Theologiestudium trotz Rollstuhl

Kraft aus dem Glauben

Eine schwere Krankheit bringt viele Menschen dazu, aufzugeben – nicht so Veronika Meier. Die junge Frau, die wegen eines Gen-Defekts im Rollstuhl sitzt, nimmt ihr Leben selbst in die Hand und wohnt sogar im Studentinnenwohnheim "Theresianum", in dem sie die Einzige ist, die an einer körperlichen Behinderung leidet.

Veronika Maier in ihrem Zimmer im katholischen Studentinnenwohnheim „Theresianum“ in München-Haidhausen (Bild: SMB/Schulte) © SMB/Schulte

München – Veronika Maier ist 21 Jahre alt, studiert katholische Theologie, Skandinavistik und Komparatistik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München – und sitzt seit ihrer Kindheit im Rollstuhl. Denn Veronika Maier leidet an „spinaler Muskelatrophie“, einem Gen-Defekt, der dazu führt, dass die vorderen Zellen im Rückenmark nicht mehr richtig funktionieren. Dadurch kommt es dazu, dass die Signale des Gehirns nur noch zum Teil an die Muskeln weitergeleitet werden und diese sich daher abbauen.

Warum ich? Warum tut man mir das an?

Je nach Schweregrad der Erkrankung kann spinale Muskelatrophie nur eine Einschränkung der Bewegungsfähigkeit bedeuten, so dass der Betroffene zum Beispiel nicht ohne Gehhilfe laufen kann, oder aber zum früheren Tod führen. Bei Veronika Maier wird Letzteres der Fall sein. Auch jetzt beeinträchtigt die Krankheit ihr Leben schon – nicht nur durch den Rollstuhl, sondern auch durch chronische Schmerzen, unter denen die junge Frau wegen der Verkrümmungen ihres Rückenmarks leidet. „In meiner Situation fragt man sich ganz klar: Warum ich? Warum tut man mir das an?“ Viel hat Veronika Maier seit ihrer Kindheit über diese Frage nachgedacht. In einem christlichen Haushalt aufgewachsen, suchte sie ihre Antworten gerade auch in ihrem Glauben, denn für sie war schnell klar, dass es einen Gott gibt „Aber der Widerspruch ließ mich nicht los: Gott soll doch eigentlich gut sein – mir geht es aber nicht gut!“ Die Auseinandersetzung mit ihrer Krankheit und ihrem Glauben brachte die 21-Jährige schließlich zu ihrem Theologiestudium. „Ich habe einfach gemerkt, wie viele spannende Fragen es in der Theologie noch gibt und wie viel Spaß es macht, sich kritisch mit seinem Glauben auseinanderzusetzen.“ Auch sonst spielt der Glaube für Veronika Maier eine wichtige Rolle. So betet sie jeden Abend ein Vater-unser und ein Ave-Maria. Aus ihren Gesprächen mit Gott zieht die Theologiestudentin viel Kraft. „Ich persönlich könnte diese Situation nicht ertragen, wenn ich mir nicht vorstellen würde, es hätte einen Sinn und da wäre jemand, der sich dabei schon irgendwas gedacht hat.“

Seelischer Schmerz schlimmer als körperlicher

Diese Kraft braucht die junge Frau auch. Besonders im Alltag erlebt Veronika Maier immer wieder Situationen, in denen sie ihre Behinderung als Last empfindet. „Die Krankheit und der Rollstuhl sind das eine. Schlimmer als der körperliche ist aber der seelische Schmerz – wenn ich sehe, dass Leute Angst vor einem haben, nur weil man behindert ist.“ So ist es der Studentin schon oft passiert, dass Menschen ihr nicht einmal die Hand geben wollten oder dass Busfahrer sich statt an sie eher an ihren Begleiter gewendet hätten, um zu fragen, wohin beide fahren wollten. „Es sind einfach diese kleinen Angelegenheiten, wo man sehr stark an sich zweifelt und sich fragt: ,Wie kann ich überhaupt glauben, normal zu sein, wenn meine Umwelt mir andauernd zeigt, dass ich nicht normal bin?‘“ Doch die 21-Jährige will nicht aufgeben. Seit zwei Jahren wohnt sie nun im katholischen Studentinnenwohnheim „Theresianum“ im Münchner Stadtteil Haidhausen. Hier zu leben– für Veronika Maier ist das ein wahr gewordener Traum, denn in dem Wohnheim lebt sie mit anderen nicht behinderten Studentinnen zusammen. Schnell hat sie dort Freundinnen gefunden, nimmt an Haus-Veranstaltungen teil und übernimmt regelmäßig den Pfortendienst, bei dem sie Besuchern des Hauses per Knopfdruck die Tür öffnet. „Im Theresianum zu wohnen, hat mich sehr viel selbstbewusster werden lassen, was meine Behinderung angeht. Ich entschuldige mich jetzt nicht mehr dafür, dass ich eine Behinderung habe und ich sehe, dass es Leute gibt, die das völlig normal finden und die damit überhaupt kein Problem haben.“ Auch durch diese positiven Erfahrungen fällt es Veronika Maier nun leichter, sich auf ihr Studium zu konzentrieren. Denn natürlich möchte sie darin einen guten Abschluss machen, um dann später in einer katholischen Einrichtung zu arbeiten – damit sie dann auch in ihrem Beruf ihren Glauben einbringen und leben kann. (lms)