Meinung
Halloween - Fluch oder Segen?

Kürbisköpfe, Gruselgestalten und Heilige

Hochsaison für Hexen, Gespenster, Geister und alle die sich gerne gruseln: Halloween! Ein neumodisches Konsumfest oder die Chance, eigenes Brauchtum neu zu entdecken?

Schaurige Kürbisfratzen an Halloween- Verbindung zu Allerheiligen (Bild: Sankt Michaelsbund/Schmid) © Sankt Michaelsbund/Schmid

Kürbis schnitzen gehört heutzutage irgendwie dazu, wenn es Ende Oktober wird. Auch ich werde mittlerweile spätestens Mitte Oktober, wenn wir wieder an einem der unzähligen Kürbisstände vorbeifahren nervös, wenn wir immer noch keinen haben. Dieses Jahr fiel die Wahl unserer Kinder auf einen klassischen Gesellen in Orange - zum Gück nicht allzu groß, also gut transportabel - und ein etwas größeres, grünes Exemplar.  Die Auswahl des Letzteren stellte sich als schwierig heraus, denn mein Siebenjähriger fand, dass kein Kürbis am Verkaufsstand die hunderprozentig richtige Form für das Schnitzexemplar "Wutanfall" hatte. Dank einer lieben Nachbarin haben wir nämlich mittlerweile sogar ein Buch, in dem wir jedes Jahr neue Anregungen zum schnitzen der Kürbisfratzen finden und diesmal sollte es das, wie ich finde, eigentlich thematisch ganz gut zu unserem Leben passende, Modell "Wutanfall" sein. Wir haben fleißig ausgehöhlt und geschnitzt und so neben "Wutanfall" in diesem Jahr noch einen gruseligen Kopf, der gerade eine Maus verschlingt, im Vorgarten stehen. Und ich habe somit, bis der Schimmel und die Verwesung Einzug halten, die ehrenvolle Aufgabe, jeden Abend darin ein Teelicht anzuzünden.

Durch und durch traditionell

Bei diesem kreativ-handwerklichen Halloween-Brauchtum, mache ich deko-fanatische Mama gern mit. Dass meine Kinder an Halloween verkleidet losziehen, an fremden Haustüren klingeln, "Süßes oder Saueres" brüllen und dann noch mehr Gummibärli, Brausestäbchen und Schookoriegel in den Kinderzeimmern rumliegen, als es eh schon der Fall ist, darauf lege ich weniger Wert. Und bislang bin ich da zum Glück noch drumrum gekommen. Dieses Jahr könnte es aber auch auf mich zukommen - mal sehen. Wie ich das dann finde, darüber bin ich mir auch so kurz vor dem Fest noch nicht ganz im Klaren. Vermutlich, weil ich, wie alle in meinem Alter, nicht mit diesem Brauch aufgewachsen bin, und wie ebenfalls alle anderen, obwohl unsere Generation das natürlich aufs Härteste bestreitet, durch und durch traditionell bin. Halloween kam schließlich erst in den 1990er Jahren nach Deutschland. Es war ursprünglich vor allem im katholischen Irland verbreitet. Die irischen Einwanderer in den USA pflegten ihre Bräuche in Erinnerung an die Heimat und bauten sie aus. Der Religionsethnologe Sir James Frazer beschrieb in  "The Golden Bough" 1922 Halloween als „altes heidnisches Totenfest mit einer dünnen christlichen Hülle“; neben dem Frühjahrsfest Beltane am 1. Mai (Walpurgisnacht) habe es sich um das zweite wichtige Fest der Kelten gehandelt.

Mit meinen Vorbehalten gegenüber dem Fest, stehe ich nicht allein da. Mit steigender Beliebtheit Halloweens wurde Kritik von verschiedenen Seiten laut. Die einen befürchten dadurch die Verdrängung alten Brauchtums, wie dem Martinisingen am 11. Novmber, bei dem man an den Haustüren Lieder gesungen hat und als Belohnung Gebäck, Früchte oder Süßigkeiten erwartet wurden. Auch der Vandalismus, der mancherorts mit Hallwoeen verbunden ist, ist zweifelsohne nicht schön. Und auch der Verkleidungswahn nimmt immer heftigere Ausmaße aus. Gespenster oder Hexen vor der Türe sind für die meisten Kinder und Eltern noch ganz amüsant - ein bisschen gruseln ist erlaubt und auch schön. Wenn aber dann der Sensenmann oder wirklich schaurige Wesen vor der Türe stehen, ist oft Schluss mit lustig. Gerade Kindern fällt es dabei schwer, Realität und Fiktion auseinanderzuhalten und so kann der an Halloween abgestattete Gruselbesuch schnell zum einschneidenden Erlebnis werden und gerade jüngere Kindern Alpträume und den Eltern damit verbundene schlaflose Nächte bescheren.

Nicht aufregen, sondern erklären!

Ein großer Kritikpunkt ist aber das zeitlich Zusammentreffen von Halloween mit dem evangelischen Reformationstag und dem bevorstehenden Allerheiligentag. Wobei das natürlich nicht zufällig ist, schließlich kommt "Halloween" von "All Hallows’ Eve". Darauf weist auch der Münchner Pfarrer Martin Cambensy gerne hin, wenn er nach seiner Einstellung zu Halloween gefragt wird. Er sagt, bei "Halloween" stecke ja bereits im Namen der christliche Hintergrund. Viel wichtiger, als sich über den "Halloween-Kommerz" aufzuregen, sei es, den Menschen, diesen Zusammenhang zu erklären. Halloween könne zeigen, was die katholische Kirche an Allerheiligen feiere. Und nicht nur das, sagt Cambensy weiter. In den ausgehöhlten Kürbisfratzen sei noch mehr zutief christliches Brauchtum zu erkennen. Einerseits erinnerten sie an das bereits vergangene Erntedankfest, andererseits seien sie schon ein Ausblick auf die Laternen, die ihren großen Auftritt bei Sankt Martin am 11. November haben. Eine militante Haltung gegen Halloween bringe, so der Pfarrer, genauso wenig wie der Protest gegen Lebkuchen im September, vielmehr sollte man es als Chance sehen, um den Menschen andere Bräuche wieder näher zu bringen.

Tja, mal schauen, was mich so erwartet am Samstagabend. Ob wir dieses Jahr auch verkleidet laut schreiend um die Häuser ziehen, oder es meinen Kindern ausreicht, wenn die Schreckensgestalten vor unserer Türe stehen. Auf jeden Fall werde zumindest ich dann den Rat aufgreifen und dabei schon ein bisschen an Allerheiigen denken...

Stefanie Schmid ist Radioredakteurin beim Sankt Michaelsbund und Mutter von zwei Kindern