Konsequenzen nach Gutachten

Münchner Offizial Wolf lässt alle Ämter und Aufgaben ruhen

Nach dem Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München und Freising gibt es eine erste personelle Konsequenz: Prälat Wolf lässt seine Ämter und Aufgaben ruhen. Kardinal Reinhard Marx tritt vorerst nicht zurück.

Prälat Lorenz Wolf lässt all seine Ämter und Aufgaben ruhen. © kna

München – Der Münchner Offizial Lorenz Wolf (66) lässt alle seine Ämter und Aufgaben ruhen. Das habe er dem Münchner Kardinal Reinhard Marx mitgeteilt, wie dieser am Donnerstag bei einer Pressekonferenz erklärte. "Damit bin ich einverstanden. Er will zu gegebener Zeit Stellung nehmen", so der Kardinal.

Wolf zählt zu den einflussreichsten Kirchenmännern in Bayern. Er ist neben seinen Funktionen im Erzbistum München und Freising als Leiter des Katholischen Büros die Schnittstelle der Kirche zur Politik in Bayern. Außerdem sitzt er seit 2014 dem Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks (BR) vor. Aus diesem Gremium waren in den vergangenen Tagen Rücktrittsforderungen laut geworden.

Kritik an Dekret von Wolf im Fall H.

Als Offizial ist der Kirchenrechtler seit 1997 für die kirchliche Gerichtsbarkeit im Erzbistum verantwortlich. Oft war er als zweite Instanz im Auftrag der römischen Kurie mit Missbrauchsfällen befasst. Aus seiner Feder stammt ein im Mai 2016 unterzeichnetes Strafdekret gegen den Wiederholungstäter Peter H., der 1982 aus dem Bistum Essen nach Bayern kam, dem das Missbrauchsgutachten einen Sonderband gewidmet hat.

An dem Dekret, über das Medien erstmals 2018 berichteten, entzündete sich Kritik, weil die Strafe angeblich zu milde ausfiel und H. nicht aus dem Klerikerstand entfernt wurde. Wolf rechtfertigte sich mit dem Hinweis, er habe wegen Vorgaben aus Rom nicht selbst ermitteln dürfen. Auch wegen des schlechten Zustands der Akten zum Fall sei mehr nicht drin gewesen.

Kanzlei kritisierte Handeln von Wolf in zwölf Fällen

Im Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) heißt es über Wolf, sein Handeln in zwölf von 104 Fällen während seiner Amtszeit gebe "Anlass zu Kritik". Der Offizial verzichtete auf Stellungnahmen zu den einzelnen Fällen, engagierte aber Rechtsbeistände, die die Legitimität der Untersuchung bezweifeln. Die Vorwürfe gegen den Kirchenrechtler seien "unwahr, tendenziös und willkürlich selektiv", so einer seiner Anwälte. Die Hauptkritik der Gutachter lautet, Wolf habe im Umgang mit Missbrauchsfällen die Interessen der Beschuldigten vor die der mutmaßlichen Opfer gestellt.

Marx will weiterhin Erzbischof bleiben

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx will zumindest vorerst im Amt bleiben. "Ich klebe nicht an meinem Amt", betonte er allerdings auch am Donnerstag in München: "Das Angebot des Amtsverzichts im letzten Jahr war sehr ernst gemeint. Papst Franziskus hat anders entschieden und mich aufgefordert, meinen Dienst verantwortlich weiterzuführen."

Als Erzbischof trage er Verantwortung für das Handeln des Erzbistums, auch für das Versagen beim Umgang mit Missbrauch, ergänzte der Kardinal: "Ich bin bereit, auch weiterhin, meinen Dienst zu tun, wenn das hilfreich ist für die weiteren Schritte, die für eine verlässlichere Aufarbeitung, eine noch stärkere Zuwendung zu den Betroffenen und für eine Reform der Kirche zu gehen sind."

Weiteres Rücktrittsangebot von Kardinal Marx nicht ausgeschlossen

Falls er oder andere allerdings den Eindruck gewinnen sollten, er wäre "dabei eher Hindernis als Hilfe", werde er das Gespräch mit den entsprechenden Beratungsgremien suchen und sich kritisch hinterfragen lassen, kündigte der Erzbischof an. Diese Entscheidung werde er aber "nicht mehr mit mir allein ausmachen", fügte er hinzu mit Blick auf sein Rücktrittsangebot im letzten Jahr. (kna)