderfreunde, aber für Jüngere nicht verboten, ist der berühmte Hildegard-Herzwein: dazu kocht man einen Liter Wasser mit zwölf Stängeln Petersilie etwa 5 Minuten, lässt die Masse abkühlen und gibt 150 Gramm Honig dazu. Dann lässt man alles nochmals zwei bis drei Minuten köcheln, seiht ab und füllt den Wein zum Beispiel in einen Flachmann für unterwegs. Der Hildegardwein hilft bei Herz-Kreislauf-Beschwerden und ist gut haltbar.

Hildegard´s Gespür für Heilendes und Schädliches

Eine riesige Menge an Früchten, Kräutern und Gewächsen hat die Heilige Hildegard (1098–1179) im Laufe ihres Lebens auf ihre Wirkung für den menschlichen Organismus untersucht. Genauer gesagt, die Ordensfrau führte ihre Anwendungsvorschläge auf Visionen zurück. Erst die moderne Medizin zeigt, wie hellsichtig die Benediktinerin bereits die heilenden, aber auch schädlichen Inhaltsstoffe verschiedenster Substanzen aus der Natur erkannte.

Deshalb lehrt die Ordensfrau auch tiefergehende Maßnahmen, die sich auf die allgemeine Lebensführung auswirken und Wanderer, aber auch alle anderen Menschen bei der Gesunderhaltung unterstützen.

Dazu gehört auch der Aderlass: das therapeutische Abnehmen von Blut ist aber weit weniger dramatisch als sich die meisten Menschen vorstellen, wenn sie von dieser Methode hören, sagt Naturheilkundler Huber. Dabei wird bei abnehmendem Mond (also während einer Entgiftungsphase des Körpers) durch eine kleine Wunde nur eine minimale Menge (50-80 Milliliter) Blut abgenommen, das heraustropft und nicht „abgezapft“ wird. Der Patient muss nüchtern sein und vorher bestimmte Tees trinken. Alle diese Maßnahmen sind bis heute nicht abschließend erklärt, aber sie zeigen eine tiefe, entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung. Hildegard weist darauf hin, dass damit die „schlechten Säfte des Körpers entfernt werden“.

Auch das Heilfasten kennt Hildegard bereits. Fünf bis sechs Tage soll der Mensch dabei keine feste Nahrung zu sich nehmen und zum Beispiel bestimmte Säfte trinken. Dabei nimmt nicht nur beim Bergwandern die Leistungsfähigkeit eher zu als ab. Der Stoffwechsel nimmt sich sozusagen eine Auszeit, aber auch die Wirkung auf den Geist sind sehr gut spürbar.

Eine dritte Maßnahme ist damit eng verbunden: der Naturheilkundler Huber nennt es: auf die „Subtilität der Nahrung“ achten. Damit gemeint ist, Nahrungsmittel möglichst bei einem Bio-Anbauverband wie demeter oder Naturland zu kaufen. „Das ist die Voraussetzung, dass man die Mikro-Nährstoffe gut aufnehmen kann, die probiotischen Substanzen und Spurenelemente und der Körper gut funktionieren kann – das alles geht nur mit bester Nahrung.“ Dass manche Lebensmittel dadurch geringfügig teuer sind als die im Supermarkt gekauften, lässt Huber nicht gelten. Er gibt zu bedenken: beim Autokauf werde ein Anschaffungspreis von mehreren zehntausend Euro ohne Weiteres akzeptiert – bei der Ernährung zähle dann plötzlich jeder Cent.

Der Autor
Willi Witte
Radio-Redaktion
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