Meinung
Aschermittwoch der Künstler

Kunst und Kirche sind Partner

Bilder sind mehr als Deko-Material, Literatur und Theater sollen nicht nur unterhalten. In der Kunst geht es um mehr, darum ist die Kirche als Gesprächspartner und Auftraggeber wichtig.

Künstlerseelsorger Rainer Hepler am Aschermittwoch im Münchner Dom © Kiderle

Der Dom wird wieder voll sein, der anschließende Empfang sowieso. Am Aschermittwoch der Künstler kommt zusammen, was zusammengehört: Kirche und Kulturschaffende. Maler, Schriftsteller, Schauspieler im Dialog mit Verantwortlichen aus dem Bistum. Denn Menschen brauchen Bilder, gemalte, geschriebene und gespielte, um ihr Innerstes besser begreifen zu können. Darum sind Religion und Kunst seit jeher Verbündete. Neue Ausdrucksformen sind im Abendland bis ins 18. Jahrhundert hinein zuerst in und mit der Kirche gefunden worden, die auch ein Bild- und Kunstmonopol verwaltet hat. Diese Verbindung ist seit 200 Jahren locker geworden, die Kunst versteht sich als unabhängige, autonome Größe.

Moderne ignoriert

Entwicklungen der Moderne sind von der Kirche lange ignoriert oder sogar abgelehnt worden. Das hat vor allem ihr selbst geschadet, sie ist von der Spitze der Erneuerer nach hinten gerutscht, oft genug ist kirchliche Kunst ins Sentimental-Kitschige und allzu glatt und schnell Verständliche abgerutscht. Nur keine Experimente, die Gläubigen ja nicht überraschen oder gar verstören. Das muss Kunst aber immer wieder tun, um die Sinne neu zu schärfen und die Seelen wachzurütteln. Auch die Sixtinische Kapelle mit ihren ursprünglich ganz nackten Figuren war einmal ein Skandal, auch die Messen von Mozart oder Schubert klangen einmal ganz ungewohnt.

Nach dem Schock des Zweiten Weltkriegs und des Judenmordes in Europa haben sich zeitgenössische Kunst und Kirche wieder versucht anzunähern. Unter anderem mit dem Aschermittwoch der Künstler. Nicht immer ist es ein einfacher Dialog. Denn die Kulturschaffenden bestehen auf ihre errungene Freiheit und Unabhängigkeit, die Kirche auf ein Werk, das den Glauben anschaulicher macht, den Betrachter berührt. Einig sind sich beide nur darin, dass ein Kunstwerk Fragen auslösen soll: nach dem, woher der Mensch kommt, wie er in seiner Gesellschaft verantwortlich lebt und wie er mit Gott und dem Kosmos in Verbindung steht. Große Fragen, die ebenso wie ihre Antworten immer wieder in neuem Gewand erscheinen.

Oberammergau als Beispiel

Dafür braucht es geistige und architektonische Räume, wie sie die Kirche zu bieten hat und Künstler, die dafür Ausdrucksformen und Ausdrucksideen finden. In München steht der Aschermittwoch in diesem Jahr unter dem Zeichen der Oberammergauer Passionsspiele. Sie fußen auf einer 400jährigen Tradition und Kontinuität und haben trotzdem in den vergangenen Jahrzehnten eine enorme künstlerische Entwicklung und Veränderung erfahren: im Bühnenbild im Text, in der Darstellung.

Sie sind ein Beispiel dafür, wie sich das Verhältnis zwischen Kirche und Kunst aussehen kann: Die Kirche bietet den Stoff und die theologische Reflexion dazu. Engagierte Künstler bilden ihn immer wieder neu ab. Sie geben ihn weiter mit den Erfahrungen und Erwartungen der Gesellschaft, die sie umgibt und die sie gleichzeitig auch kritisieren. Dafür müssen beide Seiten im streitbaren und gleichzeitig konstruktiven Dialog bleiben, nicht nur am Aschermittwoch der Künstler.

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Der Autor
Alois Bierl
Chefreporter Sankt Michaelsbund
a.bierl@michaelsbund.de