Pfarrverband Laim

Mauern der Klage nach Münchner Missbrauchsgutachten

In den Pfarreien des Erzbistums München und Freising geht man unterschiedlich mit den Ergebnissen des Missbrauchsgutachtens um: In Laim können die Gläubigen ihre Gedanken zur Missbrauchsthematik an einer "Mauer der Klage" ablegen.

Die Mauern der Klage in den vier Kirchen des Pfarrverbands Laim. © Pfarrverband Laim

München – Pfarrvikar Ralph Regensburger ist im Pfarrverband Laim das "Gesicht" der Pfarrei Sankt Ulrich. Nach der Veröffentlichung des Gutachtens zum Umgang mit sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising erfuhr er deshalb die unterschiedlichsten Reaktionen durch die Gläubigen. "Blankes Entsetzen, Wut und Zorn" seien darunter gewesen. Auch deutliche Worte ihm als Repräsentanten der "Täterkaste Priester" gegenüber seien gefallen. "Das muss ich aber gar nicht persönlich nehmen, das hat einfach mit meiner Rolle und Funktion zu tun", sagt Regensburger. Andere Gemeindemitglieder wiederum hätten sich beschönigend geäußert und in dem Gutachten etwa eine Kampagne gegen den emeritierten Papst Benedikt XVI. gewittert.

Missbrauch als Mauer 

Bereits vor der Veröffentlichung des Gutachtens hat sich das Präventionsteam des Pfarrverbands - dem Regensburger angehört - die Aktion "Mauer der Klage" für die Zeit danach überlegt. "Mit einer Mauer kann ich etwas verdecken und so wird auch der Altar zumindest stückweise verdeckt. Zwischen den Gläubigen und dem, was wir feiern, steht der Missbrauch als Mauer, als unüberwindliches Element. Und an diese Mauer kann ich meine Klage bringen", erklärt der Pfarrvikar die Idee hinter der Installation, die in allen vier Kirchen des Pfarrverbands stattfindet. Der Titel "Mauer der Klage" soll dabei bewusst sperrig wirken und zudem die berühmte Klagemauer in Jerusalem nicht "für unsere Zwecke" vereinnahmen, so Regensburger.

In den Kirchen liegen Zettel und Stifte bereit, damit die Besucher ihre Betroffenheit, ihr Unverständnis und jegliche Gedanken zur Missbrauchsthematik zu Papier bringen und dieses in die Hohlräume der Backsteine stecken können. Es besteht auch die Möglichkeit, eine Kerze in der zerklüfteten Mauer abzustellen oder still davor zu beten. "Das Bild der Mauer ist nicht einfach und die Gemeinde wie die Seelsorgerinnen und Seelsorger müssen sich dem aussetzen. Aber auch dadurch kann Heilung passieren, indem man Frust ausspricht und ihn ablegt", betont Regensburger.

Gott anvertrauen

Bis zum Aschermittwoch, 2. März, läuft die Aktion. Dann werden um 15 Uhr für 15 Minuten die jeweils größten Kirchenglocken im Pfarrverband läuten und währenddessen die Klagezettel dem Feuer übergeben. "Nicht, um sie einfach wegzuhaben, sondern, um sie durch die zum Himmel steigenden Flammen, Gott anzuvertrauen", erklärt der Pfarrvikar. Bewusst habe man sich dagegen entschieden, die Klagen vorzulesen. "Uns war von Anfang an wichtig, dass sie anonym und im Persönlichen bleiben."

Ralph Regensburger ist wichtig zu betonten, dass die Mauern kein kirchlicher Ort des Selbstmitleids sind. Für ihn symbolisieren sie die dunkle Seite der Kirche, die "die Betroffenen, die Überlebenden und die Opfer" allzu lange übersehen hat. Diese sollen nun endlich im Vordergrund stehen.

Der Autor
Klaus Schlaug
Online-Redaktion
k.schlaug@michaelsbund.de