Gedenktag

Kirchlicher Präventionsexperte fordert mehr Einsatz für Kinderrechte

Der Jesuitenpater und Präsident des Kinderschutzzentrums CCP an der päpstlichen Universität Gregoriana Hans Zollner fordert, dass Kinder eine Lobby haben sollen.

Am 20. November ist Welttag der Kinderrechte. © oksix - stock.adobe.com

Rom/München – Der Leiter des kirchlichen Kinderschutzzentrums Centre for Child Protection (CCP), Pater Hans Zollner, hat an die Bedeutung des Welttags für Kinderrechte am 20. November erinnert. „Er ist wichtig, weil er uns in aller Öffentlichkeit daran erinnert, was wir tun können und sollen, damit Kinder in dieser Welt und in dieser Kirche frei, sicher, gesund und zukunftsorientiert aufwachsen können.“ Allerdings gebe es 50 Jahre nach der einstimmigen Verabschiedung der Kinderrechtserklärung durch die vereinten Nationen vor allem „Lippenbekenntnisse“ und kaum einen dauerhaften Einsatz für Kinderrechte seitens der Gesellschaft, der Politik und der Religionen: „Das Schwierige ist, dass Kinder keine Lobby haben.“ Der Psychotherapeut und Theologe beklagte unter anderem, dass der Zugang zu sexualisierten Abbildungen von Kindern und Jugendlichen im Internet viel zu wenig beschränkt sei, „was technisch machbar ist, viele Leute aber aus ökonomischen Gründen nicht wollen“.

Skandale fordern "Bekehrung"

Pater Zollner äußerte sich in dem neuen Podcast des CCP „Würde.Leben“, dessen erste Folge anlässlich des Welttages der Kinderrechte erschienen ist. Darin betont der 54jährige Ordensmann auch, dass innerhalb der Kirche das „Bewusstsein für die Missbrauchsverbrechen und die Notwendigkeit etwas dagegen zu unternehmen, deutlich gewachsen ist.“ Allerdings werde es in seiner tiefgreifenden Bedeutung nicht überall hinreichend wahrgenommen: „Mich regt auf, wenn in der Kirche Argumente kommen wie ‚das Thema wird bald vorbei sein, lasst uns das jetzt über die Bühne bringen und dann können wir zu unserem Alltag zurückkehren‘.“

Der Podcast "Würde.Leben." des Centre of Child Protection ist auf den üblichen Podcast-Plattformen zu finden. Er wird vom katholischen Medienhaus Sankt Michaelsbund produziert.

Die Skandale forderten zu einer „Bekehrung“ heraus, wie sie auch die Päpste Johannes Paul II, Benedikt XVI. und Franziskus immer wieder verlangt hätten. Die Kirche müsse bei sexuellen Missbrauch zuerst für die Betroffenen da sein, deren Leid mittragen und heilen und dürfe sich nicht zuerst um sich selbst sorgen: „Denn das ist ja die Wahrnehmung, dass es zunächst um uns selbst, um unsere Institution, um den Ruf  und die Reputation geht.“

Kirche hat spezifische Verantwortung

Unter anderem durch die Me-too-Bewegung trete aber immer deutlicher hervor, dass sexualisierte Gewalt und Missbrauch nicht allein in der katholischen Kirche ein Problem seien. Zollner verwies in dem neuen Podcast auf die jüngsten Vorfälle in Lüdge und Bergisch-Gladbach, „wo Missbrauch real geschehen ist und dann auch noch im Internet verkauft wurde und 30 000 Personen einen Account dafür hatten“. Das Thema betreffe die gesamte Gesellschaft. „Aber natürlich hat die Kirche ihre spezifische Verantwortung und eine besondere Rechenschaftspflicht und das muss uns die Einstellung geben, dass wir nicht als Besserwisser auftreten können“, so Pater Zollner, der vor rund 40 Bischofskonferenzen aufgetreten ist und 70 Länder auf allen Kontinenten bereist hat, um über sexuellen Missbrauch aufzuklären und ein digitales Präventionsprogramm vorzustellen, das vom CCP laufend weiter entwickelt wird. Es liegt mittlerweile unter anderem in Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch sowie in osteuropäischen Sprachen und auf Chinesisch vor.

Engagement in Bildung

Grundsätzlich sieht Pater Zollner die katholische Kirche als „Kinderrechts- und Kinderschutzorganisation, auch wenn sich das für europäische Ohren nach den Missbrauchsskandalen merkwürdig anhört“. Er verwies dabei besonders auf die Bildungsarbeit vieler Ordensgemeinschaften und Diözesen in aller Welt, besonders für Mädchen, „die in vielen Ländern als Wesen zweiten Ranges angesehen werden.“ Dieses Bildungsengagement trage dazu bei, Frauen zu stärken, die so selbstbewusster gegen sexuellen Missbrauch bei sich und ihren Kindern aufzutreten könnten.

Podcast-Tipp

Würde.Leben

Der jahrzehntelang vertuschte Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche hat die Würde und das Leben tausender Betroffener zerstört. Das Vertrauen in Priester, Seelsorger und engagierte Gläubige hat dadurch schwer gelitten. Pater Hans Zollner hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Missbrauch aufzuklären, damit die Vertuschungen endlich aufhören und Prävention glaubwürdig ist. Er leitet das Centre for Childprotection, das Kinderschutzzentrum, das der päpstlichen Universität Gregoriana angegliedert ist.

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Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Kirche und Missbrauch