Taten von Weihbischof Defregger

Massaker von Filetto - Marx schreibt Grußwort an Gemeinde

Eine Delegation der oberbayerischen Gemeinde Pöcking wird einer Gedenkfeier in Filetto di Camarda beiwohnen. Im Gepäck haben sie einen Brief von Kardinal Marx.

Der Münchner Kardinal Marx hat der Gemeinde Filetto di Camarda einen Brief geschrieben. © Imago Images

München/Filetto – Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat sich in einem Grußwort an die Einwohner des italienischen Orts Filetto di Camarda gewandt. Dieses soll am Dienstag bei einem Gedenkakt verlesen werden. Anlass ist ein Besuch einer Delegation der oberbayerischen Gemeinde Pöcking in dem Abruzzendorf. Dort fand am 7. Juni vor 78 Jahren ein Massaker der Wehrmacht statt, bei dem 17 Dorfbewohner getötet wurden. Das Kommando über die deutschen Soldaten hatte der Hauptmann und spätere Münchner Weihbischof Matthias Defregger (1915-1995). Zuletzt wohnte der Kirchenmann als angesehener Mitbürger und Seelsorger in Pöcking, wo auch eine Straße nach ihm benannt ist.

Krieg heute wieder präsent

Was Krieg bedeute, werde mehr als 75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa derzeit wieder schrecklich den Menschen vor Augen gestellt, erinnert der Kardinal in seinem Schreiben: "Zerstörung von Häusern, von Landschaften, von Infrastruktur, Flucht und der Tod unzähliger Menschen." Gebäude könnten wieder aufgebaut, Infrastruktur wieder hergestellt werden. Aber der Tod von Menschen, der Schmerz und das Leid könnten ebenso wenig rückgängig gemacht werden, wie Schuld und Verstrickung in ungerechtes Handeln. Die Folgen des Krieges seien nicht mit dem Wiederaufbau überwunden. Sie reichten über Generationen hinweg.

Anlässlich des Gedenkens wolle er deshalb dabei sein, "im Gebet für die unschuldigen Opfer, in Achtung vor dem zugefügten Leid und in Respekt vor dem von Ihnen in Jahrzehnten gegangenen mühsamen Weges einer Verständigung zwischen Deutschen und Italienern angesichts der Schrecken dieser Tat", so Marx. Er dankte den Verantwortlichen aus Pöcking für den Besuch und ihre "Spurensuche", die sie derzeit unternähmen. Die Person Defregger zeige, wie der Mensch im Krieg, und nicht nur dort, schuldig werden könne, ob er es wolle oder nicht.

Verhalten von Defregger aufarbeiten

Geschichtsforschung kann nach den Worten des Kardinals Hintergründe aufzeigen und ansatzweise auch Motive zu ergründen versuchen. Prozesse könnten nach der strafrechtlichen Schuld fragen. All dies sei geschehen und geschehe auch jetzt. Dennoch bleibe die unbeantwortete Frage, ob es nicht doch einen Ausweg aus dem Dilemma hätte geben können, in das Defregger gestellt gewesen sei.

Im Abstand von 75 Jahren könne Einordnung und Einschätzung anders ausfallen als unmittelbar in den Jahrzehnten nach dem Krieg oder in der Situation selbst, erinnert Marx. Eindeutigkeit im Urteil über das Handeln der Person werde es dabei wahrscheinlich nicht geben. Er jedenfalls glaube, so der Kardinal, dass es notwendig sei, das Verhalten von Defregger im Krieg und auch in der Zeit danach kritisch anzuschauen und aufzuarbeiten. (kna)