München – In den 1940er- und 1950er-Jahren war das „Rheingold“-Bier eines der beliebtesten an der amerikanischen Ostküste. Es hatte Kultstatus und verkörperte ein Stuck Lebensgefühl. Verantwortlich für den Erfolg der Marke war Hermann Schülein, ein Münchner Jude und Brauherr, der 1935 Nazi-Deutschland verlassen hatte und mit seiner Familie nach New York emigriert war. „Ihm gelang es wie kaum einem anderen in den USA Fuß zu fassen“, sagt Bernhard Purin, der Direktor des Jüdischen Museums. Schülein habe schon vor seiner Flucht in Europa und den USA als der führende Brauereiexperte gegolten.
Nach seiner Ankunft in New York wurde Schülein Direktor der deutschstämmigen Liebmann Brewery. Er überarbeitete die Rezeptur des „Rheingold“-Biers und trieb den Erfolg der Marke mit innovativen Werbemethoden voran. So veranstaltete er von 1940 bis 1964 die populäre Wahl der „Miss Rheingold“ in den USA. Zum 800. Stadtjubiläum Münchens 1958 ließ er Kandidatinnen für die Schönheitswahl gar im Cadillac beim Oktoberfest-Umzug mitfahren – den Kontakt in die bayerische Heimat hatte er nie abgebrochen. Zudem setzte Schülein Stars wie John Wayne, Louis Armstrong oder – als einen der ersten Afroamerikaner – Nat King Cole in Werbespots ein. Auch das Baseball-Team der „New York Mets“ wurde von Rheingold gesponsert.
"König von Haidhausen"
Ursprünglich stammte die Familie Schülein aus dem mittelfränkischen Thalmässing. Josef Schülein, der Vater von Hermann, übernahm 1895 die in Konkurs gegangene Unionsbrauerei im Münchner Stadtteil Haidhausen, kurze Zeit später dann auch die Münchner-Kindl-Brauerei. Der ältere Schülein sei wegen seines sozialen Engagements auch als "König von Haidhausen" bekannt gewesen, berichtet Ausstellungsmacher Purin. So habe der jüdische Brauereichef jedes Jahr 50 katholische Firmkinder mit Geld, Kleidungsstücken und Uhren beschenkt.
Nach dem Ersten Weltkrieg brachen für das Brauereigewerbe schwierige Zeiten an. So fusionierte die Unionsbrauerei 1921 mit der auf den Export spezialisierten Löwenbräu, die nach dem Krieg viele Absatzmärkte im Ausland verloren hatte. Wegen der größeren Bekanntheit firmierten die Brauereien unter dem Namen Löwenbräu AG. Josef Schülein wurde Aufsichtsrat, Hermann Mitglied des Vorstands und ab 1924 Generaldirektor.