Theater in Oberammergau

Mit dem Casting-Blick auf Kneipentour

Auf der Passionsbühne in Oberammergau wird im kommenden Sommer ein Schauspiel aufgeführt, das seit über 100 Jahren auf keiner Bühne mehr zu sehen war.

Passionsspielleiter und Volkstheater-Chef Christian Stückl (Bild: Sankt Michaelsbund/jäger) © Sankt Michaelsbund/jäger

München/Oberammergau – Passionsspielleiter Christian Stückl wird im Sommer „Kaiser und Galiläer“ von Henrik Ibsen auf die riesige Theaterbühne in Oberammergau bringen. Das Drama hatte im Jahr 1896 am Stadttheater Leipzig seine Uraufführung. Es handelt von Kaiser Julian, dem Nachfolger von Kaiser Konstantin, unter dessen Herrschaft das Christentum im Römischen Reich als Weltreligion eingeführt wurde. Kaiser Julian lehnt sich jedoch dagegen auf und will dies wieder rückgängig machen. Er möchte eine tote Vergangenheit neu beleben.

 

Insgesamt werden rund 300 Mitwirkende in Oberammergau auf der Bühne stehen, davon gut dreißig mit einer Sprechrolle. Das mag wohl einer der Gründe sein, warum das Stück, an dem Ibsen über neun Jahre gearbeitet hat, nicht öfter gespielt wird. „Wir probieren das jetzt einfach“, freut sich Stückl auf die neue Produktion, die am 1. Juli in Oberammergau Premiere feiert.

 

Bevor Anfang Mai die Proben beginnen, wird Stückl sich in den ersten Monaten des Jahres auf die Suche nach Darstellern in Oberammergau begeben. Denn wie es sich für den Passions-Spielort gehört, werden auch bei „Kaiser und Galiläer“ nur Laiendarsteller mitwirken. „Ich laufe immer mit Casting-Blick durch das Dorf oder stelle mich in der Kneipe nahe neben die Leute, um zu hören, wie ihre Stimme klingt“, verrät Stückl. Mit Nachwuchsproblemen hat er in Oberammergau nicht zu kämpfen. „In anderen Dörfern fragt man, ob der Sohn nicht zum Fußball spielen kommen will, in Oberammergau fragt man, ob man Theater spielen will.“

 

Auch das Münchner Volkstheater wird mit dem Publikumsliebling „Der Brandner Kaspar und das ewig´ Leben“ in der neuen Spielzeit wieder in Oberammergau zu Gast sein. Und auch mit der Wiederaufnahme der Oper „Nabucco“ von Guiseppe Verdi setzt Stückl auf Bewährtes.

 

Das Heimatsound Festival (29./30. Juli), für das beispielsweise Konstantin Wecker, die Oberammergauer Lokalmatadore „Kofelgschroa“ und Seiler und Speer ihr Kommen bereits zugesagt haben, rundet das Programm ab. Den feierlichen Abschluss der Spielzeit bildet das Konzert der Neuen Münchner Philharmonie am 12. August. Unter dem Titel „Aus der Neuen Welt“ dirigiert Ainars Rubikis Werke von Antonín Dvo?ák, Leonard Bernstein und George Gershwin. (lj)