Mitbestimmen in der Pfarrei

Laienvertreter über die bevorstehende Pfarrgemeinderatswahl

Im März 2022 werden die Pfarrgemeinderäte neu gewählt. Drei bisherige Mitglieder aus der Pfarrei St. Johann Baptist in Gröbenzell erzählen im Interview von ihrer Tätigkeit.

Der Pfarrgemeinderat ist ein „Seismograf“ für die Wünsche, Enttäuschungen, Hoffnungen und Aufbrüche in den Gemeinden. © PGR St. Johann Baptist Gröbenzell

Am 20. März werden die Pfarrgemeinderäte für die nächsten vier Jahre neu gewählt. Unter dem gemeinsamen Motto „Christ sein. Weit denken. Mutig handeln.“ ist auch die Pfarrei St. Johann Baptist in Gröbenzell (Dekanat Fürstenfeldbruck) auf der Suche nach engagierten Christinnen und Christen, die sich eine Kandidatur vorstellen können.

Drei bisherige Ratsmitglieder sprechen über Perspektiven, Herausforderungen und Wünsche: Heinrich Wunram, seit 35 Jahren im Pfarrgemeinderat, seit 2012 Vorsitzender; Barbara Lohr-Krämer, seit 2018 im Pfarrgemeinderat und Mitglied des Vorstands; und Alexander Miedl, seit 2018 im Pfarrgemeinderat.

Welche Aufgaben hat ein Pfarrgemeinderat (PGR)?

Heinrich Wunram: Der PGR ist die demokratisch gewählte Vertretung des Kirchenvolks auf Pfarreiebene. Er trägt maßgeblich zum pastoralen Leben bei und ist beratend und koordinierend zur Unterstützung der Seelsorger tätig.

Barbara Lohr-Krämer: Beim PGR laufen alle Fäden des ehrenamtlichen Engagements zusammen. Er stärkt die einzelnen Gruppen und betreibt das „Networking“.

Alexander Miedl: Der PGR muss „das Ohr“ in der Gemeinde sein.

Warum ist es heute so schwer, Menschen zu finden, die für den PGR kandidieren möchten?

Wunram: Die Situation hat sich sehr verändert. Gab es 1986 noch 33 Kandidaten für 16 Sitze, so waren es 2018 gerade einmal 11 Kandidaten für 10 Sitze. Es gibt eigentlich keine echte Wahl mehr. Man denkt heute anders: „Organisierte“ Treffen und Dauergruppen sind out, es wird eher projektbezogen agiert.

Lohr-Krämer: Die Menschen arbeiten mehr als früher, wollen sich nicht mehr längerfristig binden. Auch das schlechte Image der katholischen Kirche schreckt ab. Es gibt immer weniger Aktive in den Pfarreien. Und das Amt ist natürlich mit Arbeit verbunden. Das sollte man wissen.

Miedl: Das Interesse fehlt oft, weil viele Menschen die Institution Kirche mit der örtlichen Gemeinde gleichsetzen. Sie haben immer noch die Vorstellung, dass sie „von oben“ gelenkt werden und selbst keine Entscheidungen treffen können. In der Pfarrei läuft das aber anders.

Was sind die Herausforderungen der nächsten Jahre?

Wunram: Menschen zu finden und anzusprechen, die bereit sind, sich über längere Zeit in der Pfarrei zu engagieren. Vor allem gehört dazu, auch Nicht-Kirchgängern zu zeigen, was bei uns alles los ist.

Lohr-Krämer: Angesichts knapper Personalressourcen der Kirche wird das Engagement der Ehrenamtlichen immer wichtiger. Das Handeln der Kirche vor Ort muss neu an den Erfordernissen der Gegenwart ausgerichtet werden. Unsere Pfarrei erarbeitet derzeit ein eigenes Pastoralkonzept, das auf die Bedürfnisse unserer Gemeinde wie auch des gesamten Sozialraums in Gröbenzell eingeht. Wir müssen also vom Fokus anders und größer denken, von der personellen Seite aber vielleicht auch kleiner. Ein Spagat ...

Miedl: Das neue Gremium muss im Vorfeld wissen, dass die Erarbeitung des Pastoralkonzepts wie auch eine voraussichtliche Personalveränderung bei den Hauptamtlichen ab 2024 sicher Arbeit mit sich bringt, aber auch ein deutlich größeres Maß an Mitbestimmung, wie es in unserer Gemeinde weitergeht. Das ist eine große Chance und gibt uns neue Perspektiven!

Welche Motivation liegt eurem Engagement zugrunde?

Miedl: Ich kann dazu beitragen, dass sich Dinge verändern, aber auch, dass das, was eine christliche Gemeinde ausmacht, erhalten wird. Ich glaube, dass in unseren Pfarreimitgliedern viel Potenzial steckt, das entdeckt werden will. Den Weg zu ihnen will ich finden. 

Wunram: Ich spürte immer, dass ich in Arbeit und Familie nicht alle Facetten meiner Fähigkeiten einbringen konnte. So habe ich mich im PGR in vielfältiger Weise „ausgetobt“. Das kam nicht nur dem Pfarreileben zugute, sondern gab auch mir Kraft. Ich habe viel für mein Leben gelernt. Und ich wünschte mir immer eine „lebendige“ Pfarrei. Dafür wollte ich in meinem Amt die Grundlagen schaffen, dass alle, die sich engagieren möchten, mit unserer Unterstützung ihren Platz finden.

Lohr-Krämer: Unsere Pfarrei soll eine gute Zukunft haben. Wenn ich positive Rückmeldungen bekomme, zum Beispiel als Firmgruppenleiterin oder als Mitglied des Glaubenskurs-Teams, merke ich, dass mein Tun bei den Menschen etwas bewirkt. Unsere Seelsorger schätzen unsere Arbeit sehr. Wir können vieles kreativ einbringen und mitentscheiden.

Welche Eigenschaften sollten PGR- Mitglieder haben?

Lohr-Krämer: Team- und Kommunikationsfähigkeit sind sicher gute Voraussetzungen. Und es braucht zeitliche Ressourcen. Mit zwei Stunden für eine Sitzung pro Monat ist es nicht getan.

Miedl: Du musst einfach Lust darauf haben, etwas zu gestalten. Ein gewisses Organisationstalent und die Fähigkeit, auch mal delegieren zu können, helfen dabei sicher. Dabei ist ganz wichtig: Jeder setzt individuell seine Grenzen für das zeitliche Engagement. 

Wunram: Etwas Flexibilität schadet auch nicht. Ein „Libero“, der manchmal einspringen kann, ist Gold wert. Aber keine Angst: Man muss kein „Superman“ sein! Für jede und jeden gibt es etwas zu tun und wir haben erfahrene Leute inner und außerhalb des Gremiums, die man immer um Rat fragen kann.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft der Pfarrei und euer Gremium?

Wunram: Ganz ehrlich? Dann mal plakativ: Dass wir in der Pfarrei den Mumm haben, immer mehr auf eigenen Füßen zu stehen, und uns von niemandem, auch nicht „von oben“, die Butter vom Brot nehmen lassen.

Lohr-Krämer: Richtig! Man darf den engagierten Christen viel mehr zutrauen! Ich wünsche mir, dass der neue PGR mutig bleibt und sich nicht beirren lässt auf seinem Weg.

Miedl: Dass wir die Menschen, die noch auf der Suche sind, abholen und die richtigen Wege finden, die Menschen anzusprechen, um von ihren Wünschen und Bedürfnissen zu erfahren. Dass mehr Dialog entsteht.  
(Interview: Christa Pröbstl - Das Interview wurde zuerst in „Impulse“, dem Magazin der Pfarrei St. Johann Baptist in Gröbenzell, Ausgabe Advent/ Weihnachten 2021, veröffentlicht.)