Krisenfeste Charaktere

Michael Christie: Das Flüstern der Bäume

Im Mittelpunkt stehen Bäume und Menschen, die eng mit Bäumen verbunden sind, sei es als Baumschützer oder als Holzfäller und Holzhändler.

© © Cedar Bowers

Wie sich das Leben mit, in und von der Natur in den letzten gut hundert Jahren verändert hat, das erzählt Michael Christie mit den Greenwoods. Eine Familiensaga in gewisser Weise, nur dass es mit der Blutsverwandtschaft hier nicht so genau genommen wird. Die wird ein bisschen ersetzt durch die Wahlverwandtschaft mit Bäumen. 

Der Roman beginnt in einer Baumkathedrale: „Gottes Mittelfinger“ wächst dort zum Beispiel - eine über siebzig Meter hohe Douglas-Tanne, die schon zu Shakespeares Zeit ein Baumriese war. Im Jahr 2038 pilgern die Menschen nach Greenwood Island, um einen der letzten Primärwälder Kanadas zu bestaunen. Janina „Jake“ Greenwood arbeitet auf der Insel als Waldführerin, die Namensgleichheit mit der Insel ist ein Zufall, denkt sie. Bis ein Freund ihr Recherchen präsentiert, die nahelegen, dass die Insel ihr sogar gehören könnte. Er überreicht ihr das Tagebuch einer Vorfahrin. 

Und dann dringt der Leser vor zum nächsten Jahresring in der Greenwood Familiengeschichte, Jake hat ihren Vater nie kennengelernt, daher weiß sie auch nichts von ihrer Großmutter Willow, Die war der personifizierte Umweltschutz, der Name bedeutet Weide, schon wieder ein Baum. Ihr Erbe vermacht sie Anfang der siebziger Jahre einer Stiftung und lebt weiterhin als Umwelt-Aktivistin in einem VW-Bus, ihr Sohn verbringt quasi seine ganze Kindheit dort und draußen in den Wäldern. Für Willow bedeutet der Name Greenwood Raffgier und Ausbeutung der Natur. Als Vollzeit-Waldmörder sieht sie ihren Vater Harris, den Holzgiganten. Seine Eltern kann man sich eben nicht aussuchen. Und manchmal auch nicht die Kinder, um die man sich kümmert.  Herauszufinden, wie die Hauptpersonen überhaupt miteinander verbunden sind, außer über den Namen Greenwood -  das ist eine spannende Entdeckungsreise, die den ersten Teil des Romans bestimmt. Und als das geklärt ist, geht die Reise weiter in die Zukunft, die Welt der Klimakrise.

Dieser Baum-Roman ist zum großen Teil in einem Holzhaus entstanden auf einer Insel unweit der kanadischen Westküste vor Vancouver, Galiano Island. Dort lebt Michael Christie mit seiner Familie auch und zwar in einem selbst gezimmerten Holzhaus, wie es heißt. Es ist sein zweiter Roman, nominiert unter anderem für den wichtigsten kanadischen Literaturpreis.


Buchtipp

Michael Christie: Das Flüstern der Bäume

Penguin, 560 S.

22 € inkl. MwSt.

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