Reformprozess der katholischen Kirche

Münchner Missbrauchsgutachten hat Einfluss auf Synodalen Weg

Der Synodale Weg geht in die nächste Runde. Anfang Februar treffen sich die Teilnehmer in Frankfurt. Gibt der Unmut unter deutschen Katholiken dem Reformprozess neuen Rückenwind?

Zuletzt tagte die Synodalversammlung in der Frankfurter Messe. © Synodaler Weg/Maximilian von Lachner

Frankfurt –  Empörung bestimmt in diesen Tagen die Gemütslage vieler Katholiken in Deutschland. Das jüngste Münchner Missbrauchsgutachten bescheinigt mehreren Münchner Erzbischöfen Führungsversagen im Umgang mit Missbrauchstätern sowie fehlende Sorge für die Geschädigten. Distanziert klingende Reaktionen der noch lebenden Verantwortlichen, darunter der frühere Papst Benedikt XVI. sowie der aktuelle Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, rufen massive Kritik hervor.

Plötzlich sind der Missbrauchsskandal und seine Aufarbeitung, die am Anfang des Synodalen Wegs standen, wieder ganz oben auf der Agenda des Reformdialogs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland. Veränderungen - nun erst recht? Wenn sich vom 3. bis 5. Februar die rund 230 Synodalen zur dritten Vollversammlung in Frankfurt treffen, liegen ihnen nicht weniger als 13 Dokumente mit insgesamt 121 Seiten zur Beratung vor, einige davon in Zweiter Lesung.

Wie groß ist der Wunsch nach Wandel bei den Synodalen?

Beobachter erwarten, dass es erstmals zu Abstimmungen mit gesonderten Bischofsvoten kommt. Dann wird sich zeigen, wie groß der Wunsch nach einem grundlegenden Wandel unter denen ist, die über eine Umsetzung der Beschlüsse in den 27 Bistümern zu befinden haben. Der Druck ist noch einmal gestiegen - das gilt auch für die Erwartungen auf greifbare Fortschritte bei den vier zentralen Themen des Synodalen Wegs: Sexualmoral, Rolle der Frauen, priesterliches Leben und Macht.

Synodaler Weg


Der Begriff "Synodaler Weg" verweist auf das griechische Wort Synode. Es bedeutet wörtlich "Weggemeinschaft". Im kirchlichen Sprachgebrauch bezeichnet Synode eine Versammlung von Bischöfen oder von Geistlichen und Laien. In ihrem Reformdialog auf dem Synodalen Weg wollen die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland beraten. Ausgangspunkt ist eine jahrelange Kirchenkrise, die der Missbrauchs-Skandal verschärft hat.

Oberstes Organ des Synodalen Wegs ist die Synodalversammlung. Sie zählt 230 Mitglieder, die für eine möglichst große Bandbreite kirchlichen Lebens stehen sollen. Schwerpunktthemen des Reformdialogs sind die Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche. Die Initiative, die es in dieser Form in der katholischen Kirche noch nie gab, war ursprünglich auf zwei Jahre angelegt. Wegen der Corona-Pandemie sowie der Fülle an zu beratenden Papieren wird der Synodale Weg allerdings nach derzeitigem Planungsstand nicht im Oktober enden, sondern bis mindestens Anfang 2023 dauern. 

Wie eine Synode hat auch der Synodale Weg beratenden Charakter. Das letzte Wort bei einer möglichen Umsetzung der Beschlüsse in ihrem Bistum haben die Ortsbischöfe. Das soll die Einheit mit der Weltkirche gewährleisten und einen nationalen Sonderweg verhindern. (kna)

Der Aachener Bischof Helmut Dieser hofft auf Signale des Aufbruchs bei seinen Mitbrüdern. Wer nur vor Spaltungstendenzen warne, verkenne die Zeichen der Zeit, sagte er mit Blick etwa auf Äußerungen des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki, der in seinem Erzbistum wegen einer verunglückten Missbrauchsaufarbeitung unter Druck steht und diesmal wegen einer Auszeit nicht dabei sein wird.

Zölibat und Diakonat der Frau sind Themen in Frankfurt

Das Wort von der Spaltung werde "am liebsten von denjenigen verwendet, die etwas verhindern oder aber unbedingt durchsetzen wollen und nicht bereit sind, mit der Mehrheit der Bischöfe mitzugehen", sagte Dieser der "Kölnischen Rundschau" (Montag). "Die Spaltung könnten wir auch bekommen, wenn wir nichts tun. Wenn nichts geschieht, sind wir endgültig weg."

Passend dazu liegt bei der dritten Synodalversammlung der Fokus auf den sogenannten Handlungstexten. Zu den Forderungen gehören der Ruf nach Mitbestimmung der Laien bei der Bestellung neuer Bischöfe, nach Lockerungen bei der verpflichtenden Ehelosigkeit von Priestern oder nach der Zulassung von Frauen zum Diakonat.

Mehrheit der Arbeitsgruppe "Sexualmoral" für Segnung homosexueller Paare

Eine große Mehrheit der Arbeitsgruppe zur Sexualmoral spricht sich in einem von ihr erarbeiteten Papier für die Segnung homosexuelle Paare aus. Bislang betrachten viele Bischöfe solche Segnungen als Gewissensfrage der einzelnen Seelsorger. Die Mitglieder des Forums setzen nun darauf, dass die Synodalversammlung sich mit doppelter Zwei-Drittel-Mehrheit dem Ruf nach einer transparenten Regelung anschließt.

Befürworter werden darauf verweisen, dass ein gänzlich anderer Umgang mit Homosexualität schon lange in der Luft liegt. Rund ein Dreivierteljahr nach der vielbeachteten Aktion #liebegewinnt haben sich in diesen Tagen im Rahmen der Kampagne #OutInChurch auf einer Internetseite und im Rahmen einer Fernsehdokumentation Menschen in der katholischen Kirche als homosexuell geoutet.

Bätzing scheint Austauch mit Rom  zu gelingen

Was sagt Rom zu alledem? Diese Frage wird letztlich über Wohl und Wehe des Synodalen Wegs entscheiden. Neuerdings mehren sich die Anzeichen, dass es Bischof Georg Bätzing gelingt, die deutsche Initiative besser mit dem von Papst Franziskus ausgerufenen Synodalen Prozess auf Weltebene zu verzahnen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz steht darüber im Austausch mit Kardinal Mario Grech, dem Leiter des Weltsynodensekretariats. (kna)