Aufarbeitung von Missbrauch in der Kirche

Münchner Betroffenenbeirat erläutert Kritikpunkte

Der Betroffenenbeirat in der Erzdiözese macht weiter Druck auf die Bistumsspitze und wünscht sich von Kardinal Marx erneut ein Zugehen auf die Betroffenen. Nach einem Briefwechsel mit dem Erzbischof erklärt der Sprecher des Beirats, Richard Kick, seine Beweggründe.

Richard Kick, Sprecher des Betroffenenbeirats der Erzdiözese München und Freising © Kiderle

Gerade hat Richard Kick wieder eine Nachricht einer von Missbrauch betroffenen Frau bekommen. Ein Satz bleibt bei ihm hängen: "Herr Kick, ich habe den Eindruck, es passiert ja wieder nichts", so erzählt es der Sprecher des Betroffenenbeirats gegenüber mk-online. Auch von frustrierten Kirchenmitarbeitern bekäme er ähnliche Rückmeldungen.

Erst am Montag hatte Kick der Bistumsleitung in einem offenen Brief "Untätigkeit" seit der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens am 20. Januar vorgeworfen. Kardinal Reinhard Marx forderte er darin auf, in "persönlichen Kontakt" mit Betroffenen zu treten.

Unzufriedenheit mit der Antwort des Kardinals 

Der Erzbischof hat bereits auf den Brief geantwortet und unter anderem darauf verwiesen, dass er am 21. März an der Veranstaltung "Betroffene hören" in München teilnehmen werde und hoffe, dass dort persönliche Begegnungen stattfinden könnten. Richard Kick macht deutlich, dass ihn diese Antwort des Kardinals nicht zufriedenstellt. "Er nutzt jetzt die Plattform, die wir ihm bieten, obwohl wir damit eigentlich niederschwellig Betroffene ansprechen wollten." Vielmehr wünsche er sich, dass Marx die zahlreichen bereits bekannten Betroffenen per Brief persönlich anschreibe und zu einem Gespräch einlade, so der Sprecher des Betroffenenbeirats.

Unabhängige Ombudsstelle nötig 

Ein weiterer Punkt, der dem Beirat wichtig ist, ist die Forderung nach einer unabhängigen Ombudsstelle als dezidiert parteiische Interessenvertretung für Geschädigte sexualisierter Gewalt. Schließlich sei es eine sehr mutige Entscheidung, wenn ein Betroffener teils nach Jahrzehnten wieder den Weg in Richtung Kirche aufnehme, und um die Wahrnehmung seines Leids bitte, so Kick. "Aber das passiert ja nicht", zieht er ein ernüchterndes Fazit. Kardinal Marx wiederum hob in diesem Kontext in seiner Antwort an den Betroffenenbeirat neue Kooperation des Erzbistums mit unabhängigen, nichtkirchlichen Fachberatungsstellen wie den Vereinen Wildwasser und MIM hervor.

Hoffnung auf Generalvikar und Amtschefin

Dennoch glaubt Kick nicht mehr, dass der Kardinal in diesem Zusammenhang eine "Lernkurve" hinlegt. Hoffnung setzt er aber in Generalvikar Christoph Klingan und Amtschefin Stephanie Herrmann. "Sie sind willens, das aufzuarbeiten, was schon lange nötig gewesen wäre." Beide seien eine "Stütze" der Zusammenarbeit. "Ich glaube, es ist eine Chance, mit ihnen den Weg zu gehen", so der Sprecher. Er zumindest gehe mit voller Energie weiterhin an seine Aufgabe im Betroffenenbeirat heran. "Ich bin ganz sicher, das wird zum Erfolg führen. Vielleicht nicht zu hundert Prozent, aber auf 80, 90 Prozent werden wir schon kommen." (ksc/hw)