Einsatz für die Jugend

Mit Herz und Verstand

Maria-Theresia Kölbl ist die neue geistliche Leiterin beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend in Bayern. Sie hat viele Pläne und ist nebenbei auch noch die erste Frau in dieser Position.

Maria-Theresia Kölbl ist die erste Frau, die die Geistliche Leitung beim BDKJ in Bayern übernimmt. © SMB/Kelpe

Wenn Maria-Theresia Kölbl mal zur Ruhe kommen muss, dann setzt sie sich hin und puzzelt. Stundenlang. Je schwerer, desto besser. Das größte Puzzle, das sie bis jetzt gemacht hat, hatte 2.000 Teile. Doch in ihrer jetzigen Wohnung in Regensburg ist der Tisch zu klein, sodass bei 2.000 Teilen platztechnisch die Grenze lag. „Vielleicht kaufe ich mir für meine neue Wohnung einen größeren Tisch“, sagt sie und lacht. Sie hat ein offenes, ansteckendes Lachen. Doch gleichzeitig spürt man, dass sich die junge Frau gerade in einer Umbruchsphase befindet, wo die Gefühle auf und ab gehen. Ihre neue Wohnung ist in München und der Umzug muss bis zum ersten September geschafft sein. Denn dann beginnt für die 30-jährige eine neue, große Aufgabe: Sie ist die neue Geistliche Leiterin beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in Bayern. Gleichzeitig ist sie die erste Frau, die für diese Position gewählt wurde.

Eine Position mit Symbolkraft

„Oh, das ist ja eine hohe Stelle für eine Frau in der katholischen Kirche.“ Diesen Satz bekommt Kölbl oft zu hören.  Die Position als Geistliche BDKJ-Leitung in Bayern ist seit fünfzehn Jahren keine Priesterstelle mehr, aber bislang trotzdem eine reine Männerdomäne gewesen. Kölbl ist sich der Symbolkraft bewusst: „Das ist sogar ein bisschen revolutionär“, sagt sie. Aber gleichzeitig will sie das Thema gar nicht so hochhängen. „Ich hoffe, dass ich die Stelle nicht bekommen habe, weil ich eine Frau bin, sondern, weil ich für die Themen brenne und weil ich Lust habe, mich da zu engagieren“, sagt sie. Ihrer Meinung nach sollte das Geschlecht längst keine Rolle mehr spielen. Ihr sei aber bewusst, dass das in der katholischen Kirche immer noch der Fall ist. In der Vergangenheit musste sie sich deshalb oft behaupten und durfte bestimmte Aufgaben in der Kirche nicht übernehmen. Oder männliche Kollegen wurden bevorzugt, obwohl sie die gleichen Kompetenzen hatten. „Sowas macht mich dann zur Kämpferin,“ erzählt sie.

Die Katholische Kirche als Wegbegleiter

Kölbl ist mit der Kirche großgeworden. Sie ist in einer katholischen Familie mit drei Geschwistern in einem Dorf nahe Regensburg aufgewachsen. Dort hat sie sich schon sehr früh in das aktive Kirchenleben eingebracht und war Ministrantin. „Wir konnten die Kirche mitgestalten und vor allem mitreden“, erzählt sie. Dann besuchte sie eine katholische Mädchenschule und begann eine „klassische Jugendverbandskarriere“: Erst engagierte sie sich als Gruppenleiterin auf Ortsebene und stieg schon bald auf Diözesanebene als Diözesanleiterin mit ein. Dort hat sie sich nach eigenen Worten „ausgetobt“: Sie organisierte Zeltlager, Konferenzen und Veranstaltungen. „Über die Schiene bin ich dann schließlich zum Theologiestudium gekommen. Ich habe mir gedacht: Das, was ich jetzt ehrenamtlich mache, das will ich später auch hauptamtlich machen,“ sagt sie. Das Ehrenamt begleitete sie aber neben ihrem Studium in Regensburg weiter. Nach dem Studium arbeitete sie in Pfarreien und absolvierte eine Ausbildung als Pastoralreferentin. Die Jugendarbeit hat sie dabei nie ganz losgelassen.

Die Jugendarbeit bleibt Herzenssache

Bei der Stelle des BDKJs als geistliche Leiterin laufen jetzt alle Linien zusammen, die sie in den vergangenen Jahren leidenschaftlich beschäftigten: die Theologie, die Jugendarbeit und das Netzwerken. „Das ist für mich gerade genau das Richtige“, sagt sie und das letzte fehlende Puzzleteil scheint seinen Platz im Gesamtbild gefunden zu haben. Die junge Frau mit den blonden Locken hat weiche, freundliche Gesichtszüge und helle, blaue Augen. Sie wirkt vertrauensvoll wie jemand, die für jeden ein offenes Ohr hat und an dessen Schulter man sich jederzeit anlehnen kann. Gleichzeitig weiß sie genau, welche Themen ihr wichtig sind und wie sie diese vermitteln kann: argumentativ, konsequent und sachlich. Beim BDKJ sieht sie sich jetzt an einer Schnittstelle, wo sie tatsächlich Dinge bewegen und ankurbeln kann. Ihr Herzensthema bleibt dabei die Jugendarbeit: „Ich kann die Bedingungen schaffen, dass andere Kinder und Jugendliche das erleben, was ich in meiner Kindheit erleben durfte.“

Die guten Seiten der Kirche sichtbar machen

Kölbl hat Träume, wie „ihre“ Kirche aussehen soll: Sie soll nah am Menschen sein, Raum für Gemeinschaft und Glauben bieten, Frauen in das Priesteramt lassen und ein Ort für die Jugend sein. Sie soll selbstbewusst, aber nicht missionarisch sein. Dennoch ist Kölbl auch eine Realistin. Ihr ist die schlechte Presse rund um die Kirche bewusst und sie weiß, dass das ein Grund ist, warum viele Menschen der Kirche fernbleiben. Doch ihr ist auch klar, dass die negativen Schlagzeilen, die ihrer Meinung nach in vielen Bereichen gerechtfertigt seien, das positive Engagement und den Einsatz vieler Menschen verdecken: „Kirche passiert vor Ort und da passieren gute und schöne Sachen. Gemeinsam am Lagerfeuer sitzen und über Glauben und Zweifel zu diskutieren gehört auch dazu.“ Genau diese Seiten möchte sie fördern und sichtbar machen.

Zwischen Abschied und Neuanfang

Für ihre neue Aufgabe hat Kölbl noch viele weitere Themen im Gepäck: Umwelt, Glaubenskommunikation, Jugendpastoral. Die junge Frau glüht vor Ideen und ihr Enthusiasmus wirkt dabei mitreißend und nicht aufzwingend. Und trotzdem weiß sie, wie herausfordernd der neue Lebensabschnitt sein wird.
Doch gerade hängt sie noch ein bisschen dazwischen: zwischen Regensburg und München, zwischen Abschied und Neuanfang. Am Ende des Gesprächs fährt sie noch kurz zu ihrer neuen Wohnung: „Ich muss nochmal ausmessen“, sagt sie. Vielleicht findet dann auch ein größerer „Puzzle-Tisch“ einen Platz in ihrem neuen Zuhause. (Eileen Kelpe, Volontärin beim Michaelsbund)