Ein Jahr nach Brand im Kloster Maria Medingen

„Manchmal liegen die Nerven doch noch blank“

Einen der größten Katastrophenfälle in Bayern bei kirchlichem Kunst- und Kulturgut seit dem 2. Weltkrieg. So nannte Augsburgs Diözesankonservator Dr. Michael Schmid den Brand in der Nacht auf den sechsten Juli 2015 im Kloster Maria Medingen. Die traurige Bilanz: eine Tote und ein Sachschaden im mehrstelligen Millionenbereich. Ein Ortsbesuch.

Ein Nebenraum der Sakristei darf nur in Schutzkleidung betreten werden (Bild: Sankt Michaelsbund/Burkhard) © Sankt Michaelsbund/Burkhard

Mödingen – Von außen wirkt eigentlich alles normal. Der Garten ist gepflegt, das Kloster in gutem Zustand. Ungewöhnlich ist höchstens der Sperrmüllcontainer vor der Tür und die Handwerker, die gerade Pause machen. Nichts deutet wirklich auf die Katastrophe hin, die sich hier vor genau einem Jahr abgespielt hat.

Ich bin mit Schwester Eva Ordner verabredet. Sie empfängt mich an der Pforte, erzählt wie es ihr und den Mitschwestern geht. „Rein äußerlich gesehen fehlt uns eigentlich nichts. Wir haben ein Dach über dem Kopf, haben genug zu essen, eine kleine Kapelle wo wir Gottesdienst feiern können“, so die Oberin. „Aber manchmal liegen die Nerven doch noch blank, weil diese Erinnerungen kann man nicht so schnell verdrängen, sie kommen von Zeit zu Zeit einfach hoch.“

Zutritt nur in Schutzkleidung

Auslöser des Brandes war eine Kerze, die im Nebenraum der Sakristei der Margarethenkapelle vergessen worden war. Bei unserem Rundgang durchs Kloster darf ich kurz in den Raum, länger wäre noch immer gesundheitsgefährdend, auch die Restaurateure und Handwerker dürfen sich hier nur wenige Stunden pro Tag aufhalten, tragen Mundschutz und Sicherheitskleidung. Noch immer riecht es beißend nach Lagerfeuer, sieht es mehr nach Baustelle aus als nach einer Kapelle. Überall Schutt, Kabel und technische Geräte. An den Wänden lassen sich teilweise noch Spuren des Feuers erkennen. Das einmalige Deckenfresko und der Stuck der Kapelle liegt in teils kieselsteingroßen schwarzen Stückchen in Kartons und Kisten. „Ein trostloser Anblick“, so beschreibt auch Schwester Eva den Zustand. Wichtige Gemälde die hier hingen wurden Opfer der Flammen, sind unwiederbringlich zerstört.

Zwar konnte der Brand, auch dank des schnellen Eingreifens der Feuerwehren, rasch gelöscht werden. Es gab aber, so erzählt mir Schwester Eva, eine unglaubliche Rauchentwicklung. Die giftigen Dämpfe zogen durch das komplette Gebäude, färbten die Wände pechschwarz, machten auch keinen Halt vor geschlossenen Türen. Besonders tragisch: eine der Schwestern konnte sich nicht mehr schnell genug retten, sie atmete die giftigen Dämpfe ein und war auf der Stelle tot.

Es fällt mir schwer mir vorzustellen, wie es hier nach dem Brand ausgehen haben muss. Die Wände wurden inzwischen in teils mühevoller Kleinstarbeit mit Knochenleim von Ruß und giftigen Rückständen befreit, neue Farbe lässt alles hell und freundlich wirken. Allein der Geruch hier deutet immer noch auf den Brand hin. Und auch die neuen Brandschutzmaßnahmen sind in vollem Gange. Die langen Flure müssen in Zukunft unterteilt werden. Über vierzig Feuerschutztüren werden in Einzelanfertigung angepasst.

Ein Raum voll mit Kunstwerken

Dann aber sperrt mir Schwester Eva noch einen letzten Raum auf. Hier lagern die Kunstgegenstände, Kreuze, Heiligenfiguren, liturgischen Gewänder die in der Brandnacht zerstört und kontaminiert worden sind. Jesusfiguren mit geschwärzten Gesichtern, verrußte Wachsfiguren, schwarze Kreuze und weitere Kartons mit Kleinstteilen des ehemaligen Freskos der Rokoko-Kapelle. Die Figuren hier dürfen selbst wenn sie noch intakt sind nicht mehr in die Wohnräume der Schwestern gestellt werden. „Zu stark belastet, zu krebserregend“, so Schwester Eva. Eine Restaurierung kommt nicht in Frage, die müssten die Schwestern aus eigener Tasche bezahlen „unmöglich das finanziell zu schultern“, das Geld werde für die menschenwürdige Pflege der älteren Mitschwestern benötigt, so die Oberin.

Bis die Schwestern wieder zurück in ihr Kloster dürfen werden wohl noch einige Monate vergehen. Trotzdem wollen Schwester Eva und die anderen den Jahrestag feiern. „Wir wollen nicht die Trauer überwiegen lassen, sondern dank sagen für die Rettung“. In Zukunft soll das Kloster wieder das sein was es war, „ein geistlicher Ort, das wollen wir erhalten und einen Beitrag dazu leisten, das hier weiterhin geistliches Leben sein kann.“ Linda Burkhard